Berlin. Union und FDP wollen im Wahlkampf den rot-grünen Plänen für höhere Steuern das Versprechen sinkender Belastungen für Millionen Bürger entgegensetzen. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle will den Solidaritätszuschlag 2019 abschaffen, wenn der Solidarpakt auslaufe.

Union und FDP versprechen den Bürgern beim Solidaritätszuschlag und den Mütterrenten Wahlgeschenke in Milliardenhöhe. Die FDP brachte sich am Wochenende gegen den vor 22 Jahren eingeführten Solidaritätszuschlag in Stellung, den sie bis 2019 abschmelzen will. CDU und CSU einigten sich auf höhere Renten für Mütter, die ihre Kinder vor 1992 bekommen haben. Außerdem setzen sie die im Bundesrat an SPD und Grünen gescheiteren Korrekturen an der Einkommensteuer erneut auf ihre Agenda. Die SPD warf der FDP vor, in ihrer Verzweiflung auf die alte Leier Steuersenkungen zu setzen. Wie die Grünen wollen die Sozialdemokraten den Spitzensteuersatz erhöhen.

In überarbeiteten Entwurf für das Wahlprogramm strebt die FDP eine schrittweise Abschaffung des Soli-Zuschlags bis 2019 an. Dann läuft auch der Solidarpakt mit Ostdeutschland aus. Zudem treten die Liberalen für eine Steuerbremse im Grundgesetz ein: Kein Arbeitnehmer soll künftig mehr als die Hälfte seines Einkommens an den Staat abführen müssen. Außerdem setzt die FDP auf ein "transparentes und einfaches Steuerrecht" mit moderaten Sätzen und wenigen Ausnahmen - idealerweise einen Stufentarif. Den Vorrang soll aber die Sanierung der Staatsfinanzen haben.

FDP-Fraktionschef Brüderle geht beim Soli in die Offensive

"Der Soli war nie als Dauerzuschlag gedacht", sagte FDP-Fraktionschef und Spitzenkandidat Rainer Brüderle der "Welt am Sonntag". Er beträgt 5,5 Prozent und wird gleichermaßen in Ost und West erhoben. Dem Bund bringt er jährlich 13 Milliarden Euro ein. Die FDP-Spitze wollte am Sonntagabend über den Programm-Entwurf beraten, der Anfang Mai verabschiedet werden soll.

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Der Bund der Steuerzahler unterstütze die FDP-Forderung. Der Staat sollte die Bürger durch eine Abschaffung des Soli an den Rekordsteuereinnahmen partizipieren lassen. Auch der Präsident des CDU-Wirtschatsrates, Kurt Lauk, forderte in der "Welt am Sonntag": "Der Einstieg in den Ausstieg ist zwingend." Der Wirtschaftsweise Lars Feld sagte, wenn eine Abmilderung der kalten Progression erneut am Bundesrat scheitere, wäre eine Soli-Abschaffung eine Alternative. Die Einnahmeausfälle des Bundes müssten aber an anderer Stelle ausgeglichen werden.

Rentenansprüche älterer Mütter sollen verbessert werden

Der "Spiegel" berichtete, CDU-Chefin Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer hätten verabredet, dass die Etat-Sanierung zwar auch in der nächsten Wahlperiode Vorrang haben solle. Im gemeinsamen Wahlprogramm solle aber eine Einkommensteuer-Senkung zum Ausgleich der kalten Progression enthalten sein. Der Effekt entsteht, wenn Lohnerhöhungen auch die Steuerbelastung erhöhen.

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CDU und CSU einigten sich zudem darauf, die Rentenansprüche älterer Mütter zu verbessern. Künftig sollten sie 330 Euro im Jahr für ein Kind erhalten, wie CSU-Chef Horst Seehofer sagte. Die Kosten von mehr als sechs Milliarden Euro im Jahr sollten aus Rücklagen der Rentenversicherung finanziert werden. Mütter, deren Kinder nach 1992 geboren wurden, sind derzeit bessergestellt: Sie erhalten bei der Rentenberechnung zwei Punkte mehr gut geschrieben als die älteren Mütter. Dies macht bei der Rente im Westen derzeit gut 56 Euro und im Osten knapp 50 Euro pro Monat mehr aus. Darin liege "eine tiefe Ungerechtigkeit" im geltenden Rentenrecht, sagte Seehofer. Mit dem Rentenpunkt geht die CDU auf die CSU zu. Seehofer sagte im Gegenzug Unterstützung für die von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen vorgeschlagenen Lebensleistungsrente zu.

SPD will den Spitzensteuersatz erhöhen

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Thomas Oppermann, sagte, die Pläne von Union und FDP seien "alter Wein in neuen Schläuchen". Deutschland brauche Investitionen in Bildung und Infrastruktur statt neuer Steuersenkungen. SPD-Fraktionsvize Joachim Poß sprach von Wählertäuschung. Die FDP habe nichts gelernt: "Schuldenabbau, Finanzierung von Infrastruktur, Energiewende, Bildung und alles gleichzeitig?"

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Die SPD will den Spitzensteuersatz von 42 Prozent auf 49 Prozent ab einem Einkommen von 100.000 Euro erhöhen. Außerdem tritt sie für eine Vermögensteuer und eine Erhöhung der Abgeltungsteuer von 25 auf 32 Prozent ein. Die Einnahmen sollen für Investitionen und zur Etatsanierung eingesetzt werden. Die Grünen wollen einen Spitzensteuersatz von 49 Prozent schon ab einem zu versteuernden Einkommen von 80.000 Euro greifen lassen. Fraktionschef Jürgen Trittin sagte der "Bild am Sonntag", die Mehrheit der Bevölkerung werde nach einem rot-grünen Wahlsieg entlastet. Jede Familie mit einem Jahreseinkommen von 60.000 Euro hätte mehr in der Tasche, weil das Existenzminimum erhöht würde. (Reuters)