Essen. Die Schweiz ist nicht nur gut für verstecktes Kapital. Prominente ziehen gerne zu den Eidgenossen und auch nach Österreich, weil sie dort weniger Steuern zahlen. Doch deutsche Politiker wollen den Steuerparadiesen an den Kragen. Vorbild könnte das US-Steuersystem sein.
Was haben die Ortschaft Gland am Genfer See, das 125-Einwohner-Nest Ellighausen in der Ost-Schweiz und das mondäne Kitzbühel in Tirol gemeinsam? Dass hier deutsche Prominenz wohnt – mutmaßlich, um Steuern in Millionenhöhe zu sparen.
Doch die Exile von Michael Schumacher und Sebastian Vettel in der Schweiz und Franz Beckenbauer in Österreich geraten jetzt ins Visier der durch Steuerhinterziehungen aufgescheuchten deutschen Politik.
Die Schweizer Pauschalsteuer
Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin will das Steuerrecht nach US-Vorbild ändern. Danach müssten auch die Auslands-Deutschen in der Geburtsheimat in die Staatskasse einzahlen. Die Amerikaner erinnern ihre Staatsbürger jenseits der Grenzen nicht selten sehr rabiat an diese Verpflichtung.
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Auch für Thomas Eigenthaler, den Chef der Deutschen Steuergewerkschaft, geht es um die Moral: „Wenn es jemand durch die Ausbildung und die Infrastruktur in einem Land zu wirtschaftlichem Erfolg bringt und er aus steuerlichen Gründen wegzieht, hat das wenig mit Patriotismus zu tun“, sagte er am Wochenende der Zeitung „Schweiz am Sonntag“.
Dass beispielsweise der Formel-1-Pilot Schumacher bereit ist, wegen der Steuer selbst seine 55-Zimmer-Villa am Genfer See zu verlassen und anderswo hinzuziehen, ist klar, seit 2012 in Gland über eine schärfere Besteuerung diskutiert wurde: „Natürlich sind wir flexibel“, sagte er damals, „wenn aus irgendwelchen Gründen die Dinge sich ändern, gibt es auch andere Plätze auf der Welt“.
Tatsächlich stehen die Schweizer nicht nur im Ruf, die Anlage ausländischen Kapitals in ihren Banktresoren sehr schonend vorzunehmen. Viele Kantone kassieren auch gerade von Ausländern deutlich weniger Steuern. Die Grundlage für die Abgabe ist nämlich eine Pauschalbesteuerung. Die wird nicht nach dem Einkommen festgelegt, sondern nach dem äußerlich sichtbaren Lebensstandard.
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Der lokale Schweizer Fiskus nimmt also eine theoretische Miete des Anwesens, rechnet sie mal fünf und schickt auf dieser Basis den Steuerbescheid. Angeblich zahlt Schumacher 1,25 Millionen Euro im Jahr in die eidgenössischen Kassen – und damit angesichts seiner wohl zweistelligen Millioneneinnahmen deutlich weniger, als er dies mit einem 42-prozentigen Spitzensteuersatz in Deutschland tun müsste.
Ein Gesetz von 1934
Die finanzielle Behandlung von Ausländern und von ausländischen Vermögen hat in der Schweiz eine Jahrhunderte alte Tradition, die durchaus auch mit der deutschen Geschichte zu tun hat. Gesetzlich festgelegt ist das Bankgeheimnis erst seit 1934. Auch, wenn es damals bei weitem nicht nur aus Gründen des Schutzes von jüdischem Fluchtgeld aus Nazi-Deutschland gemacht wurde – die verfolgte jüdische Klientel konnte es als erste gut nutzen, als sich Deutsche zu Hause reihenweise ihr Eigentum einsackten. Von besonderem Vorteil war, dass über den Geldverkehr nichts Schriftliches existierte, sondern „Treuhänder“ eingeschaltet wurden.
Wäre der Finanztransfer aufgeflogen, hätte den Juden im Deutschen Reich sofort die Todesstrafe gedroht.