Witten. Ex-Fraktionschef wirft WBG Rechtsruck vor. Die wehrt sich vehement. Streit gab es in der Partei um ganz andere Themen.
Der Austritt zweier Vorstandsmitglieder aus der Wittener Bürgergemeinschaft (WBG) hat im politischen Witten hohe Wellen geschlagen. Am Freitag vergangener Woche verkündeten Fraktionschef und Vorstandsvorsitzender Siegmut Brömmelsiek sowie Geschäftsführer Hans-Peter Müller, dass sie fortan nicht mehr der WBG angehören, sondern eine neue Fraktion im Stadtrat werden wollen.
Den Schritt begründeten die beiden langjährigen Mitglieder zum einen mit einem zerrütteten Vertrauensverhältnis innerhalb der Wählergemeinschaft und besonders im Vorstand. Andererseits mit einem Rechtsruck in Teilen der Gruppe, den die beiden nicht mittragen wollten.
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Restliche WBG weist Vorwurf des Rechtsrucks entschieden zurück
Nachdem sich bereits auf Facebook andere WGB-Mitglieder zu Wort gemeldet und der Darstellung wiedersprochen haben, geht nun die gesamte Wählergemeinschaft mit einer Erklärung in die Öffentlichkeit. Der „unwahren Behauptung“ eines Rechtsrucks trete man „entschieden entgegen“, schreibt Richard Surrey für den verbliebenen Vorstand. Die WBG stehe „fest auf dem Boden unser freiheitlich demokratischen Ordnung“, zudem toleriere die Satzung der WBG keine extremistischen Haltungen.
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Auslöser der innerparteilichen Querelen soll die missglückte Abstimmung über den städtischen Haushalt für das kommende Jahr gewesen sein. In der Sitzung am 19. März stimmte die dreiköpfige WBG-Fraktion überraschenderweise für den Vorschlag der Verwaltung – nachdem sich Brömmelsiek in einer emotionalen Haushaltsrede eindeutig gegen den neuen Etat ausgesprochen hatte. Der 72-Jährige erklärt das mit einem Durcheinander bei der Abstimmung. Zuvor waren einige Tagesordnungspunkte zusammengelegt und teils vorverlegt worden. Dass man nicht gegen den Haushalt gestimmt habe, sei ein Versehen gewesen.
Brömmelsiek soll zum Rücktritt als erster Vorsitzender aufgefordert worden sein
Doch intern habe das eine Welle ausgelöst, „die nicht mehr befriedet werden konnte“, sagt ein WBG-Mitglied, das namentlich nicht zitiert werden möchte. Schon zuvor sei das Verhältnis angespannt gewesen, sonst hätte man das überstehen können. Laut Pressemitteilung habe nach der Haushaltsabstimmung mehrheitlich im Vorstand das Vertrauen in Brömmelsiek gefehlt. Dies sei begründet in „fehlender Integrität seiner Amtsführung“.
Es habe keinen klar erkennbaren Willen gegeben, sich an Mehrheitsbeschlüsse zu halten, heißt es aus WBG-Kreisen. Auch ob das Abstimmungsverhalten wirklich zufällig war, wird hinterfragt. Teile der WBG hatten sich zudem eine offensive, öffentliche Richtigstellung gewünscht. So etwas müsse „ordentlich repariert“ werden, nicht einfach nur „weggelächelt“, heißt es.
Am 2. Mai haben laut Pressemitteilung „mehrheitliche Teile des Vorstands“ Brömmelsiek aufgefordert, die Ämter des ersten Vorsitzenden und des Fraktionsvorsitzenden personell zu trennen. Woraufhin der 72-Jährige noch am selben Tag seinen Austritt verkündet habe.
„Hundehaufen-Gate“ sorgt in der Wählergemeinschaft für Frust
In den Reihen der Wählergemeinschaft hatte zuletzt auch eine ganz bestimmte Anfrage für Aufregung gesorgt: So erkundigte sich die WBG Ende Februar bei der Stadt, ob diese nicht einen Hundekot-Staubsauger anschaffen könne. Auch regte sie an, eine DNA-Datenbank für Hunde anzulegen, um so „unsauberen“ Hundehaltern auf die Spur zu kommen. „Wir haben in Witten wirklich wichtigere Probleme“, ärgert sich ein anderes WBG-Mitglied. Auch habe der Antrag für viel Spott und Hähme gesorgt. Abgesprochen mit dem Rest der Partei sei er nicht gewesen.
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Mit den in den letzten eineinhalb Jahren neugewonnenen Mitgliedern wolle man in Zukunft „in der Mitte wachsen“ und sich thematisch vielfältiger aufstellen. Gegen neue Vorschläge hätten sich die beiden nun ausgetreten Vorstandsmitglieder aber immer verschlossen. Auch habe es „aktives Mobbing“ gegen solche Mitglieder gegeben, die nicht „auf Linie“ waren, Mail- und Chatverläufe seien akribisch gespeichert worden. „Sobald man einmal nein sagt oder etwas hinterfragt, ist man raus“, sagt einer von ihnen. Brömmelsiek widerspricht dem. Interne Nachrichten seien nie genutzt worden, um Mitglieder zu diskreditieren.
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