Witten. Jahrelang hat das Cafe Jané zur unteren Innenstadt gehört. Jetzt ist das Lokal geschlossen. Es gibt aber einen Nachmieter – ganz anderer Art.
Yusuf Kilinc kennt die Innenstadt wie seine Westentasche und verfügt über reichlich Erfahrung in der heimischen Gastronomie. Vor mehr als 30 Jahren eröffnete er eine Cocktailbar über dem Ladenlokal, in dem heute Optik Spengler ist. Seit 2010 betreibt der 57-Jährige nun schon (mit einer Pause) das Café Jane – zunächst sieben Jahre lang gegenüber von Kik, danach neben Löscher an der Stadtgalerie. Nun ist das Jané wohl für immer Geschichte. Kilinc will sich ganz auf sein zweites Standbein konzentrieren, das Casa Cuba am Rathaus. Die Nachfolge fürs Café ist bereits unter Dach und Fach.
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Wir treffen den gebürtigen Kurden zur Mittagszeit draußen vor dem Casa Cuba, das er seit nunmehr bald zwei Jahren betreibt. Anfangs hat Yusuf versucht, beide Lokale parallel zu führen. „Ich habe 18,19 Stunden am Tag gearbeitet“, sagt der Mann in der dunklen Lederjacke, der herzlich seine Stammgäste begrüßt. „Am Ende musste ich mich für einen Laden entscheiden.“
Personalmangel ist ein Grund für die Schließung des Wittener Cafés
Die Corona-Zeit ging schon nicht spurlos an ihm vorüber. Dann kamen der Ukraine-Krieg und die Inflation – und vor allem der Personalmangel in der Gastronomie. „Ich bin seit anderthalb Jahren auf der Suche“, sagt Yusuf Kilinc in Bezug auf das Casa Cuba. „Ich bräuchte mindestens zwei, drei neue Leute.“
Jedenfalls ging es mit dem Café in der unteren Innenstadt immer weiter bergab, so dass Yusuf jetzt die Notbremse zog. Die Personalnot war das eine, der sinkende Umsatz das andere. „Es lief immer schlechter“, sagt der Gastronom, der die insgesamt gestiegenen Preise „gar nicht mithalten“ konnte und wollte. „Ich bin sogar noch mit den Preisen runtergegangen. Aber auch das hat irgendwann nicht mehr geklappt.“
Bei Yusuf gab’s noch Frühstücksangebote für fünf Euro. Doch auch die Kunden kamen nicht mehr so wie früher. „Die Leute haben nicht mehr das gleiche Budget und frühstücken lieber zuhause.“ Oder in gut laufenden Ketten wie dem Extrablatt mit Büfett und 1a-Lage.
Zumindest ist es dem Gastronom gelungen, vorzeitig aus seinem noch fünf Jahre laufenden Zehn-Jahres-Vertrag in der Stadtgalerie herauszukommen. Mit „Veganroll Cigköfte“, einer türkischen Restaurantkette aus Herne, hat er einen Nachmieter gefunden. „Neueröffnung in Kürze“ steht bereits auf dem großen Transparent, das über die Glasfassade gespannt ist.
Dabei handelt es sich um ein vegetarisch-veganes Restaurant. Cigköfte ist eines der Hauptgerichte „mit Bulgur (Weizenschrot), Tomatenmark, Ketchup, Gewürzen und Maisöl“, sagt Veganroll-Geschäftsführer Yusuf Yalcin (33). Er wohnt selbst in Witten – und so kam auch der Kontakt zustande.
Weinblätter und vegane Nuggets
Weinblätter, vegane Nuggets, vegane Falafel, getrocknete Paprika oder Aubergine, vegane Bulgurwürstchen, vegane Donuts, vegane Kuchen – all das gehört demnächst statt Rührei und Brötchen mit Schinken zur Speisekarte. Mitte November soll das Lokal voraussichtlich eröffnen, Lieferservice inklusive.
Kleinigkeiten zum Essen will Vorgänger Yusuf Kilinc demnächst voraussichtlich auch im Casa Cuba anbieten, das er Ende 2021 übernommen hat. „Frühstück, Salate, Suppen, Pfannkuchen.“ Er sieht die langjährige Gaststätte seit seiner Übernahme vor anderthalb Jahren im „Aufbau“. Yusuf setzt auf ein familiäres Umfeld, der Jazzclub hat dort am letzten Sonntag weiterhin sein Domizil, und die Dart-Mannschaft im hinteren Teil nehme gern noch neue Gäste auf.
Kilinc hofft darauf, bald auch vom Weihnachtsmarkt profitieren zu können, sofern dieser nicht wieder „zugemauert“ sei und auch kein Toilettenwagen störe. Neun Jahre habe er keinen Urlaub gemacht, „um zu überleben“, sagt der Wirt. Doch er liebe das Kaffeegeschäft und glaube an Witten – obwohl es sehr schwierig hier geworden sei. „Gastronomie liegt mir im Blut.“