Witten. Zurück aus der Sonne, rein ins Wittener Schmuddelwetter: Die ersten Eisdielen sind schon wieder geöffnet. Es gibt Neuigkeiten auf der Terrasse.
Ein grauer Montag im Februar mittags um zwölf - wer hat da schon Lust auf Schokolade im Hörnchen oder Spaghetti-Eis? Denkste. „Eis schmeckt immer“, sagt Zoe (14), die sich mit ihren Freundinnen gerade über Biene Maja und Banana-Cup hermacht. Wozu hat man denn eine Freistunde? Die Schiller-Schülerinnen lassen es sich jedenfalls schmecken.
Tatsächlich sind die ersten Eisdielen in der Stadt seit einigen Tagen schon wieder geöffnet. Den Anfang im Zentrum haben „Dolce Vita“ am Berliner Platz und Simonetti in der Ruhrstraße gemacht. Weitere wollen im März, im Frühjahr folgen, etwa „I am love“ am Berliner Platz und „de Lorenzo“, die kleine Eisdiele in der oberen Bahnhofstraße. Und, ja natürlich, auch die Stadtteile stehen gelatimäßig in den Startlöchern.
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Wir kehren noch mal zu den Schiller-Schülerinnen zurück, die es sich auf den hellgrünen Polstern von Ettore Bortoluzzi in dem Eiscafé zwischen Stadtgalerie und Berliner Platz gemütlich gemacht haben. Zugegeben: Mit ihren Eisbechern sind die Mädchen zu dieser Jahreszeit eher noch die Ausnahme. Die meisten Gäste sind in der Regel älter und trinken Kaffee oder Cappuccino. Jürgen (70) und Annette (67) Strom sowie Wolfgang Stark (75) zum Beispiel, die wir am Nebentisch treffen.
Das Renter-Trio plaudert munter über die nächsten Urlaube. „Wann fährste denn?“ „Im September.“ „So spät?“ „Ich freu mich schon auf den Osterurlaub.“ Eine ältere Dame, die einen Milchshake hatte, verlässt unterdessen mit ihrem Rollator die Eisdiele. Chef Ettore ist mit seinem Mitarbeiter Gian Matteo zurzeit noch allein. Es gibt ja noch kein großes Vor-der-Tür-Geschäft. Wobei: Auch da hört man schon ein „Kalimera“. Die Stammkunden mit griechischen Wurzeln sind längst wieder da, die Aschenbecher zwischen den Kaffeetassen füllen sich. Schon lange sind die Eiscafés die neuen Raucherclubs. Natürlich nur im Außenbereich.
Aber auch drinnen haben sich die Eisdielen immer mehr zu Cafés gemausert. Es gibt Käsekuchen und Tiramisu, Simonetti wirbt auf einem Schild vor der Tür mit Waffeln, heißen Kirschen, Vanilleeis und einem Pott Kaffee zum Sonderpreis. An Eissorten gibt‘s zu diesem frühen Saisonstart noch nichts Neues zu verkünden. Simonetti-Besitzer Ümit Kösker (49) kündigt zum Frühling den ein oder anderen neuen Trend an. Dafür zeigt er jetzt schon voller stolz die neue Terrasse.
Zumindest das Pergola-Dach ist ganz neu. Wie die Veltins-Arena auf Schalke lässt sie sich per Knopfdruck öffnen. Die Investition zwischen 40- und 50.000 Euro könnte ein richtiger Hit an regnerischen oder kühlen Tagen werden. Momentan genießt ein älteres Ehepaar den Draußen-Genuss hinter Glas noch unter einem verschlossenen Dach. „Das ist wie für uns gemacht“, sagt die Kundin begeistert und blickt ins helle Rund mit zirka 40 Sitzplätzen und kleinen Tischen. Die provisorische Zeltplane war gestern.
Kösker und sein Team haben in den letzten Jahren aus dem Simonetti mehr als einen Eistreff gemacht. Es gibt Frühstück und Sandwiches, „Dolce Salato ist unser Bestseller“, sagt Vize-Chef Iwan Chrstov (33). Gemeint ist ein Frühstück zu zweit, mit Prosecco und Lachs. Wer‘s weniger üppig mag, bestellt nur ein belegtes Brötchen. Die Crew an der Ruhrstraße will in dieser Saison auch wieder mit einem Wein- und einem Cocktailabend punkten.
Während die Außengastronomie bei Simonetti die Sonne am Nachmittag hat, scheint sie beim „Dolce Vita“ am City-Bogen in der Regel morgens. Falls sie sich denn überhaupt mal wieder sehen lässt. Aber die Saison ist ja lang. Bis Oktober oder November bleiben die Kugel-Komponisten aus den Dolomiten oder der Türkei.
Die Preise gehen eher rauf oder bleiben im besten Falle stabil. Nach Corona, Ukraine-Krieg, Lieferkettenproblemen und höheren Energie- sowie Lebensmittelpreisen, die bereits im letzten Jahr beziehungsweise 2022 Schoko, Stracciatella und Milchkaffee teurer werden ließen, lässt diesmal die Mehrwertsteuererhöhung grüßen.
Bei Simonetti ist das Bällchen Eis zum Saisonstart 20 Cent teurer geworden und kostet jetzt 1,70 Euro. Auch die Sahne schlägt mit 20 Cent mehr zu Buche und kostet nun ebenfalls 1,70 Euro. Bei den Eisbechern macht die Erhöhung ungefähr 50 Cent aus, wie es heißt.
Wittener Eisdielenbetreiber zur Mehrwertsteuererhöhung: „Ich muss das erst mal checken“
„Ich muss erst mal kalkulieren und das richtig checken“, sagt Ettore Bortoluzzi vom „Dolce Vita“ am Berliner Platz, gefragt nach möglichen Auswirkungen der Mehrwertsteuererhöhung. „Wenn nötig, werden wir aufrunden.“ Doch er wolle seinen Kunden erst einmal nicht „wehtun, wir wollen ja hierbleiben“. Und bei den Preisen schmilzt ja jetzt schon keiner dahin. Die Eisbecher kosten um die sieben bis acht Euro, die Kugel im Hörnchen 1,50 Euro, Sahne gibt‘s für 1,20 Euro. Eine Tasse Kaffee schlägt mit 2,80 Euro zu Buche, der Cappuccino mit 3,20.
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„Dafür schmeckt der Kaffee hier unheimlich gut“, sagt Annette Strom, die Frau vom lustigen Rentertrio, das wir am Anfang vorgestellt haben. Nein, ins Café auf der oberen Bahnhofstraße geht sie nicht mehr. „Wenn du da einen Cappuccino bestellst, ist der ja kalt.“ Eis essen die Ruheständler, die sich früher immer samstags getroffen haben, „nur im Sommer“. Allenfalls gönnen sie sich mal einen zweiten Kaffee oder eine Waffel.
Die Schiller-Schülerinnen genießen derzeit ihre Eisbecher. Eine der Teenagerinnen hat sich für das Kinderspaghetti-Eis entschieden. Sie können zwar Informatik, aber bunte Streusel obendrauf müssen sein. An einem trüben Februar-Montag in Witten erst recht.
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