Witten. Schlechte Vergütung, Lieferengpässe, hohe Kosten: Ein Wittener Apotheker kann einfach nicht mehr. Er schließt sein Geschäft noch vor Weihnachten.
Das Ladenlokal befindet in bester Lage. Am oberen Anfang der Fußgängerzone, direkt an der Ecke zum Marktplatz. Dennoch muss die Wittener Rathaus-Apotheke schließen. Am 23. Dezember ist Schluss. Für Inhaber Burkhard Waimann rechnet sich das Geschäft nicht mehr.
Immer weniger Apotheken
In Deutschland schließt durchschnittlich jeden Tag mehr als eine Apotheke. Aus den aktuellen Daten der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände geht hervor, dass es im ersten Halbjahr 2023 bundesweit insgesamt 272 Schließungen gab. Nur 34 Apotheken in diesem Zeitraum neu eröffnet.
Auch in Wittener Innenstadt sinkt die Zahl der Apotheken. Im Umfeld der Rathaus-Apotheke hat erst im vergangenen Jahr die Elefanten-Apotheke in der Theodor-Heuss-Straße geschlossen, zuvor waren es schon die Germania-Apotheke in der Ruhrstraße und die Apotheke am Kornmarkt.
Die Rathaus-Apotheke gibt es seit 52 Jahren, seit 2008 ist Waimann Inhaber der Apotheke. Ja, damals sei es eine gute Lage gewesen. Doch inzwischen ist es damit seiner Ansicht nach nicht mehr weit her. „Seitdem der Kaufhof geschlossen ist und man auch nicht mehr in der Tiergarage parken kann, kommt weniger Kundschaft“, sagt der 56-Jährige. Außerdem sei inzwischen nur noch eine von damals vier Arztpraxen im Haus. „Viele Praxen ziehen ja in Ärztezentren um.“ Auch das führe zum Minus in der Kasse.
Wittener Apotheker klagt über Vergütung für Arzneimittel
Als Hauptgrund, die Apotheke zu schließen, nennt er aber die Gesundheitspolitik. Bei gut 80 Prozent aller Medikamente, die über seine Ladentheke gehen, sei der Preis staatlich festgelegt. „Und seit 20 Jahren ist die Vergütung für diese Arzneimittel unverändert geblieben.“ Statt Erhöhungen habe es sogar noch Kürzungen gegeben. „Aber auch wir haben gestiegene Kosten, beim Lohn, bei den Nebenkosten und der Infrastruktur.“ Deswegen hätten die Apotheker in diesem Jahr ja auch mehrfach protestiert. Bislang allerdings ohne Erfolg.
Und obendrauf kommen dann noch die Lieferengpässe. Bei 510 Medikamenten gebe es derzeit Schwierigkeiten, sie zu bestellen, sagt Waimann nach einem Blick in die aktuelle Liste. „Wir kommen gar nicht mehr dazu, über Wirkungen und Nebenwirkungen zu beraten. Wir sind nur noch damit beschäftigt nachzuschauen, wo wir noch Alternativen bekommen können.“ Allein bei der Diabetiker-Spritze etwa müsse er fünf bis zehn Kunden täglich vertrösten - und wegschicken. Sein Appell: „Die Politik muss sich endlich darum kümmern, dass wieder mehr in Deutschland produziert wird, damit es nicht so lange Wege für Arzneimittel gibt.“
Kein Nachfolger für Wittener Apotheke gefunden
Selbst wenn sie es tut: Für die Rathaus-Apotheke wird das zu spät sein. Burkhard Waimann schließt - und einen Nachfolger gibt es nicht. Einen Käufer zu finden, sei schwer in diesen Tagen. „Das kann sicher ein, zwei Jahre dauern.“ Diese Zeit habe er aber aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr gehabt. Deshalb zieht er zum Jahresende die Reißleine.
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„Schade, ich hätte an diesem Standort gerne weitergemacht“, bedauert Waimann. Auch die Kunden werden die Apotheke offenbar vermissen. Das kann man in den sozialen Medien lesen, das hört das Team auch täglich. „Viele sind traurig, dass wir aufhören.“ Schließlich kenne er viele Kunden und ihre Familien seit Jahren. „Sie hatten Vertrauen zu uns.“
Mitarbeitende habe neue Jobs gefunden
Trostpflaster: Die elf Angestellten hätten keine Schwierigkeiten gehabt, woanders eine Stelle zu finden. „Fähige Mitarbeiter werden in unserer Branche gesucht“, versichert der 56-Jährige. Er selbst werde sich künftig auf seine andere Filiale konzentrieren, die Lünsche-Apotheke in Lüdenscheid. Burkhard Waimann wohnt auch im Sauerland.
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Zuvor muss in der Woche vor Weihnachten aber die Wittener Apotheke noch leergeräumt werden. Dabei helfen soll ein Ausverkauf. Frei verkäufliche Medikamente und das übrige Sortiment wie Kosmetika gibt es bis dahin zu Sonderpreisen. Am Samstag vor Heiligabend schließen sich die Türen dann zum letzten Mal. Was dann aus dem prominent gelegenen Ladenlokal wird, ist nicht bekannt.
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