Berlin. . Die Opposition hat die Steuerpolitik entdeckt und will Spitzensteuersätze erhöhen. Das lehnt die Union zwar ab, hält sich aber mit eigenen Plänen noch bedeckt. Und die FDP will keine reine Senkungspartei mehr ein.

Ein Thema für die Bundestagswahl steht fest: SPD, Grüne und Linke wollen die Steuern für Besserverdiener und Vermögende erhöhen – Union und FDP lehnen neue Belastungen ab. Nach den Steuerbeschlüssen der Grünen kündigte FDP-Generalsekretär Patrick Döring am Montag an, die FDP werde die Wahl zu einer „Richtungsentscheidung“ machen, die CDU warnte, die Steuerpläne der Opposition belasteten auch die Mittelschicht. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles meinte: „Wir sagen ehrlich, was getan werden muss, um dem Staat mehr Einnahmen zu sichern.“

Die Union plant noch

Die genauen Wahlaussagen wollen CDU und CSU Ende Juni festlegen, doch CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe kündigt schon an: „Wir werden Steuererhöhungen klar ausschließen“. Dem Vernehmen nach wird sich die Union bei den Entlastungsversprechen darauf beschränken, die heimliche Steuererhöhung über die „kalte Progression“ (wenn Steuertarif und höhere Preise Gehaltszuwächse auffressen) abzumildern; die Steuertarife würden an die Inflation angepasst. Die Wiedereinführung der Vermögenssteuer und eine Erhöhung der Erbschaftssteuer lehnt die Union ab. Für Steuersenkungen sieht sie allerdings auch keinen Spielraum.

FDP will arbeitende Mitte fördern

Von den großen Entlastungsversprechen hat sich die FDP verabschiedet. Sie lehnt aber höhere Steuerbelastungen „entschieden“ ab, will auf der anderen Seite den Solidaritätszuschlag auf die Einkommenssteuer, der 2019 regulär ausläuft, schon vorher schrittweise senken. Wie die Union will die FDP die kalte Progression bekämpfen. Ziel bleibe die „Entlastung der arbeitenden Mitte“. Die Erhöhung der Vermögenssteuer oder der Erbschaftssteuer lehnt die FDP ab, Erleichterungen sind bei der Unternehmensbesteuerung geplant.

Die SPD will ans Vermögen

Sie plant Steuererhöhungen um 20 bis 25 Milliarden Euro, will so Gutverdiener und Vermögende stärker zur Staatsfinanzierung heranziehen. Allein die Vermögenssteuer und eine Reform der Erbschaftssteuer sollen zehn Milliarden Euro bringen; Einzelheiten stehen nicht fest, die SPD will aber „Normalverdiener mit Einfamilienhaus und auch den Mittelstand nicht belasten“. Bei der Einkommenssteuer wollen die Sozialdemokraten den Spitzensteuersatz für Einkommen ab 100.000 Euro (Singles) bzw. 200.000 Euro (Ehepaare) von 42 auf 49 Prozent anheben – die Änderung des Tarifverlaufs bedeutet aber, dass sukzessive höhere Steuern schon ab einem steuerpflichtigen Jahresbrutto von 64.000 Euro (Singles) fällig würden.

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Laut Bund der Steuerzahler würde ein Single mit einem Jahresverdienst von 80.000 Euro 248 Euro jährlich mehr zahlen. Ein Ehepaar mit zwei Kindern müsste bei 140.000 Euro Jahreseinkommen 70 Euro mehr aufbringen, bei 160.000 Euro würden 496 Euro zusätzlich fällig. Weder Facharbeiter noch Lehrer würden höher besteuert, so Nahles. Die SPD will das Ehegattensplitting für künftige Ehepaare abschaffen, die Kapitalertragssteuer auf 32 Prozent erhöhen.

Die grüne 60.000-Euro-Grenze

Die Ökopartei möchte eine befristete Vermögensabgabe einführen, Einkommen ab 80.000 Euro im Jahr mit 49 Prozent besteuern und das Ehegattensplitting nach und nach abschaffen. Gebetsmühlenartig predigen Spitzengrüne, dass sie alle Bürger, die weniger als 60.000 Euro im Jahr verdienen, bei der Einkommenssteuer entlasten wollen. Dies beträfe 90 Prozent. Nach Berechnungen des Steuerrechtlers Frank Hechtner belasten die Grünen aber nicht nur die Spitzenverdiener, sondern auch die obere Mittelschicht.

Wegen der geplanten Änderungen beim Ehegattensplitting müsste ein in Westdeutschland lebendes Ehepaar (Ein-Verdiener-Ehe) mit zwei Kindern bereits ab einem Monatseinkommen von 5151 Euro mehr Steuern bezahlen als bisher. Bei einem Verdienst von 6000 Euro wären es knapp 106 Euro zusätzlich oder 1272 Euro im Jahr. Verdient das Paar 10.600 Euro, müsste es knapp 600 Euro im Monat zusätzlich an den Fiskus abgeben. Singles hingegen müssen bis 5872 Euro keine zusätzlichen Abgaben bezahlen. Wer 5200 Euro brutto verdient, wird sogar um 13,36 Euro monatlich entlastet.

Linke will 53-Prozent-Steuersatz

Die Linke plant, Einkommen bis 6000 Euro im Monat zu entlasten und den Grundfreibetrag auf 9300 Euro im Jahr zu erhöhen, so dass auf Bruttolöhne bis 1000 Euro keine Steuern mehr fällig werden. Geplant ist dafür ein Spitzensteuersatz von 53 Prozent ab 65.000 Euro Einkommen. Die Vermögenssteuer für Millionäre soll dem Staat jährlich 80 Milliarden Euro einbringen. Weiter möchte sie das Ehegattensplitting durch eine Individualbesteuerung ersetzen.