Witten. Dorothe Werner ist Apothekerin in Witten und pharmazeutische Leiterin des Impfzentrums in Ennepetal. Ein Gespräch – nicht nur über Astrazeneca.
Sie ist Kreisvertrauensapothekerin und führt mit ihrem Mann Philipp (34) drei Apotheken in Witten. Seit Dezember ist Dorothe Werner außerdem pharmazeutische Leiterin des Impfzentrums in Ennepetal. Rund 2500 Euro hat sie mit diesem Zusatz-Job bisher verdient. Das Geld spendet die 37-Jährige nun dem Förderverein der Baedekerschule. Im Interview spricht sie über ihre Beweggründe, ihre Söhne und Astrazeneca.
Eigentlich spenden Sie der Grundschule ja sogar 5000 Euro. Wie kam es dazu?
Mein Mann war so begeistert von der Idee, damit Kinder zu unterstützen, dass er die Summe kurzerhand verdoppelt hat. Ich brauche dieses zusätzliche Geld nicht unbedingt, um glücklicher zu werden. Und mich hat der Satz nicht losgelassen, den ich neulich gehört habe: Im Endeffekt zahlen unsere Kinder die Pandemie – nicht nur finanziell. Wir haben selbst zwei Jungs, sieben und vier Jahre alt. Der älteste ist Grundschulkind in Herdecke, wo wir wohnen. Daher wissen wir, wie schwierig diese Zeiten für Kinder sind. Vor allem die sozialen Kontakte fehlen. Ob ein Kind einigermaßen gut durch die Pandemie kommt, hängt vor allem von dem Umfeld ab, in dem es aufwächst.
Wittener Apothekerin: Bin froh, nur ein Schulkind zu haben
Wie managen Sie das?
Wir sind beide Apotheker, können uns gegenseitig ergänzen oder ersetzen. Obwohl wir systemrelevante Berufe haben, haben wir die Notbetreuung so wenig wie möglich genutzt. Aber manchmal geht es nicht anders. Wir merken, dass es für unsere Kinder nun doppelt gut ist, dass sie sich haben und miteinander spielen können. Für Einzelkinder ist die Situation sicher schwieriger. Ich bin aber trotzdem froh, nur ein Schulkind zu haben. Denn Kinder lernen anders mit den Eltern als in der Schule. Und ich merke: Ich bin keine Lehrerin.
Unverhoffte Spende
Förderverein und Leitung der Baedekerschule in Annen freuen sich riesig über die unverhoffte Spende von 5000 Euro. „Ein Zehntel davon wäre für uns schon sehr viel Geld“, sagt Schulrektor Andreas Straetling. „Wir haben gerade über 500 Euro diskutiert, die wir für Software ausgeben wollen. Da ist diese Summe ein wahrer Segen.“
Wofür das Geld ausgegeben wird, weiß er noch nicht genau. „Wir denken sonst nicht so groß.“ Ein Teil werde vermutlich in die weitere Digitalisierung fließen, ein anderer vielleicht in das Zirkusprojekt, das alle vier Jahre stattfindet.
Wie kommen Ihre Kinder mit der Krisensituation klar?
Wir sind immer offen damit umgegangen. Sie verstehen, dass Corona eine Krankheit ist. Maske aufsetzen und Hände waschen – das ist bei denen total drin. Die klagen nicht. Nur wenn sie nicht zu Oma und Opa dürfen, sagen sie: Kann das nicht mal aufhören? Ich glaube und hoffe, dass jüngere Kinder besser mit der Krise klarkommen. Sie können ihren Frust durch Weinen und Schreien rauslassen. Ich kann meine Kinder in den Arm nehmen. Bei Jugendlichen in der Pubertät wäre das schon schwieriger.
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Nun arbeiten Sie zusätzlich noch im Impfzentrum. Wie kam es dazu?
Im Dezember bin ich gefragt worden, ob ich dort die pharmazeutische Leitung übernehmen könnte. Ich hatte zwei Tage Bedenkzeit. Ich wusste, dass das viel Arbeit bedeuten würde. 40 bis 60 Stunden pro Monat sind es zusätzlich zum Apothekenalltag.
Wofür sind Sie zuständig?
Ich kümmere mich um alles, was mit den Impfstoffen zu tun hat – von der Lagerung bis zum richtigen Aufziehen der Spritzen. Es ist alles ein riesiger organisatorischer Apparat. Aber es geht trotzdem sehr familiär zu, alle duzen sich. Für uns Apotheker ist es schön, mal mehr Kontakt zu Ärzten zu haben.
„Mein Mann lag nach der Impfung einen Tag flach“
Was bedeutet der aktuelle Impfstopp von Astrazeneca für Ihre Arbeit?
Wir können weniger impfen. Wir haben ja nicht mehr Biontech, nur weil Astrazeneca ausfällt. Und die Lieferung von Johnson & Johnson wird erst für Anfang/Mitte April erwartet. Die Mitarbeiter in der Kita meines Sohnes sind gerade noch vor dem Impfstopp am Nachmittag geimpft worden. Da sind natürlich tausend Fragen auf mich eingeprasselt. Aus pharmazeutischer Sicht bin ich nicht sehr beunruhigt. Sieben Fälle mit schweren Nebenwirkungen bei über einer Million Geimpfter ist nicht sehr viel. Wahrscheinlicher ist es, an Corona zu sterben. Aber man muss natürlich klären, woran es wirklich lag. Und das muss schnell gehen. Ich hoffe, dass wir höchstens eine Woche lang nicht mit Astrazeneca impfen dürfen. Denn es ist ja alles durchkalkuliert, auch was die Lockerungen angeht.
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Sie sind bereits geimpft. Wie ging es Ihnen danach?
Ich bin direkt am 8. Februar bei der Eröffnung des Impfzentrums mit Biontech geimpft worden und hatte keine Probleme. Aber mir wäre das Vakzin egal gewesen. Mein Mann hat Astrazeneca bekommen und deswegen keine Sekunde gezögert. Er lag einen Tag flach. Aber das ist besser, als fünf Wochen Corona zu haben oder jahrelang mit den Folgen des Virus’ kämpfen zu müssen.
Was machen Sie in Zukunft mit dem Geld, das Sie für die Arbeit im Impfzentrum bekommen?
Das Geld werde ich wieder spenden. Ich weiß nur noch nicht, wem.