Witten. Die „Rasenden Rosen“ vom Christopherus-Hof in Witten bereiten sich auf das große Drachenbootrennen vor - auch auf Bierbänken.

Am vorletzten Juni-Wochenende verwandelt sich die Ruhr in ein Mekka der Drachenboote. Rund 80 Teams werden bei diesem vom Kanuclub Witten (KCW) organisierten Event an den Start gehen, um die gut 200 Meter lange Strecke zu bewältigen. In diesem Jahr ist auch ein ganz besonderes Team mit dabei: die „Rasenden Rosen“, eine inklusive Crew, die sich derzeit mit großer Freude vorbereitet.

Ein dumpfes Dröhnen hallt gleichmäßig alle paar Sekunden aus dem Gruppenraum des Christopherus-Hofes. Hier trainieren die „Rasenden Rosen“. Die „Rasenden Rosen“ – das sind 25 Paddlerinnen und Paddler, die sich aus Bewohnern, Mitarbeitern und Angehörigen des Christopherus-Hauses sowie vier Studentinnen der Heilpädagogik zusammensetzen.

Das inklusive Team des Christopherus-Hauses Witten nimmt am Drachenbootrennen auf der Ruhr teil. Kerstin Romberg (stehend) vom KCW Witten gibt Tipps und Tricks.
Das inklusive Team des Christopherus-Hauses Witten nimmt am Drachenbootrennen auf der Ruhr teil. Kerstin Romberg (stehend) vom KCW Witten gibt Tipps und Tricks. © Stephan Kottkamp | Stephan Kottkamp

Besuch beim Drachenbootrennen löste Wunsch nach eigener Teilnahme aus

Die Idee zur Teilnahme am Rennen ist vor genau einem Jahr entstanden. Eva Kuypers, die im Christopherus-Haus arbeitet, war damals mit einigen Bewohnern beim Drachenboot-Rennen. „Ich finde es wichtig, dass wir aus den beiden Gruppen Menschen mit und Menschen ohne Behinderung endlich eine Gruppe machen“, formuliert sie den Gedanken hinter der Teilnahme.

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Die Besatzung eines Drachenbootes besteht aus 20 Paddlerinnen und Paddlern sowie einem Steuermann und einem Trommler. Die allermeisten Paddler des Christopherus-Hauses haben bislang keinerlei Erfahrungen mit dem Paddeln. Christoph ist eine Ausnahme. Er hat vor einigen Jahren schon mal an einem Drachenboot-Rennen teilgenommen. „Wenn man ein wenig übt, klappt das ganz gut“, berichtet der 46-jährige. „Es geht aber auch ordentlich in die Arme“, lächelt er etwas gequält.

Trockenübungen, bevor es ins Wasser geht

Bevor es tatsächlich aufs Wasser geht, stehen erst mal Trockenübungen an. Dazu ist KCW-Mitglied Kerstin Romberg gekommen und hat einige Paddel mitgebracht. Die erfahrene Paddlerin findet zunächst heraus, wer rechts und wer links paddeln wird. Auf zwei parallel zueinanderstehenden Bierbänken nehmen dann jeweils drei Paddler Platz. Lukas, der 15-jährige Sohn des Hausmeisters vom Christopherus-Hof, sitzt mit einem zu einer Trommel umfunktionierten Mülleimer den Paddlern gegenüber und wird den Takt vorgeben. Bumm, bumm, bumm...

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Kerstin Romberg vermisst zwar das Wasser, ist aber trotzdem in ihrem Element. „Are you ready“, fragt sie die Paddler. „Attention!“, lautet das nächste Kommando. Und mit „Go“ startet sie das Rennen bzw. die Trockenübung. Bumm... Schon nach dem ersten Schlag kann von synchron keine Rede mehr sein. Auf dem Wasser müsste nun der Steuermann eingreifen, um das Kentern des Bootes zu verhindern. „Ich sehe uns schon im Kreis fahren“, lacht Studentin Vicky.

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„Gleichmäßigkeit vor Kraft“

Kerstin Romberg unterbricht und gibt noch mal Instruktionen. Der zweite Versuch sieht dann schon besser aus. Bumm, bumm, bumm... Die Paddel gehen synchron nach vorne, das Blatt verschwindet komplett im imaginären Wasser und wird bis zur Hüfte zurückgezogen. „Ihr macht das richtig gut“, lobt Romberg. „Gleichmäßigkeit vor Kraft“, ruft sie der Crew zu, während der Rest der Gruppe applaudiert. Ganz ohne Kraft geht es aber nicht. „Ich kann nicht mehr“, hört man von einer der Bierbänke. „Ich sehe schon Land“, beruhigt die andere Bierbank.

Zum Abschluss des Trainings üben die Paddler noch ihren Schlachtruf. Auf die Melodie des Liedes „Wellerman“ singen sie „Wir rasen die Ruhr hinauf und holen uns den Pokal.“ Ehrgeiz ist jedenfalls genug da. Und Spaß ohnehin. Im Mittelpunkt wird aber etwas viel Wichtigeres stehen: „Ziel der Inklusion ist es, dass es selbstverständlich wird, dass Menschen mit und ohne Behinderung in allen Lebensbereichen zusammen agieren“, bringt Eva Kuypers es auf den Punkt.

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Vor dem richtigen Wettkampf hat das Team übrigens nur einmal eine Stunde lang die Möglichkeit gehabt, auch tatsächlich auf der Ruhr zu trainieren. Am vergangenen Samstag legten sich die „Rasenden Rosen“ richtig ins Zeug. Danach geht es zurück auf die Bierbänke - für den letzten Feinschliff vor dem großen Rennen.

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