Witten. Das Mobilitätskonzept für Wittens Innenstadt ist gerade frisch beschlossen. Aus Radfahrersicht fehlen aber wichtige Punkte.

Weniger Verkehr und parkende Autos in der City, dafür attraktivere Angebote für Fußgänger und Radfahrende: So soll sich die Innenstadt von Witten in den kommenden Jahren entwickeln. Zumindest steht das im neuen Mobilitätskonzept, das die Stadt unlängst verabschiedet hat. Gute Aussichten also für den Radverkehr?

„Auf einem Konzept kann man nicht Fahrrad fahren“, sagt dazu Wittens Fahrradbotschafter Andreas Müller. Entscheidend sei nun, wie ernst es Politik und Verwaltung damit meinten. Im Prinzip übernimmt das neue Konzept die Maßnahmen des Radverkehrskonzeptes. Müller: „Es sind aber auch interessante neue Sachen dabei, aus denen sich etwas machen ließe.“ Etwa die Idee einer Fahrradstraße parallel zur Ruhrstraße, von der Husemannstraße aus bis zum Ledderken und dem Rheinischen Esel.

Fahrradbotschafter Andreas Müller zeigt eine Gefahrenstelle an der Bergerstraße in Witten.
Fahrradbotschafter Andreas Müller zeigt eine Gefahrenstelle an der Bergerstraße in Witten. © FUNKE Foto Services | Jonas Richter

Wittener Fahrradbotschafter freut sich auf neue Fahrbahnmarkierungen

Als Erstes freut sich Müller aber auf weitere Fahrbahnmarkierungen, die bald umgesetzt werden sollen. Etwa der Lückenschluss zwischen der Alfred-Herrhausen- und der Rebecca-Hanf-Straße. Ebenso entlang der Herbeder Straße zwischen Fischertalweg und Ruhrdeich. „Es ist toll, dass das jetzt wirklich kommt“, sagt der 72-Jährige.

Auch an der Husemannstraße wird es eine Neuerung geben. Wer dort links auf die Ruhrstraße abbiegen möchte, muss sich als Radfahrer bislang vom Bordstreifen ganz rechts auf den Radstreifen und dann über die Geradeaus-Spur in den Autoverkehr einfädeln. Hier soll nun eine Linksabbiegespur für Radfahrende entstehen, die durch gelbe Leitschwellen begrenzt ist.

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Generell sei das Mobilitätskonzept aber erst „ganz frisch beschlossen“, betont Planungsamtsleiter Sebastian Paulsberg. Es sei wie ein „Werkzeugkasten“. Die insgesamt über 300 Maßnahmen und Vorschläge müssten nun konkretisiert und geprüft werden. „Erst dann werden auch die Kosten greifbar.“ Apropos Kosten: Noch fehlt auch der Haushalt für 2024.

Fußgänger-Check und Leihfahrräder

Als Erstes will Paulsberg einen Förderantrag für einen sogenannten „Fußgänger-Check“ auf den Weg bringen. Damit soll ausgelotet werden, welche konkreten Änderungen die Innenstadt für Fußgänger leichter erreichbar und attraktiver machen. Man überlege auch, wie sich das Angebot der Leihfahrräder von „Metropolrad Ruhr“ weiter in der Stadt etablieren ließe. Zunächst einmal wolle man den Testzeitraum verlängern, so Paulsberg, der nur noch bis in den Frühsommer reicht.

Susanne Rühl war 16 Jahre Vorsitzende des ADFC im EN-Kreis. Jetzt vertritt sie den Fahrradclub als Sprecherin der neu gegründeten Ortsgruppe Witten. Hier spricht sie bei der Eröffnung der neuen Brücke des Rheinischen Esels über die Pferdebachstraße.
Susanne Rühl war 16 Jahre Vorsitzende des ADFC im EN-Kreis. Jetzt vertritt sie den Fahrradclub als Sprecherin der neu gegründeten Ortsgruppe Witten. Hier spricht sie bei der Eröffnung der neuen Brücke des Rheinischen Esels über die Pferdebachstraße. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Im laufenden Jahr soll es außerdem eine Befragung zum Thema Anwohnerparken geben. Dabei geht es unter anderem darum, wie weit die Menschen, die in der City leben, bereit wären, zu ihrem Parkplatz zu laufen. Die Idee dahinter: Man will die meist leeren Parkhäuser und Tiefgaragen mit Anwohnerfahrzeugen füllen. „Quartiersgaragen“ nennt sich das.

Erst kürzlich hat die Stadt ihre Gebühren fürs Anwohnerparken allerdings auf dem niedrigen Niveau von 30 Euro pro Jahr bestätigt. Wie es mit den anderen Parkgebühren weitergehen solle, werde nun überlegt, sagt Sebastian Paulsberg. Das Konzept schlägt eine Verdoppelung vor. Künftig soll eine halbe Stunde einen Euro kosten.

Fahrradlobby beklagt fehlende Stellplätze für E-Bikes und Lastenräder

Für Andreas Müller und Susanne Rühl, Sprecherin der ADFC-Ortsgruppe Witten, hat die geplante Befragung aber eine große Leerstelle. Denn die Stadt nehme dabei nur die Autos in den Blick. „Aber was machen die Anwohnerinnen und Anwohner, die ein hochwertiges Fahrrad, ein E-Bike oder Lastenrad fahren?“ so Rühl.

Sie seien darauf angewiesen, ihr Gefährt sicher unterstellen zu können - und am besten dabei nicht zahlreiche Treppen mit dem Rad auf der Schulter steigen zu müssen. Schließlich verfügen in der dicht besiedelten Innenstadt die wenigsten Menschen über eine eigene Garage. Rühl: „Aber das ist bisher nicht angedacht.“

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Das Mobilitätskonzept für die Innenstadt ist für sie ohnehin nur ein kleiner Ausschnitt dessen, was nötig wäre. Die 66-Jährige verweist etwa auf die Anbindung der verschiedenen Stadtteile an die City. Besonders der Weg von und nach Heven über die Herbeder Straße sei „dringend verbesserungswürdig“. Denn die Holperpiste kann für Radfahrende nicht nur ungemütlich, sondern auch gefährlich sein.

Schon mit einer kleinen Änderung könnte die Stadt zumindest ein wenig Abhilfe schaffen, sagt Rühl. Richtung Innenstadt ist der Gehweg bereits für Radler freigegeben, in der Gegenrichtung aber nur auf einem kleinen Teilstück. Schon mehrfach habe sie die Verwaltung gebeten, das zu ändern. „Denn die Hevener haben ja keine andere Möglichkeit.“

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