Witten. Obwohl die Stadtreinigung Witten täglich unterwegs ist, liegt immer noch viel Müll herum. „Eine Katastrophe“, so eine langjährige Mitarbeiterin.
Wer am Sonntagmorgen relativ früh in der Innenstadt unterwegs ist, stolpert regelrecht über den Partymüll vom Vorabend. Kippen und halbleere Dönerteller, Dosen, Chipstüten, Kaffeebecher und Wodkaflaschen, alles wahllos weggeworfen, selbst wenn der Abfalleimer direkt danebensteht.
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Schlimm sieht es zum Beispiel auf dem Vorplatz der Stadtgalerie aus. Gerade zwischen den Stühlen und Tischen der Bäckerei liegt viel Papier herum. Mariola Ferenc müsste dort gar nicht saubermachen, tut es aber trotzdem. „Ich kann es nicht mit ansehen, wenn es so dreckig ist“, sagt die 62-Jährige. Seit 30 Jahren gehört sie zur „Fußkolonne“ der Stadtreinigung.
Die ganz in Orange gekleidete Frau mit den schwarzen Haaren schwingt den Besen, fegt Kippen an den Bänken am City-Bogen weg und liest mit ihrer Greifzange Papier- und Plastikmüll auf. Der ganze Abfall landet in einer schwarzen 240-Liter-Tonne, die sie hinter sich herzieht und die schon wieder halb voll ist. Dabei ist es erst zehn Uhr morgens. „Gerade sonntags liegt der Dreck überall“, sagt die gebürtige Polin, die immer zu Fuß in der City unterwegs ist. Von Mittwoch bis Sonntag, meist ab sechs Uhr morgens, am Montag und Dienstag hat sie frei.
Wittener Innenstadt dreckiger als früher
Sie fängt immer auf dem Rathausplatz an. Über den alten ZOB geht‘s dann die Bahnhofstraße hinunter. „Die muss um zehn Uhr fertig sein. Dann kommen ja schon die ersten Sonntagsspaziergänger.“ Den Bahnhof macht sie auch, also den Vorplatz, und natürlich den neuen ZOB. Und wie jetzt den Platz vor der Stadtgalerie.
„Unmöglich“ findet Mariola Ferenc, was alles weggeworfen oder achtlos fallen gelassen wird, was auf dem Pflaster oder sogar in den Beeten der Bäume landet. „Eine Katastrophe. Früher hatten wir nicht so viel Dreck“, sagt die langjährige Stadtreinigerin.
Sie fegt auch die Bushaltestellen, sammelt Gläser vom Vorabend ein und dazu die leeren Pizzakartons. „Was ich nicht schaffe, macht am Montag die Kehrmaschine.“ Die hat sonntags Pause. Die Menschen sollen ja ausschlafen können, also all die, die nicht am Sonntagmorgen schuften müssen.
Um die 600 bis 800 Kilo Müll kommen allein in der Innenstadt in einer Sonntagsschicht zusammen. Wenn die sonst zu schwere Tonne zu zwei Dritteln voll ist, und das war sie an diesem Morgen fast schon zweimal, sind die Kollegen mit dem Pritschenwagen zur Stelle, um sie zu leeren.
Rund zehn Tonnen Müll werden pro Woche (500 im Jahr) im gesamten Stadtgebiet eingesammelt. Dazu kommen noch etwa drei Tonnen (etwa 1000 im Jahr) durch die Kehrmaschine. Werktags schickt das Betriebsamt nach Angaben der Stadt täglich drei Reinigungswagen, fünf Fußkolonnen und fünf Kehrmaschinen auf die Straße.
700 Abfallkörbe im Stadtgebiet
Die Fahrzeuge sind in der Regel mit zwei Mitarbeitenden besetzt, die Fußkolonnen mit ein bis zwei, „je nach Personalsituation“, wie es heißt, die Kehrmaschinen mit einer Kraft. Für die City sind unter der Woche zwei Fußtrupps zuständig. Am Wochenende kann man Mariola Ferenc allein antreffen. „Ich bin immer am Laufen.“
Sie leert mit ihren Kolleginnen und Kollegen auch die Abfallkörbe, von denen es im gesamten Stadtgebiet um die 700 gibt, davon etwa 250 im Zentrum. Dazu kommen noch über 400 Papierkörbe in Grünanlagen, Parks oder auf Spielplätzen. Die Stadt stuft die Containerstandorte und das Salinger Feld als die „dreckigsten Ecken“ in Witten ein, im Gewerbegebiet seien parkende Lkw Schuld.
35 Stellen entfallen auf die Stadtreinigung, die den Gebührenzahler in diesem Jahr knapp 2,2 Millionen Euro kostet. Gefragt nach Verbesserungsmöglichkeiten für ein saubereres Stadtbild, antwortet Verwaltungssprecherin Lena Kücük: „Das ist jetzt die Frage, wo man die Verantwortung sieht.“
Sicher könnte die Stadt die Kontrolldichte erhöhen. „Aber eigentlich wird ja umgekehrt ein Schuh draus“, sagt Kücük. „Schön wäre, wenn die Bürgerinnen und Bürger einfach achtsamer mit dem öffentlichen Raum umgehen.“ Die Stadtreinigung sei jedenfalls nicht das Problem.
Der Vorplatz der Stadtgalerie ist inzwischen wieder sauber. Mariola Ferenc springt kurz zum Bäcker rein. „Guten Morgen Schätzchen, Kaffee?“ wird sie wie eine alte Bekannte begrüßt. „Nein, keine Zeit heute“, sagt die 62-Jährige, die um halb zwei Feierabend hat. Sie versuche, die Stadt sauber zuhalten, sagt die Frau in Orange, der der Spaß an ihrer körperlich harten Arbeit trotz all dem Dreck noch nicht vergangen ist. „Wenn die Stadt sauber ist, bin ich selbst zufrieden.“ Manchmal bedanken sich Passanten bei ihr, oder wie früher sogar schon mal die damalige Bürgermeisterin persönlich.
Zwei Jahre hat sie noch bis zur Rente. „Warum Geld verschenken“, sagt die Reinigungskraft und lacht. Obwohl sie sonntagmorgens den Dreck anderer Leute wegmacht, scheint sie bester Laune zu sein. Die 30-minütige Frühstückspause hat sich Mariola Ferenc redlich verdient.
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