Witten. .

Wo früher Vanille-, Stracciatella- oder Zitroneneis lockten, ist jetzt die Theke leer, Tische und Stühle wurden fein säuberlich im hinteren Teil des Ladenlokals zusammengeschoben.

Aus, vorbei – das traditionsreiche Eiscafé De Lorenzo an der Bahnhofstraße 47 hat geschlossen. Auch weitere Gastronomen unterhalb des Berliner Platzes beklagen sinkende Umsätze.

„Seitdem es hier das Café Extrablatt gibt, ist bei uns die Nachfrage nach Kaffee und Waffeln zurückgegangen“, sieht Ettore Bortoluzzi darin starke Konkurrenz für sein Eiscafé Dolce Vita an der Bahnhofstraße 35. „Eigentlich ist jeder neue Gastronomiebetrieb für Witten gut. Aber durch das Extrablatt werden noch mehr Kunden bereits am Berliner Platz abgefangen“, findet Jusuf Kilinc, Inhaber des Café Jané an der Bahnhofstraße 53. Und er formuliert es noch krasser: „Die untere Bahnhofstraße ist doch inzwischen eine tote Ecke.“

Sehr wohl erinnert sich der 47-jährige Wittener noch an andere Zeiten. Als nämlich vor Jahrzehnten Kneipen wie das Monopol oder Il Treno, die Discothek Deele oder Brötchen Josef „Leben bis vier Uhr morgens“ in den Bereich rund um die untere Bahnhofstraße brachten „und es hier zuging wie im Bochumer Bermuda-Dreieck“, so Kilinc. Um neue Impulse in den von Leerständen gebeutelten unteren Innenstadtbereich zu bringen, hätte er sich deshalb gewünscht, dass ein Besuchermagnet wie das Café Extrablatt statt an den Berliner Platz lieber ins Novum-Gebäude an der Bahnhofstraße 69 gezogen wäre.

Auch von der Stadt wünschte sich Kilinc mehr Engagement für das Krisengebiet. So seien zwischen Stadtgalerie und seinem Café weniger und zudem unbeleuchtete Weihnachtsbäume aufgestellt worden. Und bei der Tafelmusik-Veranstaltung habe man keine Tischdeko vor seinem Betrieb bereitgestellt.

„Auf die untere Bahnhofstraße verirren sich doch kaum Leute“, hat auch Nereo Bez festgestellt. Zusammen mit seiner Frau Dorota hatte er im April 2012 das Eiscafé De Lorenzo von Dario Olivier übernommen. Dessen Familie ist seit den 1950er Jahren eine Institution in Sachen Eis in Witten. Übrigens gehört Olivier auch das Haus, in dem sich das Café Extrablatt als Mieter befindet. Und Bruder Lorenzo betreibt die Eisdiele an der Marktstraße/Ecke Bahnhofstraße. Dort brummt’s, stehen die Kunden am Donnerstagmittag sogar Schlange: „Wohl eine Frage der Lage“, sieht der 52-Jährige einen wichtigen Unterschied zum Standort in der unteren Innenstadt.

Für Nereo Bez ist die Bilanz nach einem Jahr an der unteren Bahnhofstraße klar: „Wir haben nichts verdient und nur bezahlt.“ Jetzt haben Bez’, die ebenfalls aus einer Eis-Dynastie aus den Dolomiten kommen, das Eiscafé Italia an der Hörder Straße 324 übernommen. Ihr erstes Urteil lautet: „In Stockum sind wir sehr zufrieden.“