Berlin. Die FDP wehrt sich gegen die Kritik der Wirtschaftsweisen an den Steuerplänen. "Ratschläge von Professoren können das Nachdenken der Politiker nicht ersetzen", betont Wirtschaftsminister Brüderke. Schäuble kündigt derweil für 2011 Steuerentlastung um 19 Milliarden Euro an.

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle hat die Kritik der fünf Wirtschaftsweisen an den Steuerplänen der Regierung zurückgewiesen. «Ratschläge von Professoren können das Nachdenken der Politiker nicht ersetzen. Darum sind sie ja auch Berater und nicht Entscheider. Die Entscheider werden gewählt», sagte der FDP-Politiker der «Bild am Sonntag». Und Union und FDP seien gewählt worden, weil sie Steuersenkungen versprochen hätten: «Dieses Versprechen werden wir halten.»

Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hatte in seinem am Freitag veröffentlichten Jahresgutachten 2009/20190 die Steuerpläne von Union und FDP regelrecht zerpflückt: «Steuersenkungsversprechen ohne solide Gegenfinanzierung, wie sie sich im Koalitionsvertrag finden, sind unseriös». Der Vorsitzende des Rats, Wolfgang Franz, sagte, die Aufgabe des Rats sei es, Fehlentwicklungen aufzuzeigen.

"Es gibt wieder Wachstum in Deutschland"

Brüderle sieht sich angesichts der Wachstumsprognose von 1,6 Prozent in seiner Einschätzung der wirtschaftlichen Lage bestätigt: «Erfreulich ist: Es gibt wieder Wachstum in Deutschland.» Für nächstes Jahr sei der Sachverständigenrat sogar ein bisschen optimistischer als die Bundesregierung. Das bestätig seine Einschätzung, dass beim Blick in die Zukunft wieder etwas mehr Zuversicht angesagt sei.

Umso wichtiger sei es, schon jetzt die Weichen für die Zeit nach der akuten Krise auf Kurs nachhaltiges Wachstum zu stellen. «Deshalb senken wir die Steuern und entlasten schon zum 1. Januar Familien und Unternehmen», sagte der Minister. Als weitere Reaktion auf das Jahresgutachten des Sachverständigenrates forderte Brüderle einen Fahrplan für den Ausstieg des Staates aus der Wirtschaft, sobald die Krise überwunden sei.

Maximale Entlastung von 24 Milliarden Euro

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat an die Regierungsfraktionen appelliert, die schon für 2010 geplanten Erleichterungen rasch zu verabschieden. (Foto: ap)
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat an die Regierungsfraktionen appelliert, die schon für 2010 geplanten Erleichterungen rasch zu verabschieden. (Foto: ap) © AP

Im Streit zwischen Union und FDP um die Steuerreform hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) noch einmal bekräftigt, dass es maximal eine Entlastung von 24 Milliarden Euro in dieser Legislaturperiode geben wird. Darin sei auch schon die geplante Entlastung für Familien zum 1. Januar 2010 enthalten, sagte Schäuble der am Montag erscheinenden «Wirtschaftswoche». Damit stünden für die Steuerreform 2011 nur noch 19 Milliarden Euro zur Verfügung.

Mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz, das am 1. Januar 2010 in Kraft gesetzt werden soll, werde die Bundesregierung die Familien sofort um 4,5 Milliarden Euro entlasten. Diese Summe rechne er auf das «im Koalitionsvertrag versprochene steuerliche Entlastungsvolumen von 24 Milliarden Euro» an, sagte der Minister dem Magazin. «Damit ist aber auch klar, dass es bei der am 1. Januar 2011 in Kraft tretenden Steuerreform keine 24 Milliarden Euro Entlastung mehr gibt, sondern nur noch etwa 19 Milliarden.

Schäuble drückt aufs Tempo

Nach Informationen des Nachrichtenmagazins «Focus» hat Schäuble in einem Brief an die Regierungsfraktionen appelliert, die schon für 2010 geplanten Erleichterungen rasch zu verabschieden. Zugleich versprach er: «So, wie wir es im Koalitionsvertrag vereinbart haben, wollen wir in der laufenden Legislaturperiode weitere strukturelle Verbesserungen im Steuersystem vornehmen und Bürger sowie Wirtschaft im Rahmen des Möglichen weiter entlasten.»

Die FDP wertet das als Zugeständnis, das Steuersystem doch in Richtung Stufentarif umzubauen und so die Einkommensteuer weiter zu senken. Fraktionsvize Carl-Ludwig Thiele sagte dem Magazin: «Wir werden das tun und auch zeigen, dass Steuersenkung und Konsolidierung zusammengehören.» Wo gespart werden soll, wollte er noch nicht sagen.