Witten. Zu einer neuen Protestwoche sind die Apotheken in Witten ab Montag aufgerufen. „Wir sehen rot“, lautet das Motto. Deren Sprecherin schlägt Alarm.

„Wir sehen rot“: Unter diesem Slogan protestieren Wittener Apotheken die ganze nächste Woche erneut gegen ein ihrer Ansicht nach zu niedriges Honorar. Die Apotheken bleiben normal geöffnet und setzen auf Unterstützung der Patienten. Der Protest soll - im wahrsten Sinne des Wortes - deutlich sichtbar sein.

Apothekensprecherin Dorothe Werner kündigt zumindest rote T-Shirts an, die die Mitarbeitenden dann tragen. Protestiert wird ab Montag (22.4.) bis Samstag (27.4.). „Wir wollen die Patienten aufklären und eine Umfrage machen, warum sie die Apotheke vor Ort unterstützen wollen“, so die 40-Jährige, die mit ihrem Mann zwei Apotheken (Milan und Adler) in Annen betreibt.

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„Wir sind am Limit“, gibt sie die Stimmung ihrer Branche wieder, die im letzten Jahr schon mehrmals mit vorübergehenden Schließungen gegen die Gesundheitspolitik der Bundesregierung protestiert hatte. Gleichbleibende Honorare, Personalprobleme, Apothekensterben auf der einen Seite und andererseits Kundenschlangen draußen vor der Tür - die Anforderungen würden immer höher. In Witten gibt es ihren Angaben zufolge noch rund 15 Apotheken.

Rathaus-Apotheke und Elefanten-Apotheke in Wittener Innenstadt geschlossen

In der Innenstadt haben mit der Elefanten- und der Rathaus-Apotheke zuletzt zwei Apotheken geschlossen. Die Einhorn-Apotheke wechselte ruhestandbedingt den Besitzer. Damit bleiben auf der unmittelbaren Einkaufsmeile Bahnhofstraße nur noch zwei Apotheken (Einhorn und Adler). In der Ruhrstraße gibt es noch die Burg-Apotheke, in der Beethovenstraße die gleichnamige, nach dem Komponisten benannte.

Auch in den Stadtteilen ist das Angebot inzwischen überschaubar geworden. Dort gibt es jeweils noch ein oder zwei Apotheken. „Allein in Annen hatten wir mal sechs. Jetzt sind es noch zwei“, sagt Sprecherin Dorothe Werner. Wer wie sie zwei Apotheken unterhält, könne noch Synergien nutzen. Doch auch sie käme mitunter an ihre Grenzen. Wenn wie in Annen zwei Apotheken innerhalb von fünf Jahren schließen würden, „merkt man das sehr“, sagt Werner. Auf den erhöhten Kundenandrang hat sie mit neuen Kassen und einem neuen Roboter reagiert. „Außerdem haben wir vier Leute einstellen müssen.“ Gleichzeitig werde es immer schwerer, angestellte Filialleiter zu finden, die in der Industrie oft mehr verdienen könnten.

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Sie spricht von hohen Arbeitskosten bei einer gleichbleibenden, ihrer Ansicht nach zu geringen Vergütung. Seit elf Jahren habe sich der Festbetrag nicht verändert, den die Apotheken pro abgegebenem Medikament bekämen. „Egal ob das Medikament 20.000 oder 15 Euro kostet“, sagt Dorothe Werner. Zum vierten Mal demonstriert ihr Verband nun für eine höhere Provision. Gefordert wird eine Erhöhung des Festbetrages von derzeit 8,35 Euro auf zwölf Euro. Werner hebt in diesem Zusammenhang besonders die Beratungsleistung der Apotheken hervor. „Eine Versandapotheke sieht nicht, ob die Patientin schwanger ist.“

Aber klagt hier eine zumindest teilweise immer noch gut verdienende Branche nicht nur auf hohem Niveau? „Nein“, sagt Werner. „Kleinere Apotheken werden auf Dauer nicht überleben, gerade auf dem Land.“ In Witten, hofft sie, „dass es einigermaßen stabil bleibt“. Immerhin bekommt ‚Annen demnächst wieder eine dritte Apotheke. Früher hieß sie „Apotheke im real“, demnächst vielleicht „Apotheke im Kaufland“.