Witten. Bei Bonners fließt der Glühwein wieder in Strömen. Dazu gibt es noch Live-Musik. Also alles gut auf dem Weihnachtsmarkt in Witten? Mitnichten.
Der dritte Advent steht vor der Tür und der Weihnachtsmarkt biegt allmählich schon auf die Zielgerade ein. Gute drei Wochen liegen bereits hinter uns. Zieht man ein vorläufiges Fazit, ergibt sich ein gegensätzliches Bild. An der Glühwein-Pyramide herrscht fast jeden Tag großes Gedränge, während es auf der restlichen Budenmeile viel Leerlauf gibt.
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Die meisten Händler sind nicht zufrieden, mit Ausnahme vielleicht einzelner Gastronomen und Süßwarenhändler. Bei den Champignons mit Kräutersauce stehen denn an diesem Donnerstagabend auch ein paar Leute und Martin Nowag, der gerade im Kupferkessel rührt und Mandeln brennt, ist ebenfalls ganz positiv gestimmt. „Es ist so wie jedes Jahr. In Ordnung“, sagt der Schausteller, gefragt, wie es bisher so läuft. Nebenan klingt das anders.
Wollhändlerin aus Witten vermisst die Kaufkraft
„Eine Katastrophe“, klagt Michaela Müller an ihrem Wollstand. „Gefühlt ist das mein schlechtestes Jahr in Witten“, sagt die 61-Jährige. Die Kaufkraft sei einfach nicht mehr da. Jedenfalls nicht, wenn es um Selbstgestricktes, ein Lederportmonee als Geschenk oder eine Plastikpuppe geht, um einige Beispiele des überschaubaren Warensortiments zu nennen.
Thomas Graß, der Vorsitzende der Wittener Schaustellervereinigung, hat eine weitere Erklärung, neben all den Krisen, die momentan Kunden und Handel das Leben schwer machen. Der Trend zur Online-Bestellung hinterlässt seiner Ansicht nach auch auf dem Weihnachtsmarkt seine Spuren. Dass sich seine Pyramide am Rathaus vor Publikum kaum retten kann, ist für ihn kein Widerspruch. „Glühwein in gemütlicher Runde kannste nicht online kaufen.“
Trotzdem würde sich der 35-Jährige wünschen, dass es auch für die anderen Händler besser liefe. „Wir können den Weihnachtsmarkt nicht alleine machen“, sagt der Schwiegersohn von Dagmar Bonner. „Am besten ist es, wenn alle zufrieden sind.“ Tja, wenn sie es mal wären.
Das durchwachsene Wetter der letzten Wochen tat sein Übriges, um die bisherige Weihnachtsmarktbilanz einzutrüben. Jamal (21) und Charlien (17), die vorne rechts an der Fritteuse eines Imbissstandes stehen, sehen einen weiteren Grund für die Umsatzflaute in der veränderten Marktstruktur. „Es hat ganz schön nachgelassen, weil es so klein geworden ist“, sagen sie. Bevor die Glühwein-Pyramide vor einem Jahr vom Berliner Platz hoch zum Rathaus gezogen sei, habe sich alles besser verteilt. „Da war hier mehr los.“ Inzwischen nimmt das Glühweindorf am Rathaus gut ein Drittel der Platzfläche ein.
Angesprochen auf die neue Struktur durch den von der Feuerwehr verordneten Zwangsumzug der Glühwein-Pyramide, sagt Sandra Gagliardi vom Stadtmarketing: „Was Bonner anbietet, bietet die Gastronomie so nicht an.“ Im Übrigen zieht sie ein viel positiveres Fazit des bisherigen Budenzaubers. „Unsere Händler sind zufrieden, besonders die Gastronomen.“
Aber, das räumt die 56-Jährige ein, natürlich arbeite man weiter an Verbesserungen. Doch es sei nach wie vor schwer, hochwertige Stände etwa mit Kunsthandwerk nach Witten zu bekommen. Sie kündigt an, den Markt im nächsten Jahr vielleicht etwas offener zu gestalten, hin zu den Lokalen und wenigen Läden auf dem Rathausplatz. „Wir wollen die Idee prüfen, die Seite zum Einzelhandel hin zu öffnen.“ Damit würde sie Casa-Cuba-Wirt Yusuf Kilinc einen Herzenswunsch erfüllen. „Wir brauchen ein Miteinander, kein Gegeneinander“, sagt der Wirt vom Rathausplatz.