Witten. Bernd Andree hat mit 19 Jahren seinen ersten Motorradladen eröffnet. Inzwischen ist er der einzige Händler in Witten – und hebt auch gern mal ab.
Bernd Andree hatte immer einen Plan im Leben. Zwei Räder spielen darin bis heute eine große Rolle. Der 60-Jährige ist inzwischen Wittens letzter verbliebener Motorradhändler. Er betreibt den Laden im Wullen mit Leib und Seele – und einem kleinen, aber engagierten Team. Nun hat die Zeitschrift „Bike und Business“ ihn zum Motorradhändler des Jahres nominiert. Unter die besten zehn in Deutschland hat Andree es schon geschafft.
An diesem Freitagvormittag war die Jury noch einmal vor Ort am Mewer Ring, um zu sehen, ob da noch mehr geht. Die Entscheidung fällt am 29. Februar. „Ich glaube, wir haben einen guten Eindruck gemacht“, sagt Bernd Andree. Er steht inmitten der glänzenden Maschinen – überwiegend Kawasakis – und wirkt ganz entspannt. „Wir sind schon stolz, es so weit geschafft zu haben.“ Um die 60 Händler waren von den Herstellern ins Rennen geschickt worden.
Mit zwölf bekam der Wittener sein erstes Mofa
Es lief stets recht gut für den Wittener, der sich selbst als „zweiradverrückt“ bezeichnet. Wahrscheinlich hat er das vom Papa geerbt, der Motorräder schon immer gut fand. Bereits mit zwölf bekam der Sohn sein erstes Mofa. „Wir hatten ein großes Grundstück. Da durfte ich fahren.“
Bernd Andree liebt es sportlich, dem Moto-Cross gilt seine Leidenschaft. Seit fast 50 Jahren ist er Mitglied im Motor Sport Club Herbede. Direkt mit 18 kaufte er sich sein erstes richtiges Bike: eine Yamaha XJ 650. Darauf folgte eine etwas behäbigere BMW, „weil ich darauf mit meiner Freundin nach Italien fahren wollte“. Die Reise fand nie statt. Danach gab’s für Andree nur noch Kawasaki. „Das ist einfach eine gute Marke.“
Mit 19 eröffnete Andree seinen eigenen Laden
Er machte das Hobby dann auch schnell zum Beruf. Der Hevener ließ das Abi sausen und wechselte vom Ruhr-Gymnasium zur Otto-Schott-Realschule, weil ohnehin klar war: „Ich mache eine Lehre zum Zweirad-Mechaniker.“ Die Ausbildung brach er nach zwei Jahren ab, weil er lieber sein eigenes Ding machen wollte. Andree nahm Kontakt zu Kawasaki auf – und eröffnete mit 19 seinen eigenen Betrieb, in dem er die Lehre zu Ende machte.
Das Ladenlokal befand sich an der Hans-Böckler-Straße und gehörte seinen Eltern, die selbst ein Farben- und Tapetengeschäft in der Nachbarschaft betrieben. Das Geld, das eigentlich fürs Studium gedacht war, durfte Bernd Andree ins eigene Unternehmen stecken. „Mein Plan hat sie überzeugt.“ Miete musste er trotzdem zahlen. „Ja, so fing das an.“
Am Mewer Ring in Witten entstand das neue Motorradgeschäft
Motorräder seiner Lieblingsmarke hatte er im Angebot, außerdem Fahrräder und kleine Mopeds. Später kamen italienische Vespa-Roller hinzu. Dafür trennte sich Bernd Andree vorübergehend von den Fahrrädern – um vor sechs Jahren mit E-Bikes wieder einzusteigen. „Irgendwann war der Laden zu klein.“ 1996 folgte der Umzug zum Mewer Ring, wo Andree neu baute. Statt 150 stehen dort rund 550 m² zur Verfügung.
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„Wir gehören zu den zehn größten Kawasaki-Händlern bundesweit“, sagt der Chef. Anfang des Jahres habe man als einer der ersten Händler das neue „Kawasaki Store“-Konzept umgesetzt. 90.000 Euro hat Andree selbst dafür in die Hand genommen. Viel Schwarz, Holz und grüne Beleuchtung dominieren jetzt im Verkaufsraum. Auf Schau-Inseln können einzelne Modelle besonders präsentiert werden.
Und das ist noch nicht alles. „Seit 2023 sind wir auserkoren, als einer von vier Händlern bundesweit die italienische Edelmarke Bimota zu vertreiben.“ Die Maschinen werden komplett in Handarbeit gefertigt. Das teuerste Modell bei ihm ist für 63.500 Euro zu haben.
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Die Kunden kommen aus einem riesigen Einzugsgebiet bis nach Witten, neulich sei einer aus Hannover dagewesen. Überwiegend sind es Männer, aber immerhin 40 Prozent Frauen, schätzt Andree. Und immer mehr junge Leute. Er selbst ist mittlerweile nur noch wenig unterwegs. Das liegt an seinem anderen Hobby, der Fliegerei mit Ultraleicht-Flugzeugen. Bei schönem Wetter geht Andree jetzt lieber in die Luft. „Da oben steht einem keiner im Weg“ – ein noch größeres Gefühl von Freiheit.
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Doch auch am Boden ist fast immer alles gut gegangen. „Beim Cross-Fahren habe ich mich mal am Daumen verletzt. Das war Dummheit“, sagt er und zeigt die kaum sichtbare Narbe. Tourentipps hat er also nicht auf Lager, höchstens den: abends mal eben zu Haus Scheppen fahren, einem Motorradtreff am Baldeneysee.
Neun Jahre lang will Bernd Andree den Job noch machen. „Dann höre ich auf.“ Die Nachfolge sei schon geregelt. Klar, auch das hat er längst geplant.