Witten. Die Saison ist bald zu Ende und die Wittener Eisdielen ziehen Bilanz. Haben der regenreiche Sommer und die höheren Preise das Geschäft getrübt?
Schönstes Eis-im-Hörnchen-Wetter mitten im Oktober, das hat man auch nicht alle Tage. Zumindest am Mittwoch herrscht in den Wittener Eisdielen noch großer Andrang. Doch mit dem jetzt angekündigten schlechter werdenden Herbsttagen rückt auch das Saisonende für Stracciatella und Erdbeerbecher unaufhaltsam näher. Genau die richtige Zeit, um eine eiskalte Bilanz zu ziehen.
Lesen Sie auch:
- Sorten, Preise, Neuheiten: Was Wittens Eidielen 2023 bieten
- Eis von Simonett i wird jetzt nach Hause geliefert
- „De Lorenzo“ ist die wohl älteste Eisdiele Wittens
Die Tische sind alle besetzt, die Sonne scheint, da lacht das Herz von Giovanni und Teresa Vizzini. Vier Tage noch, dann ist es geschafft. Am Sonntag heißt es „Finito“. Die im Februar oder März beginnende Saison war ja mal wieder lang genug. Am 15. Oktober schließen sie ihre Eisdiele an der Pferdebachstraße und machen erst mal Ferien in der Heimat. Pescara ruft, ein Städtchen in Mittelitalien, „gegenüber von Rom“. Bella Italia statt Bananenbecher am Bahnübergang Ziegelstraße – ciao Witten! Wie die Saison war?
„Mehr als super“, sagt Teresa (47), „trotz Baustelle, trotz Regen.“ Gemeint sind die ungewohnt nassen Tage im Juli und August. Wirklich verhagelt hat ihnen das das Geschäft mit Schokolade und Vanille, Waffeln und Wallnusseis aber nicht. „Dafür war der September noch mal richtig schön“, sagt Iwan Christov, der die Eisdiele Simonetti an der Ruhrstraße leitet. Trotz der Preiserhöhungen, die es allerorten gab, und des teilweise verregneten Sommers ziehen die Eisdielen ein positives Fazit.
Der Bulgare spricht sogar von einem Umsatzplus von bis zu 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damals brach der Ukraine-Krieg aus, die Energie- und Lebensmittelpreise schnellten in die Höhe und Corona war auch noch nicht ganz weg. Dass die Kugel Eis im Schnitt um 20 Cent teurer wurde, dafür zeigten die Kunden aber Verständnis. „Die Leute wissen ja, dass alles teurer geworden ist“, sagt Christov.
„Zucker und Sahne sind immer noch extrem teuer“, so der 33-Jährige. Da machte das Spaghetti-Eis sogar einen Sprung von 5,50 auf 6,50 Euro. Es geht auch noch mehr, wie sich in der unmittelbaren Nachbarschaft zeigt. Doch am Ende siegt die Lust auf Mokka und Malaga. Wobei der Sommerhit bei Simonetti ein anderer war: „Ciuvi Ciuvi“, besser bekannt als Pistazie.
Abends um halb sieben noch Andrang an der Eistheke
Es ist fast halb sieben und bei Lorenzo Olivier herrscht immer noch Gedränge am Tresen. „Mit Streusel?“, fragt er das kleine Mädchen, nachdem er zwei Kugeln Eis in ein Hörnchen gefüllt hat. „So Süße, bitte sehr!“ Die kleine Kugel kostet bei ihm einen Euro, die große 1,50 Euro. Der 62-Jährige, der seit 46 Jahren in dritter Generation eine Eisdiele („De Lorenzo“) in Witten betreibt, hat nur die Preise für die „Spezialitäten“ um zehn Prozent erhöht. Gemeint sind die Eisbecher..
Michaela hat sich in der Mini-Eisdiele auf der oberen Bahnhofstraße für die Sorte Nelke-Zitrone entschieden, Partner Jörg für „Snickers“. „Drei Euro für die Größe, da kann man nicht meckern“, sagt die 58-Jährige. Was zähle, sei ohnehin die Qualität. „Sehr gut“, lautet der eindeutige Kommentar. Auch Lorenzo ist mit der Saison zufrieden.
Er stellt das Eis immer noch nach dem alten Familienrezept her, das er natürlich nicht verrät. Der Mann stammt wie viele seiner Kollegen aus den Dolomiten, einer einst armen Bergregion in Italien, die die besten Eismacher der Welt hervorgebracht hat. Ende Oktober, wenn in Witten Schluss ist, kehrt er dorthin zurück.
„Giovanni De Lorenzo eröffnete 1930 die erste italienische Eisdiele in Witten an der Ruhr“, heißt es in dem Begleittext zu einer früheren Ausstellung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe. Dort erfährt man auch: „Während des Booms der 1950er Jahre gründete die Familie weitere Eiscafés, so dass fast jedes erwachsene Familienmitglied eine eigene Eisdiele betrieb. Dario De Lorenzo übernahm die Eisdiele in Witten, sein Cousin Fabrizio und dessen Schwester Lorena die Eisdiele in der Obernstraße in Bielefeld.“
Damals gab es sicherlich noch keine Kuhbar, wo Kim an diesem Abend gerade schon saubermacht. Wahrscheinlich habe man noch bis Mitte November geöffnet, sagt die 25-Jährige. Das hänge auch vom Wetter ab. Und wie war die Saison? „Ganz gut.“ Und welche Sorte lief am besten? „Haferflocke.“
Bei der Eisdiele „I am love“ am Berliner Platz fiel die Wahl der meisten Kunden auf „Himbeer-Minze“. Dort ist das Eis sogar noch etwas teurer, dafür aber teilweise auch vegan. Nebenan sprudeln an diesem sonnigen Mittwoch noch die Fontänen. Dass es bald kalter Regen sein könnte – kaum vorstellbar. Ciao, Gelato, ciao du schöner Spätsommer! Bis zum nächsten Jahr.