Witten. . Die LWL-Experten sprechen sich klar für den Erhalt dieses Teilbereichs auf Drei Könige aus. Zwei Drittel der Hüttenreste sind schon eingeebnet.
Soll das bleiben – oder kann das weg? Für Dr. Manuel Zeiler (41), Archäologe beim LWL in Münster, ist das keine Frage: Der Puddelofen, der bei den Ausgrabungen auf der Brache Drei Könige freigelegt wurde, soll auf jeden Fall für die Nachwelt erhalten werden. Ob das auch geschieht und falls ja, in welcher Form, ist aber noch völlig offen.
40.000 m2 ist das künftige Gewerbegebiet insgesamt groß, mit dem die Stadt Anfang 2019 an den Markt gehen will. Etwa 15.000 m2 misst die Standfläche der Steinhauser Hütte und des Bessemer Stahlwerks, die im Frühjahr entdeckt wurden. Für die umfangreichen und bis zu in acht Meter Tiefe reichenden Zeugnisse der Industrialisierung im 19. Jahrhundert gilt – mit der Zustimmung des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL) – weiterhin die Devise: Freilegen, dokumentieren und dann einebnen, um standfesten Untergrund für die künftigen Betriebe zu schaffen. Zwei Drittel dieses Auftrags haben die Tiefbaufirma und die Mitarbeiter von zwei Archäologie-Büros bereits erledigt.
Ein Fünfzigstel der Gewerbefläche
Bleibt die Frage, ob dieses Schicksal auch den Puddelofen und seine Nebenanlagen treffen soll, die im Norden, nah der Bahnstrecke liegen. Ihre Grundfläche von 800 m2 macht zwei Prozent, also ein Fünfzigstel der Gesamtfläche aus. Für deren Rettung plädiert die Fachwelt. „Der Puddelofen ist einer der besterhaltenen in Europa“, erklärte Dr. Manuel Zeiler am Donnerstag gegenüber der WAZ vor Ort. Ein ähnliches Exemplar gebe es nur in England. Erhalten sind hier wie dort nur Fundamente. „Einzigartig ist, dass wir hier mit dem Ofen, der Walzstraße und dem Hammer ein schönes Ensemble haben, an dem man den ganzen Werksprozess in der Fabrik ablesen kann.“
Beim Puddeln wurde Roheisen in großen Pfannen geschmolzen. Arbeiter, die großer Hitze ausgesetzt waren, rührten es von der Seite mit langen Stangen durch, um die Schlackeschicht zu durchbrechen. Gleichzeitig strich heiße Luft darüber, um dem Eisen Kohlenstoff zu entziehen. Das Ergebnis des Puddelverfahrens, das etwa 24 Stunden dauerte, war schmiedbarer (Massen-)Stahl. Die Arbeit in der dazugehörigen Walzstraße entspreche genau dem, was der Industriemaler Adolf von Menzel (1815-1905) auf seinem berühmten Gemälde „Das Eisenwalzwerk“ festgehalten habe, sagte Dr. Zeiler. „Das sah hier im Original genau so aus.“
Das Fachamt für Archäologische Denkmalpflege begrüße daher „außerordentlich“ die Überlegungen der Stadt Witten, diesen Teilbereich zu erhalten. Das letzte Wort darüber werden die Lokalpolitiker im Umweltausschuss und im Rat sprechen. Die städtische Stabsstelle Umwelt wird für die erste Sitzung nach der Sommerpause dazu eine umfangreiche Verwaltungsvorlage erarbeiten. Dabei gilt es dann, den Erhalt eines bedeutsamen Zeugnisses der Industriegeschichte gegen ein Stück einer neuer Gewerbefläche abzuwägen.
Zeit der Hüttenwerke endete schon 1874
Die entdeckte Altlast betrifft eine andere Walzstraße. Diese ist hochgradig mit lipophilen Stoffen (Fetten) und polyzyklischen Aromaten (PAK) belastet. Die Entsorgung beginnt in der nächsten Woche.
Der Betrieb der Steinhauser Hütte und des Bessemer Stahlwerks wird jetzt auf 1854 bis 1874 eingegrenzt. Danach gab es auf den Resten eine Ziegelfabrik für feuerfeste Steine, eine Kondensatorenfabrik und eine Drahtzieherei. 1920 übernahm die Reichsbahn das Areal.
Nur von der Bessemer Hütte wurden 150.000 Aufnahmen gemacht. Sie werden zum virtuell begehbaren 3-D-Modell zusammengefügt. Der Puddelofen könnte im Falle seines Erhalts gegen weiteren Verfall gesichert werden, z.B. ein Dach oder Sichtfenster bekommen. Die Stelle könnte ein Infopoint für alles werden. Die Präsentation ist laut Stadt noch völlig offen.