Witten. Am Günnemann-Kotten in Witten wird am Sonntag (14.1.) Richtfest gefeiert. Ein Meilenstein für den Verein. Doch ihn plagen weiterhin Sorgen.
Der Kaiser ist tot, im ganzen Land toben die Bauernaufstände und am Günnemann-Kotten wird Richtfest gefeiert. Nein, wir schreiben nicht das Jahr 1786. Rund 238 Jahre nach seiner Errichtung weht über dem alten Bauernhaus in Witten-Rüdinghausen nun wieder der Kranz der Zimmerleute. Und nach mehr als acht Jahren harter Arbeit kann der Verein zum Erhalt des Kottens nun tatsächlich sagen: Das historische Gebäude ist gerettet.
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Was hatten die Mitglieder in dieser Zeit nicht alles an Schwierigkeiten überwinden müssen: Mit viel Mühe wurden Tausende Euro an Spendengeldern eingesammelt, der Privatverkauf abgewendet, das Haus bei einer nervenaufreibenden Zwangsversteigerung in letzter Minute (und mit den letzten Cents) ergattert - und das alles immer mit der Angst im Nacken, dass der alte Kotten seinen Rettern unterdessen über den Köpfen zusammenfallen könnte.
Wittener Bauordnung stand kurz vorm Richtfest vor der Tür
Und selbst das Richtfest drohte tatsächlich noch zu platzen. Am Freitagmorgen (12.1.), kurz bevor die Zimmerleute den Kranz hochziehen wollten, stand das Bauordnungsamt noch beim Vereinsvorsitzenden Marc Junge auf der Matte. Statik, Wärme- und Schallschutz wurden auf Herz und Nieren geprüft, dann gab es das Okay: Das Fest am Sonntag (14.1.) kann tatsächlich steigen.
Junge ist darüber mehr als glücklich. Denn das Richtfest sei nicht nur für den Bau, sondern auch für die 113 Mitglieder des Vereins ein echter Meilenstein. „Wir feiern damit auch uns“, sagt er und zählt auf, was inzwischen alles geleistet worden ist. In mehr als 4000 Stunden haben die Ehrenamtlichen aus der baufälligen, zugigen Ruine ein stabiles, sicheres Gebäude gemacht. Jetzt kann man sich langsam vorstellen, wie hübsch der geplante Begegnungsort mit dem kleinen Heimatmuseum mal aussehen könnte.
Die Vereinsmitglieder haben das Dach selbst abgedeckt
Zuletzt wurden alle Fachungen, also die Fächer zwischen den Fachwerkständern, von innen und außen ausgemauert, die Holzbalken mit Schilfrohrmatten abgetackert, damit der dämmende Lehm aufgebracht werden kann, schließlich das Dach abgedeckt. „Und wir machen die Ziegel auch selbst drauf“, versichert Junge stolz.
So kann man helfen
Wer dem Verein bei der Rettung des historischen Günnemann-Kottens helfen will, der hat verschiedene Möglichkeiten. Helfende Hände sind jeden Samstag willkommen. Die Mitglieder treffen sich dann regelmäßig auf dem Hof an der Brunebecker Straße 98 von 10 bis 13 Uhr, um auf der Baustelle und dem Gelände weiterzuarbeiten.
Neben Materialspenden sind zudem auch Geldspenden dringend nötig, damit der Verein genügend Eigenkapital hat, um Fördermittel abrufen zu können. Kontonummer: DE75 4306 0967 4085 8001 00 (GLS Gemeinschaftsbank Bochum). Mehr Infos, Termine und Kontaktmöglichkeiten unter guennemann-kotten.de
Ganz wichtig: Auch die alten Fenster sind endlich wieder drin. Sie sind vom Werkhof Witten restauriert und eingebaut worden. Damit sei die Substanz des Hauses endgültig gerettet, versichert Junge. „Es steht und ist stabil, jetzt geht es an die Details.“ Schwerwiegende Details allerdings. So müssen unter anderem 140 große Sandsteinplatten in der Deele verlegt werden.
Der Verein hatte sie von einem Dortmunder bekommen, der sich mit den historischen Platten aus alten Bauernhäusern eigentlich einen Carport pflastern wollte. „Aber der war von unserem Projekt so angetan, dass er sie uns gespendet hat“, berichtet der Vereinsvorsitzende glücklich. Allerdings seien die Platten „sackschwer“ - mit dem Transport zum Kotten habe er sich bei den Mitgliedern daher keine Freunde gemacht. „Oh, da haben sie echt gemeutert.“
Brunebecke bekommt ein neues, breites Bachbett
Aber da ist ja nicht nur der Kotten. Auch im Außenbereich wird fleißig weitergearbeitet. Die lang geplante Renaturierung der Brunebecke hat begonnen. Ein 2000 Quadratmeter großes Bett soll der Bach auf dem insgesamt 6600 Quadratmeter großen Gelände bekommen, damit er sich richtig ausbreiten kann. Das erste Teilstück für den neuen Verlauf ist bereits ausgehoben worden, bald soll es weitergehen. Und im Frühjahr geht‘s dann auch mit der Arbeit im Kräuter- und Gemüsegarten wieder los. Die Beete sind angelegt, der Zaun steht. „Unsere Hühner sind jetzt auch da“, berichtet Junge. Sehr zur Freude der Mitglieder - nicht nur der Kinder.
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Dennoch plagen den Verein weiterhin Sorgen. 35.000 Euro fehlen, um so wie geplant weitermachen zu können. Geld, das durch alle Eigenleistung nicht ersetzt werden kann. „Denn um eine Förderung zu bekommen, muss man immer 20 Prozent der Summe selbst aufbringen“, so Junge. Es werde sehr genau darauf geachtet, dass dieser Eigenanteil wirklich auf dem Konto liege. „Deswegen bitten wir die Wittenerinnen und Wittener dringend um Spenden“, so der engagierte Rüdinghauser „Auch kleine Summen helfen uns sehr.“
Wer sich vom Projekt und Baufortschritt überzeugen möchte, der ist beim Richtfest am Sonntag (14.1.) um 15 Uhr willkommen. Dann wird der Bauherr traditionell den letzten Nagel in den Dachstuhl hämmern, der Zimmermann seinen Spruch aufsagen. Mehr Programm ist nicht geplant. Die Vereinsmitglieder wollen (sich) einfach feiern - sie haben allen Grund dazu.
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