Witten. Beide Krankenhäuser in Witten kritisieren den Bundes-Klinik-Atlas. Er verunsichere Patienten und nutze falsche Daten. Sie fordern Nachbesserung.

Was für ein Fehlstart: Der von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angepriesene neue Bundes-Klinik-Atlas, mit dem Patienten Krankenhäuser in ganz Deutschland suchen und vergleichen können, strotzt nur so vor Mängeln. NRW-weit häufen sich aus den Kliniken die Beschwerden. Auch das Ev. Krankenhaus (EvK) und das Marien-Hospital in Witten üben Kritik.

So bewertet das EvK Witten den Klinik-Atlas

„Der Klinik-Atlas weist bei den Fallzahlen hinsichtlich unserer erbrachten Leistungen geringfügige Differenzen auf. Auffällig ist hingegen, dass unsere zahlreichen Zertifizierungen nicht zu finden sind“, sagt Dennis Klaebe über das Online-Portal. Der Verwaltungsleiter des EvK stellt außerdem dessen Nutzerfreundlichkeit in Frage: „Der Atlas macht es dem Laien schwer, eine Antwort auf seine Fragen zu finden.“

Dennis Klaebe ist Verwaltungsleiter des Ev. Krankenhauses Witten.
Dennis Klaebe ist Verwaltungsleiter des Ev. Krankenhauses Witten.

So müsse er sich mit medizinischen Fachbegriffen auskennen, um korrekt recherchieren zu können. Zudem sei die Darstellung des Pflegepersonalquotienten - also die Anzahl der Vollzeitkräfte des Pflegepersonals in der unmittelbaren Patientenversorgung - für den Laien nur schwerlich einzuschätzen und lässt bei den Patienten womöglich einen falschen Eindruck entstehen.

Für die Krankenhäuser bedeutet der Klinik-Atlas einen zusätzlichen bürokratischen Aufwand
Dennis Klaebe, Verwaltungsleiter des EvK Witten

Klaebe weiter: „Für die Krankenhäuser bedeutet der Klinik-Atlas einen zusätzlichen bürokratischen Aufwand. Da er sich als lernendes System versteht, sind wir hier in der Pflicht, die Daten dauerhaft zu aktualisieren.“ Der EvK-Chef empfiehlt stattdessen: „Wenn Patienten einen detaillierten Eindruck über die Leistung und Qualität einer Klinik im Vorfeld einer Behandlung bekommen möchten, so erhalten sie diesen in unseren jährlichen Qualitätsberichten.“ Diese sind auf der Website des EvK hinterlegt.

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Insgesamt führe der Klinik-Atlas bei Patientinnen und Patienten zu Verunsicherungen und Fehleinschätzungen. Deshalb hat die Arbeitsgemeinschaft des Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften in einer ersten Einschätzung gefordert, den Bundes-Klinik-Atlas abzuschalten, bis er verlässlichere Informationen ausweist. Dennis Klaebe: „Dieser Forderung können wir uns nur anschließen.“

So bewertet das Marien-Hospital Witten den Klinik-Atlas

Die St. Elisabeth Gruppe – Katholische Kliniken Rhein-Ruhr, zu der auch das Marien-Hospital zählt, hat ähnliche Vorbehalte gegen den Klinik-Atlas. Derzeit überprüfe man noch die darin befindlichen Angaben für die Krankenhäuser der Gruppe, so Geschäftsführerin Simone Lauer. „Was wir aber definitiv schon jetzt sagen können ist, dass der Atlas Fehler aufweist und mit veralteten bzw. falschen Daten arbeitet.“ So stammen die veröffentlichten Daten nicht aus dem Jahr 2023, sondern von 2022.

Simone Lauer ist Geschäftsführerin der St. Elisabeth Gruppe – Katholische Kliniken Rhein-Ruhr, zu der auch das Marien-Hospital Witten gehört.
Simone Lauer ist Geschäftsführerin der St. Elisabeth Gruppe – Katholische Kliniken Rhein-Ruhr, zu der auch das Marien-Hospital Witten gehört. © FUNKE Foto Services | Jonas Richter

Als Bewertungskriterien der Kliniken ziehe der Atlas ausschließlich die Anzahl der Behandlungen und den Umfang des Pflegepersonals heran. Zudem sei das Portal sehr unübersichtlich und daher nicht anwenderfreundlich. Lauer: „Bei zahlreichen Erkrankungen müssen Patienten zunächst aus einer Vielzahl von Krankheitsspezifizierungen oder medizinisch formulierten Behandlungen die für sie relevante herausfiltern. Die Auflistungen können Patienten ohne Expertenwissen in die Irre leiten.“

Informationssuchende sollten den Atlas derzeit mit allergrößter Vorsicht behandeln
Simone Lauer, Geschäftsführerin der St. Elisabeth Gruppe, zu der das Marien-Hospital gehört.

So müssten diese bei der Suche nach Adipositas, also Fettleibigkeit, entweder aus über 50 Krankheitsspezifizierungen oder aus neun medizinisch formulieren Behandlungen auswählen, nennt die Geschäftsführerin ein Beispiel. „Das ist für den medizinischen Laien nicht zu verstehen.“

Andererseits gehe aus dem Klinik-Atlas nicht hervor, dass im Adipositaszentrum des Marien-Hospitals jährlich rund 600 Patienten behandelt werden. „Daher sollten Informationssuchende den Atlas derzeit mit allergrößter Vorsicht behandeln.“

Die Geschäftsführerin der Elisabeth-Gruppe hätte sich im Sinne der Patienten gewünscht, dass der Bundes-Klinik-Atlas vor der Veröffentlichung gemeinsam mit den Krankenhäusern auf Fehler überprüft worden wäre. „Dies ist leider nicht erfolgt.“ Deshalb begrüße man die Ankündigung des Bundesministeriums für Gesundheit, nachzubessern. Lauer: „Es ist sehr ärgerlich, dass das Leistungsspektrum unserer Kliniken leider aktuell nicht überall richtig dargestellt wird.“

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