Witten. Ein Thema, das die Gemüter spaltet: Sollte man Radfahren in der Wittener Fußgängerzone freigeben oder Verstöße eher ahnden? Die aktuelle Debatte.
Es ist ein alter Streit, der jetzt wieder hochkocht. Laut SPD beschweren sich immer mehr Passanten über rücksichtslose Radfahrer in der Bahnhofstraße. Womit sich eine alte Frage neu stellt: Sollte man das Radfahren in der Fußgängerzone nicht nur (wie es jetzt schon der Fall ist) tagsüber verbieten, sondern im Zweifelsfall auch öfter mal ahnden, sprich Verwarnungsgelder verhängen? Gleichzeitig gibt es Stimmen, die eine zumindest teilweise Freigabe der Einkaufsmeile für Radfahrer testen wollen.
Nicht nur ältere Passanten in Witten sind betroffen
Einige Radfahrer würden sich ihren Weg so zügig zwischen den Fußgängern suchen, dass gerade Seniorinnen und Senioren gefährdet werden, heißt es in einer Anfrage der SPD an Bürgermeister Lars König. Nicht nur ältere Passanten sind betroffen, wie die WAZ vor Ort festgestellt hat.
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Es gibt rücksichtsvolle Radfahrer, die schieben, es gibt skrupellose, die die Bahnhofstraße hinuntersausen und sich sogar am Extrablatt, einem gefährlichen Nadelöhr, in die Kurve legen, und es gibt solche, die in der Mitte fahren – also dort, wo die Straßenbahnschienen sind. Da herrscht in der Regel weniger (Fußgänger-) Verkehr. Verboten bleibt es trotzdem, darauf weisen Schilder überall dort hin, wo die Fußgängerzone beginnt: „Rad fahren frei 20-8 h“ – also am frühen Morgen, abends und nachts darf man auch in der Fußgängerzone radeln.
Fragt man Passanten und Radfahrer selbst, gibt es unterschiedliche Meinungen. Wir treffen Gertruda, die vorbildlich schiebt. Die anderen, die es nicht tun, hätten es wohl eilig, sagt sie diplomatisch und zeigt in Richtung untere Bahnhofstraße. Da sei weniger los, dort könne man das Radfahren erlauben, findet die 63-Jährige.
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Tatsächlich steht es nach Angaben von Fahrradbotschafter Andreas Müller sogar im Radverkehrskonzept, dass man das Fahrradfahren zumindest testweise zwischen Breddestraße und Berliner Platz einmal gestatten sollte. Die untere Bahnhofstraße zwischen Breite Straße und Breddestraße könnte nach Ansicht Müllers sofort freigegeben werden. „Es ist überhaupt nicht einsehbar, warum dort Autos Tag und Nacht fahren dürfen und Radfahrer nicht einmal in die Stadt hineinfahren dürfen.“ „Kritisch“ sähe der 70-Jährige aber eine Freigabe der oberen Bahnhofstraße. „Dort schiebe ich auch.“
Gefragt nach einer testweise Öffnung der Bahnhofstraße, heißt es seitens der Stadt: „Derzeit gibt es dazu keine Überlegungen.“ Was mögliche Kontrollen beziehungsweise Bußgelder angeht, verweist Verwaltungssprecherin Lena Kücük auf die Polizei.
Die führt Kontrollen allenfalls im Rahmen ihrer normalen Streifengänge und Fahrten durch, wie es auch der Kommunale Ordnungsdienst der Stadtverwaltung zu tun pflegt. Dass das Ordnungsamt keine Verwarn- oder Bußgelder gegen Fahrradfahrer verhängen darf, weil es sich dabei ja um fließenden Verkehr handele, wird seitens der Polizei übrigens anders gesehen. „Wo man nicht reinfahren darf, gibt es auch keinen fließenden Verkehr. Selbstverständlich kann die Stadt solche Ordnungswidrigkeiten verfolgen“, sagt ein Präsidiumssprecher. Je nach Art der Gefährdung könne ein Verwarngeld zwischen 25 und 40 Euro fällig werden.
Unfälle zwischen Fußgängern und Passanten hat es bisher zum Glück nur wenige gegeben (offiziell nur einen). Insgesamt verunglückten laut Polizei sechs Fahrradfahrer in den letzten drei Jahren, etwa, weil sie mit den Reifen in die Schienen gerieten.
Bianca (19), eine Passantin, ist „eher gegen“ das Radfahren in der Bahnhofstraße – wegen der Unfallgefahr. Nutzer bei WAZ-Facebook schreiben: „Man muss als Fußgänger enorm auf seine Sinne und Reflexe achten.“ Oder aber ironisch kommentierend: „Da viele Radfahrer mittlerweile die Gehwege nutzen, ist es nur konsequent, auch die Fußgängerzone mitzubenutzen!“