Witten. Viele Wittener meiden gerade abends den Lutherpark, obwohl er aus Sicht der Polizei kein Kriminalitätsschwerpunkt ist. Warum dann die Vorbehalte?
Der Lutherpark in Wittens Mitte hat teilweise einen schlechten Ruf. Wie gefährlich es dort besonders abends ist, darüber gehen die Meinungen auseinander – vor allem zwischen Polizei und Anwohnern. „Abends will ich da nicht hin!“, „Da gehe ich doch nicht durch!“ oder „Schon tagsüber sitzen dort Drogenabhängige“ – nur drei Aussagen von Bewohnern des Marienviertels zu dem grünen Fleck im Herzen der Stadt.
Sie stammen aus Befragungen, die in den letzten Wochen durchgeführt wurden und Teil eines Kooperationsprojektes zwischen Caritas und der Hochschule für Gesundheit aus Bochum sind. Rolf Kappel, Gemeinwesenarbeiter der Caritas im Viertel, hat das Projekt nach Witten geholt. Ziel ist es, die Lebenssituation im Quartier zu verbessern.
Anwohner sehen den Lutherpark in Witten kritisch
Ein erstes Ergebnis: Den Lutherpark sehen viele Anwohner kritisch: zu dreckig, dunkel und gefährlich. Gleichzeitig sei der Park für die Menschen, die hier leben, auch eine „grüne Oase“, betont Kappel. Schließlich sei das Marienviertel das Quartier mit den wenigsten Bäumen, der Park einer der wenigen Plätze, auf denen man sich aufhalten könne.
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Trotz der Angst vieler Anwohner: Für die Polizei ist der Park kein Hotspot für Kriminalität. Im laufenden Jahr habe es bislang 65 Einsätze gegeben. Also im Schnitt ein bis zwei pro Woche. „Hier gibt es keine Schwerkriminalität“, heißt es. Also etwa Sexualdelikte oder Überfälle. Ausnahmen bilden die Regel. So kam es im September 2021 in den Mittagsstunden im Park zu einer Messerstecherei, bei der ein 34-Jähriger lebensgefährlich verletzt wurde.
Polizei: Gefühlte Kriminalität viel höher als tatsächliche
Bei den insgesamt 65 Einsätzen im Lutherpark ging es 19-mal um Ruhestörung. Neunmal rückte die Polizei wegen Körperverletzung aus, konnte aber in nur fünf Fällen etwas feststellen. Dreimal ging es um Betäubungsmittel-Delikte. Letztere seien aber im niedrigsten Bereich anzusiedeln, sprich Marihuana. Beamte werden auch öfter zu Streits dazu gerufen, oder wenn eine „hilflose Person“ entdeckt wird. Schon jetzt würden regelmäßig Beamte in Zivil den Park im Auge behalten und eventuelle Störer ansprechen.
„Die gefühlte Kriminalität ist meist viel viel höher als die tatsächliche“, sagt Kriminalhauptkommissar Sebastian Meyer, beim Polizeipräsidium Bochum zuständig für Prävention und Opferschutz. Gemeinsam mit Rolf Kappel, dem Ordnungsamt und vielen Anwohnern machte er sich in dieser Woche selbst ein Bild vom Lutherpark.
„Jeder darf hier sein, sie gehören alle zum Viertel“
Dabei zeigte sich: Viel hat sich schon getan. So hat der Park durch einen massiven Rückschnitt von Hecken kaum noch wirklich dunkle und dicht bewachsene Stellen. Lediglich im unteren Teil fehlt auf dem Weg nördlich des Spielplatzes Beleuchtung. Insgesamt macht der Park einen aufgeräumten Eindruck. Nur die Mülleimer quillen bereits um zehn Uhr wieder über, obwohl sie erst frühmorgens geleert wurden.
„Der Park wird super angenommen. Viele Kinder spielen hier, oft sitzen Menschen auf Decken und spielen Karten“, bricht Anwohnerin Sylvia Plessow eine Lanze für die Grünanlage. „Ich finde, jeder darf hier sein, sie gehören doch alle zum Viertel.“ Man müsse nur freundlich sein, dann bekäme man das auch zurück. Damit meint sie auch diejenigen, die gerne schon tagsüber auf den Bänken sitzen und trinken – oder die Besucher der Anlaufstelle für Drogenabhängige, das Haus im Park (HIP).
Junge Mütter stören sich besonders an Trinkern
Diese Parkbesucher stören besonders Mütter mit kleineren Kindern und tragen somit viel zum Unsicherheitsgefühl der Frauen bei. Doch eine Lösung ist nicht in Sicht. Denn das Trinken ist im Park nicht verboten – nur auf dem Spielplatz. Um die Ängste der Anwohner vor dm „Haus im Park“ zu schmälern, ist nun ein gemeinsamer Besuch dort geplant. „Wir müssen keine Angst vor Menschen haben, die Drogen nehmen“, sagt Lilo Dannert, Grünen-Ratsfrau und im Vorstand des HIP. Dort werde sich wirklich gekümmert.
„Je belebter und attraktiver ein Ort ist, desto uninteressanter wird er für destruktive Kräfte“, sagt Polizist Sebastian Meyer. Der Dialog miteinander und auch ein Verantwortungsgefühl der Anwohner für den Park seien dabei wesentlich. Genau hier will Rolf Kappel mit seinem Quartiersprojekt nun ansetzen und den Park beleben – wie genau, wird sich noch zeigen.