Witten. 2018 waren sie das große Thema in Witten, die frühindustriellen Sensationsfunde auf Drei Könige. Aber wo bleibt das angekündigte Besucherfenster?

Es war eine Sternstunde für die Archäologen, die sich mit der Neuzeit befassen. Bei der Erschließung des neuen Gewerbegebiets Drei Könige in Witten wurde mit der Steinhauser Hütte (ca. 1854-1877) vor sechs Jahren ein Hüttenwerk aus dem 19. Jahrhundert entdeckt.

Als einzigartig gelten vor allem die sogenannten „Puddelöfen“. Eisen wurde dabei in großen Pfannen geschmolzen. Um die Überreste des frühen Stahlwerks für die Nachwelt zu erhalten, wurde lange über ein „Archäologisches Fenster“ diskutiert, eine Art Informationspunkt mit unterirdischem Blick auf diesen Teil des Geländes. Doch bis heute lässt es auf sich warten.

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Stadtbaurat Stefan Rommelfanger bestätigte jetzt auf Anfrage, dass dieser „wertvollste Kern“ - die Fundamente der Puddelöfen - nicht zerstört und stattdessen gesichert worden sei. Es handele sich um eine kleinere Fläche hinter der Post in dem längst fertigen Gewerbegebiet, die man nicht verfüllt habe. Die Diskussion, „ob und wie wir einen kleineren Info-Punkt machen“, ist aber offenbar immer noch nicht abgeschlossen. Man ahnt, woran es liegen könnte. „Es gibt noch keine Finanzierung“, sagt der Beigeordnete.

Kosten und Zeit sind schon 2018, als die industriellen Überreste durch mehrere Tagesbrüche ans Licht kamen, ein großes Thema für Politik und Verwaltung gewesen. Denn die Erschließung der so lang ersehnten neuen Firmengrundstücke geriet seinerzeit durch die Ausgrabungen nicht nur erheblich ins Stocken. Die zusätzlichen Erdarbeiten verschlangen auch eine Menge Geld, über 700.000 Euro, die aber förderfähig waren.

Dieses Bild von der Steinhauser Hütte findet sich im Märkischen Jahrbuch für Geschichte von 2019.  
Dieses Bild von der Steinhauser Hütte findet sich im Märkischen Jahrbuch für Geschichte von 2019.   © quelle: bundesarchiv

Mit dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe wurde nicht zuletzt darüber gestritten, wer eigentlich „Bauherr“ für ein mögliches „Archäologisches Fenster“ sein könnte - die Stadt Witten oder der LWL. Um die Entwicklung des 40.000 m² großen Gewerbegebiets nicht noch weiter zu behindern, wurden die ausgegrabenen Reste der Steinhauser Hütte und des damals ebenfalls entdeckten Bessemer Stahlwerks mit Ausnahme von maximal 3000 m² (Puddelöfen, Schornsteine, Walzstraße) bereits 2018 wieder eingeebnet - natürlich erst, nachdem alles dokumentiert war.

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Viel mehr ist seitdem nicht passiert. Es gab keine Doktorarbeit (die damals angekündigt war), es gibt wie gesagt noch keinen Info-Point, geschweige denn einen „Industriearchäologischen Park“, von dem die Wissenschaftler anfangs als Teil der „Route der Industriekultur“ zu träumen schienen. Auch ein „Dach“ war mal im Gespräch, wie bei der St. Antony-Hütte in Oberhausen, wurde aus Kostengründen aber ebenfalls wieder verworfen.

Ob und wann die Wittener, vielleicht ja sogar Besucher aus aller Welt, zumindest virtuell irgendwann einen Blick durch ein „Archäologisches Fenster“ auf die industriegeschichtlich bedeutsamen Puddelöfen werfen können, erscheint somit heute offener denn je. Der LWL verweist auf die Zuständigkeit der Stadt Witten als Eigentümerin des Geländes.

Sie müsse planerisch und baulich tätig werden, „wir würden das wissenschaftlich unterstützen“, sagt Wolfram Essling-Wintzer vom Landschaftsverband. Vorstellbar sei vieles. „Sie können einen ganzen Schacht machen oder auch nur eine Info-Stele mit QR-Code.“

Herner Ausstellung läuft immer noch

Für das Fachamt für Bodendenkmäler ist es nicht so wichtig, ob und wann die Steinhauser Hütte nun in welcher Form öffentlich präsentiert wird. Den Münsteranern kommt es vor allem darauf an, dass der sensible Bereich nicht überbaut wird und „geschützt im Boden liegt“.

Die Sonderausstellung „Modern Times“, die im Herner Museum Archäologie der Moderne zeigt, darunter die Steinhauser Hütte, läuft übrigens immer noch. Im Juni soll das Eisenhüttenwerk dort in einer Art Sonderstudio zu sehen sein. Der LWL arbeitet gleichzeitig an einem 3-D-Modell. Nur Witten sucht noch ein förderungsfähiges Konzept.