Witten. Unternehmer Julian Pier würde gerne auf Drei Könige in Witten bauen. Doch die Genehmigung lässt auf sich warten. Was er der Stadt vorwirft.

Vor fast zweieinhalb Jahren ist der offizielle Startschuss für das neue Gewerbegebiet Drei Könige in Witten gefallen. Bislang hat allerdings nur die Deutsche Post DHL auf dem rund 31.000 m² großen Gelände gebaut. Im Oktober vergangenen Jahres wurde deren neues Verteilzentrum eröffnet. Weitere Betriebe? Fehlanzeige. Und das, obwohl bereits im Januar 2020 zwei Drittel der Flächen verkauft waren. Unternehmer erheben nun schwere Vorwürfe gegen die Stadt. Diese verzögere durch eine übermäßig lange Bearbeitungszeit der Bauaufträge, dass die Firmen dort loslegen könnten.

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Einer, der mittlerweile die Geduld verloren hat, ist Julian Pier. Der Fliesenleger-Meister hat im März 2021 ein fast 2.400 m² großes Baugrundstück auf Drei Könige erworben. Dort sollen Werkstatt, Lager, Ausstellungshalle und das Büro des 15-Mann-Betriebes ihren neuen Sitz finden. Den Bauantrag hat der 31-Jährige nach eigener Aussage im Oktober eingereicht. Seitdem wartet er auf eine Genehmigung.

Fliesenlegermeister schickt Brandbrief an die Stadt Witten

Nun hat er einen Brandbrief an die Stadt geschickt, unter anderem an Bürgermeister Lars König. Ein Akt der Verzweiflung, weil er nicht wisse, wie er sich sonst Gehör verschaffen solle. „Im März habe ich das erste Mal nachgefragt, weil die Vorprüfung eines Bauauftrags laut Landesbauordnung eigentlich innerhalb von zehn Tagen erfolgen soll“, sagt Pier.

Eine erste Rückmeldung habe er aber nach mehrmaligem Drängen erst nach 110 Werktagen Ende März erhalten. Für Pier „eine absolute Frechheit“ und ein „absolutes Desaster“. Die fehlenden Unterlagen – etwa ein Gutachten zur Lärmkontingentierung – habe er kurzzeitig nachgereicht.

Noch ganz schön viel Platz ist im neuen Gewerbegebiet Drei Könige in Witten. Bislang hat hier nur die Deutsche Post DHL gebaut.
Noch ganz schön viel Platz ist im neuen Gewerbegebiet Drei Könige in Witten. Bislang hat hier nur die Deutsche Post DHL gebaut. © www.blossey.eu | Hans Blossey

„Haben nicht mit der Unfähigkeit der Stadt gerechnet“

Er habe im neuen Gewerbegebiet zeitnah bauen und dorthin umsiedeln wollen, um expandieren zu können. „Allerdings haben wir da nicht mit der Unfähigkeit der Stadt Witten gerechnet“, ärgert sich der Handwerksmeister. Zunächst habe er auch noch Verständnis gehabt, etwa wenn auf den Hackerangriff verwiesen wurde. Irgendwann aber fühlte er sich nur noch „abgewimmelt“.

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Dem Bauordnungsamt wirft der 31-Jährige auch Nachlässigkeit vor. So habe er bei seinem letzten Telefonat mit der zuständigen Sachbearbeiterin vor wenigen Tagen erfahren, dass eine Stellungnahme seitens der ESW zur Entwässerung fehle. Als der Jungunternehmer daraufhin selbst bei der städtischen Entwässerung anrief, erhielt er die Auskunft, dass die Stellungnahme bereits seit Dezember 2021 vorliege. Es sei aber ein Mausklick vergessen, die Stellungnahme deshalb nicht verschickt worden. Aber es habe bislang eben auch nie jemand nachgefragt, so Pier.

Unternehmer hat Bauantrag bereits im August 2020 eingereicht

Noch schlimmer als Julian Pier hat es Cristiano Marques getroffen. Der Unternehmer hat seinen Bauantrag bereits im August 2020 eingereicht. Ein erstes Feedback erhielt er im März 2021. „Und aktuell sind wir immer noch ohne Genehmigung“, ärgert sich der 43-Jährige. Auf einem 6.500 m² Grundstück soll eine 1.500 m² große Lagerhalle mit der Option auf Erweiterung entstehen.

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Die zeitliche Verzögerung nimmt der E-Commerce-Händler zum Teil auch auf die eigene Kappe. Nachdem das Brandschutzkonzept beanstandet wurde, habe er es erst im September 2021 wieder eingereicht und dem Bauordnungsamt persönlich vorgestellt.

Sechs Monate, um zu reagieren?

„Und danach ist nichts, aber auch gar nichts passiert.“ Es folgten unzählige Anrufe, Mails, ein Brief. „Sehr viel Druck“ habe er ausgeübt. Zwischenzeitlich sei auch ein Gespräch mit dem Amtsleiter zustande gekommen. Doch erst im April habe er offiziell eine Rückmeldung bekommen: erneut mit einer Beanstandung des Brandschutzkonzeptes. „Warum braucht man sechs Monate, um zu reagieren?“, fragt sich Marques.

Mittlerweile hat er für seinen Betrieb als Zwischenlösung eine neue Lagerhalle und neue Büroräume angemietet. „Dieses Jahr wird das nichts mehr mit Bauen“, sagt Marques. Auch, weil die Baupreise so in die Höhe geschossen seien. Das stelle nun einige Betriebe vor Probleme. Unternehmer Pier etwa rechnet mit mindestens 40.000 Euro Mehrkosten für seinen Neubau.

Stadt sieht Bedarf und Druck der Unternehmer

Dem Bauordnungsamt sei der „Bedarf und der Druck bei den Unternehmen“ bewusst, heißt es bei der Stadt. Grundsätzlich seien „all die Projekte genehmigungsfähig“. Es seien mehrere unglückliche Umstände zusammengekommen: der Hackerangriff und ein hoher Krankenstand durch Corona. Hinzu komme, dass bei Baugenehmigungen oft externe Behörden und Ämter miteinbezogen werden müssen. Deren Bearbeitungszeit liege nicht in der Hand der Stadt.

Derzeit dauert es in Witten zwischen drei und zwölf Monaten, bis ein Bauantrag genehmigt ist. Das sei länger, als es noch vor ein bis zwei Jahren der Fall war, so die Stadt. Speziell bei der Vorprüfung der Anträge habe man aber bereits umstrukturiert und würde sich nun wieder der vorgeschriebenen Dauer von zehn Tagen annähern.

Die Anträge für Neubauten auf Drei Könige seien im Bauordnungsamt in der Prioritätenliste auch ganz nach oben gerutscht. Man habe Julian Pier nach seinem Brandbrief nun auch angeboten, ihm eine Teilbaugenehmigung zu erteilen.