Wiesbaden. Der Rat der Wirtschaftsweisen hat der Bundesregierung vorgeworfen, sich nicht genügend um eine Konsolidierung der öffentlichen Haushalte zu bemühen. Sie warnten deshalb vor Steuersenkungen. Optimistisch sieht der Sachverständigenrat aber die wirtschaftliche Entwicklung im kommenden Jahr.
Der Rat der Wirtschaftsweisen hat der Bundesregierung vorgeworfen, sich nicht genügend um eine Konsolidierung der öffentlichen Haushalte zu bemühen. Statt konkreter Maßnahmen gebe es im Koalitionsvertrag zwischen Union und FDP dazu lediglich Allgemeinplätze und Ankündigungen, sagte der Ratsvorsitzende Wolfgang Franz am Freitag in Berlin. Steuersenkungen ohne Gegenfinanzierung erteilte der Sachverständigenrat in seinem Herbstgutachten eine klare Absage. Die dadurch entstehenden Mindereinnahmen ließen sich selbst durch massive Einsparungen auf der Ausgabenseite nicht auffangen.
"Hoher Schuldenstand belastet Wachstum"
Statt die Sanierung der öffentlichen Haushalte in Angriff zu nehmen, «werden zusätzliche steuerliche Entlastungen versprochen, ohne auf die Finanzierung einzugehen», warf Franz der Koalition vor. «Die Haushaltskonsolidierung muss das vorrangige Ziel der Legislaturperiode sein», sagte auch der Wirtschaftsweise Wolfgang Wiegard. «Ein zu hoher Schuldenstand belastet das wirtschaftliche Wachstum und bedeutet eine Umverteilung zu Lasten künftiger Generationen», begründete er seine Forderung. Aus Rücksicht auf die Konjunktur solle allerdings mit Sparmaßnahmen erst 2011 begonnen werden. Dann aber müsse es selbst ohne zusätzliche Steuersenkungen entweder Ausgabenkürzungen in erheblichem Umfang geben «oder es müssen die Steuern erhöht werden».
Die Sachverständigen rechnen für 2010 mit 1,6 Prozent Wirtschaftswachstum und damit mit 0,4 Prozentpunkten mehr als die Regierung. Außerdem soll die Arbeitslosigkeit im Jahresdurchschnitt um eine halbe Million auf fast vier Millionen steigen. Das deutsche Staatsdefizit wird nach Einschätzung der Experten im kommenden Jahr auf 5,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen und damit deutlich über der zulässigen Höchstgrenze des EU-Stabilitätspakts von 3,0 Prozent liegen.
Wirtschaft erholt sich schneller als gedacht
Die deutsche Wirtschaft hat sich im dritten Quartal 2009 schneller erholt und ist um 0,7 Prozent gegenüber dem Vorquartal gewachsen. Nach dem starken Einbruch im Winterhalbjahr scheine sich der leichte Aufwärtstrend der Wirtschaft aus dem zweiten Quartal fortzusetzen, betonte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Freitag. Das Wachstum für den Zeitraum von April bis Juni geben die Statistiker jetzt mit 0,4 Prozent an, ursprünglich waren sie von 0,3 Prozent ausgegangen.
Bruttoinlandsprodukt war um 4,7 Prozent gesunken
Im Vorjahresvergleich sei das Ausmaß der Wirtschaftskrise allerdings noch deutlich zu erkennen, erklärte das Bundesamt. Das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) ging im Vergleich zum dritten Quartal 2008 um 4,7 Prozent zurück, kalenderbereinigt um 4,8 Prozent. Damit fiel das Minus etwas schwächer aus als noch im zweiten Quartal 2009 (kalenderbereinigt minus 7,0 Prozent, minus 5,8 Prozent gegenüber dem Vorquartal).
Als Bremse des Aufschwungs entpuppten sich die privaten Konsumausgabenausgaben, die zurückgingen. Positive Impulse kamen im Vorquartalsvergleich insbesondere von den Exporten und den Investitionen in Ausrüstungen und Bauten. (AP/AFP)