Essen. Bei Galeria geht wieder die Angst um. Doch längst steht nicht fest, wie viele Arbeitsplätze abgebaut und welche Filialen geschlossen werden.
Für Handelsexperten steht seit langem fest: „Schon seit Jahrzehnten ist klar: das Konzept Warenhaus funktioniert nicht mehr und hat keine Zukunft“, sagt Gerrit Heinemann, Wirtschaftswissenschaftler an der Hochschule Niederrhein. Der Professor gehört zu den schärfsten Kritikern von Galeria Karstadt Kaufhof. Miguel Müllenbach als Chef des viel gescholtenen Konzerns ist dagegen angetreten, das Gegenteil zu beweisen. Im Juli sagte der Warenhaus-Manager im WAZ-Podcast „Die Wirtschaftsreporter“ noch den trotzigen Satz „Totgesagte leben länger“. Jetzt will er sich von mindestens einem Drittel seiner 131 Filialen trennen, weil sie nicht mehr profitabel zu betreiben seien, und betriebsbedingte Kündigungen aussprechen.
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Anfang September schmiedete Müllenbach noch große Pläne. Die Wiedereröffnung der runderneuerten Filiale in Fulda nahm er zum Anlass, eine ganze Umbauserie zu den „europaweit modernsten Filialen“ anzukündigen. Das neue Konzept „Galeria 2.0“ sei ein Bekenntnis zu den Innenstädten. Doch schon im Spätsommer zeichnete sich ab, dass mit der ausufernden Inflation das Konsumklima in Deutschland auf einen historischen Tiefpunkt sinken sollte. Den Einbruch der Umsätze bekamen nicht nur Karstadt und Kaufhof zu spüren, sondern der gesamte Einzelhandel.
Einen Monat später hat sich die wirtschaftliche Lage so sehr zugespitzt, dass Müllenbach in einem Brief an die 17.000 Mitarbeitenden erstmals von einer „bedrohlichen Lage“ für das Unternehmen spricht. Er kündigt einseitig den Tarifvertrag mit der Gewerkschaft Verdi und bittet den Bund, dem Unternehmen erneut mit Staatskrediten in Höhe vin knapp 300 Millionen Euro unter die Arme zu greifen. 680 Millionen Euro aus Mitteln des Wirtschaftsstabilisierungsfonds waren da schon während der Corona-Pandemie nach Essen geflossen.
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Zu weiteren Staatskrediten wird es nun nicht mehr kommen, weil die Zinssätze zu teuer sind. Stattdessen will sich Galeria nun mit einem Schutzschirmverfahren selbst aus der Krise befreien. In einem Brief, der am Montagabend an alle Mitarbeitenden verschickt wurde, versucht Müllenbach Mut zu machen. „Galeria ist zukunftsfähig, sein Geschäftsmodell mit den notwendigen Modernisierungen der Filialen und weiteren inhaltlichen Feinjustierungen tragfähig und wird, frei von unverschuldeten Belastungen, am Markt erfolgreich sein können“.
Gleichzeitig bereitet der Galeria-Chef die Beschäftigten auf „die erheblichen Einschnitte, die auf uns zukommen, insbesondere Filialschließungen und Arbeitsplatzabbau. „Und uns ist auch klar, dass wir alle über Wochen hinweg mit negativer Presse, persönlichen Ängsten, Unsicherheiten in der Familie und gleichzeitig dem fordernden Tagesgeschäft, bei dem wir nicht nachlassen dürfen, konfrontiert sind“, so Müllenbach.
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Wie viele der rund 17.000 Stellen er streichen will, lässt Müllenbach offen. „Galeria bleibt ein Arbeitgeber mit vielen tausend sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen, ein wichtiger Distributionskanal und Kunde für zahlreiche Lieferanten und Dienstleister sowie Anziehungspunkt insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen am Standortumfeld“, argumentiert er.
Müllenbach kündigte in der FAZ an, am Modernisierungskurs für die verbleibenden Warenhäuser festhalten zu wollen. „Diese Filialen sind am Markt erfolgreicher als vergleichbare Häuser und insofern Showcases dafür, wie Galeria 2.0 aussieht“, sagte er. Die „zeitnahe und allumfassende Überarbeitung der Warenhäuser – konzeptionell wie baulich“ sei Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit von Galeria. „Wir planen nach diesen Vorbildern einen massiven Umbau der verbleibenden Warenhäuser.“