Witten. Daniel Ruthenfranz hat einen seltenen Beruf: Er ist Klavierbauer. Und bald Musikschulleiter. Alles im Andenken an den bekannten Großvater.
- Die Musikschule Ruthenfranz in Witten existiert seit über 90 Jahren. Gegründet hat sie Robert Ruthenfranz senior, der 1936 auch die „Wittener Tage für neue Kammermusik“ ins Leben gerufen hat.
- Derzeit betreibt sein Sohn, der ebenfalls Robert heißt, die Schule. Nebenbei stimmt und repariert der 76-Jährige Klaviere.
- Sein Handwerk hat er an Sohn Daniel (34) weitergegeben. Der will das Geschäft bald übernehmen. „Die Kerzen am Brennen halten“, nennt das Familie Ruthenfranz. Der Junior hat aber auch ein zweites Standbein.
Musikalität liegt bei Familie Ruthenfranz aus Witten in den Genen. Kein Wunder also, dass Robert Ruthenfranz senior, seines Zeichens Pianist, Dirigent und Komponist, 1936 die „Wittener Tage für neue Kammermusik“ ins Leben rief, die heute international bekannt sind. Der Vollblutmusiker gründete aber auch ein Konservatorium für Musik in der Ruhrstadt. Mittlerweile existiert die Musikschule seit 91 Jahren und wird in zweiter Generation geführt – und die nächste steht schon in den Startlöchern.
Dabei wollte Robert Ruthenfranz (nicht der Senior), zunächst gar nicht so recht in die Fußstapfen seines Vaters treten. „Ich stand sehr unter Druck, auch Musiker zu werden“, erinnert sich der heute 76-Jährige. Schon als Kind hatte ihm Mutter Hertha, selbst begabte Klavierspielerin, den Umgang mit dem Tasteninstrument beigebracht. „Für jedes Stück, das ich fehlerfrei spielte, gab es zehn Pfennig.“ Später begann Ruthenfranz an der Folkwang-Universität ein Musikstudium, Hauptfach Trompete, Nebenfach Klavier. Doch der junge Ruthenfranz schmiss hin.
Statt Musikhochschule wurde es die Lehre zum Klavierbauer
„Ich wollte Geld verdienen wie meine Freunde, eine Ausbildung machen“, sagt der Wittener. Auf der Suche nach einer Lehre gab ihm dann doch der Vater den entscheidenden Schubs: Wenn schon Handwerk, dann bitte Klavierbauer. Damit der Sohn wenigstens noch ein bisschen mit Musik zu tun habe. Und so kam es dann auch.
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„Das Klavier ist Teil meines Lebens“, sagt Robert Ruthenfranz heute. „Es hat eine Seele, einen Charakter, das ist nicht vergleichbar mit elektronisch erzeugten Tönen.“ Als Klavierbauer arbeitete er zunächst viele Jahre bei Ibach in Schwelm, damals einer der führenden Hersteller von Klavieren und Flügeln. 1982 verstarb Mutter Hertha, die die Musikschule Ruthenfranz seit dem Tod des Vaters 1970 weitergeführt hatte, damals noch an der Lutherstraße in der Innenstadt.
Schule 1982 von der Mutter übernommen
„Die Schule existierte da schon 50 Jahre, so etwas will man erhalten“, erinnert sich der 76-Jährige. Denn für ihn gehört auch die Schule zum Nachlass seines Vaters, er möchte die Erinnerung an ihn aufrechterhalten, „die Kerze am Brennen halten“. Also eröffnete er die Musikschule 1983 am heutigen Standort wieder: an der Elberfelder Straße in Bommern.
Als zusätzliches Standbein war und ist Ruthenfranz aber immer auch als Klavierbauer im Einsatz: Egal, ob ein Klavier gestimmt oder rundum erneuert werden muss. In den Räumen der Schule stehen zahlreiche ältere Modelle. Teils hat Robert Ruthenfranz sie schon erneuert, teils warten sie noch darauf. Sind sie wieder fit, werden sie verkauft.
Wertschätzung fürs Instrument hat nachgelassen
Doch das ist im Laufe der Zeit immer schwieriger geworden. Die Wertschätzung habe nachgelassen, sagt Sohn Daniel Ruthenfranz. Da sei mittlerweile das Handy, der Fernseher, das Auto wichtiger. Auch Reparaturen würden seltener. „Die Menschen können da in der heutigen Wegwerfgesellschaft nicht mehr differenzieren“, sagt der 34-Jährige, der eine ganz andere Einstellung dem Instrument gegenüber hat.
Natürlich. Schließlich ist er selbst auch Klavierbauer. Ausgebildet hat ihn der eigene Vater. Den jungen Ruthenfranz fasziniert vor allem die Vielseitigkeit des Instruments. Und die Individualität eines jeden Klaviers. Minimale Dinge können hier einen Unterschied machen, etwa die Art und Güte des Holzes, das für den Resonanzboden verwendet wird, oder der Draht für die Saiten.
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Eigene Kompositionen auf dem Klavier
Gleichzeitig ist das Klavier für ihn aber auch eine Möglichkeit sich auszudrücken, ein Kanal für Emotionen. Seit er 16 Jahre ist, komponiert er selbst – wie einst der Großvater. Groß rauskommen will er damit nicht, ein paar Kompositionen hat er aber schon im Internet hochgeladen. Hauptberuflich ist Daniel Ruthenfranz als Technischer Support in der IT-Branche tätig.
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Das selten gewordene Handwerk des Klavierbauers - die einzige Berufsschule Deutschlands steht in Ludwigsburg, Baden-Württemberg - will er aber als zweites Standbein weiterverfolgen, sobald Vater Robert sich aus dem Familiengeschäft zurückzieht. „Er steht bereit, aber ich kann mir noch gar nicht vorstellen, gar nichts zu machen“ , sagt der 76-Jährige.
Die Liebe zum Klavier zieht sich übrigens durch die gesamte Familie Ruthenfranz: Auch Daniels Mutter hat früher selbst unterrichtet. Der 34-Jährige wiederum hatte Unterricht bei seinem Großvater mütterlicherseits. „Und Oma hat Opa geheiratet, weil er Klavier spielen konnte“, erinnert sich Robert Ruthenfranz. Auch wenn der Opa eigentlich Modellbauschreinermeister war und gar nicht wollte, dass sein Sohn – der spätere Gründer der Wittener Kammermusiktage – Musiker wird.
>>> Mehr Informationen zur Musikschule Ruthenfranz gibt es unter ruthenfranz.de/musikschule. Hier kann man übrigens nicht nur das Klavierspielen lernen, sondern etwa auch Gitarre, E-Bass, Trompete oder Orgel.
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