Berlin.. Die SPD will mit Korrekturen an der „Agenda-2010“-Reform in den Bundestagswahlkampf ziehen. Der SPD-Vorstand billigte am Montag das Programm für die Wahl am 22. September. Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sagte: „Vieles in Wirtschaft und Gesellschaft ist aus dem Lot geraten.“ Die SPD fordert einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro, der Spitzensteuersatz soll auf 49 Prozent steigen.

Die SPD will im Bundestagswahlkampf vor allem das Thema soziale Gerechtigkeit ins Zentrum rücken und dazu ausdrücklich auch Auswirkungen ihrer früheren Agenda-2010-Reformen korrigieren.

Mit ihrem Bundestagswahlprogramm positioniere sich die SPD „links von der Mitte“, sagte Kanzlerkandidat Peer Steinbrück gestern. Zuvor hatte der SPD-Vorstand den Programmentwurf einstimmig gebilligt.

Für Steinbrück mit seinem Ökonomen-Profil sind es eher ungewohnte Töne, doch er verteidigte den Kurs nun offensiv: Die Positionierung entspreche den Erwartungen der Bürger, nachdem sich auch „die Achse der Republik etwas nach links verschoben hat“.

Mindestlohn und höhere Steuern für Reiche

Kernpunkte des Programmentwurfs sind ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro, eine Solidarrente für Geringverdiener, die Anhebung des Spitzensteuersatzes von 42 auf 49 Prozent für höhere Einkommen und die Wiedereinführung der Vermögensteuer. In dem Programm, das ein Parteitag am 14. April endgültig beschließen soll, bekennt sich die SPD zur Agenda 2010, kündigt aber an, der im Prozess der Arbeitsmarktreformen entstandene Missbrauch von Leiharbeit und Niedriglohnbeschäftigung solle korrigiert werden. „In diesem Bereich war die Agenda 2010 nicht richtig“, sagte Parteichef Sigmar Gabriel.

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Zu den geplanten Reparaturmaßnahmen gehören neben dem Mindestlohn vor allem stärkere Auflagen für die Leiharbeit, bei der als Grundsatz gleicher Lohn für gleiche Arbeit gelten soll.

Steinbrück versuchte Spekulationen zu zerstreuen, dass er als Wirtschafts- und Finanzfachmann und früherer Kritiker von Mindestlöhnen nicht voll hinter dem Wahlkampfkurs steht: Es handele sich um das Programm „des Kandidaten und der Partei“. Die Bundestagswahl werde auf gesellschaftspolitischen Feldern entschieden. Es gehe im Kern um den Zusammenhalt und die Stabilität der Gesellschaft, nachdem „vieles aus dem Lot geraten“ sei.

Unterstützung von Ex-Kanzler Schröder

Vor allem um die Steuerpläne gibt es aber weiter Debatten: Der parteirechte Seeheimer Kreis mahnte, diese Steuer müsse mittelstandsfreundlich sein. Wirtschaftsverbände nannten die Pläne „Gift“ für die Unternehmen vor allem des Mittelstands. Steinbrück versicherte, die SPD wolle mit der Vermögensteuer nicht die Substanz von Unternehmen besteuern.

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Die Partei werde die Steuererhöhungen aber auch nicht „kleinmütig“ vertreten, sie sollten Bildung, Infrastruktur und Haushaltskonsolidierung finanzieren.

Altkanzler Gerhard Schröder sagte Steinbrück seine Unterstützung im Wahlkampf zu: „Natürlich“ habe der Kanzlerkandidat die notwendige Führungskraft für das Regierungsamt, sagte er der „Bild“-Zeitung.