Witten/Bochum. Das Netzwerk Organspende NRW will die Zahl der Spender erhöhen. Dafür arbeiten Paten seit 15 Jahren. Die Keimzelle dieses Projekts lag in Witten.
Gerade mal 169 Organspender gab es im letzten Jahr in NRW, aber 2000 Kranke, die auf eine lebensrettende Operation warten. „Jeden Tag sterben Menschen, die verzweifelt auf eine Transplantation gewartet haben“, sagt Stefan Palmowski. „Die Situation ist dramatisch schlecht.“ Der Vorsitzende des Netzwerks Organspende NRW arbeitet seit 15 Jahren daran, dass sich das ändert – zusammen mit ehrenamtlichen Paten, die für das Thema sensibilisieren.
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Die Keimzelle des Netzwerks wurde in Annen gelegt. 2008 entwickelten der Bundesverband für Organtransplantierte und der Verband der Ersatzkassen in NRW das Projekt „Paten für Organspende“. „Der Gedanke war: Vielleicht krankt das System ja daran, dass es in der Bevölkerung zu wenig Informationen über das Thema gibt“, erklärt Palmowski, der damals in der Patientenberatung Annen tätig war und als erster Projekt-Koordinator engagiert wurde.
Wittener rät dazu, sich rechtzeitig Gedanken zu machen
Die ersten ehrenamtlichen Patinnen und Paten wurden gesucht und so geschult, dass sie nicht nur fundiertes Wissen rund um die Organspende vermitteln, sondern Menschen auch dabei helfen können, sich überhaupt mit den Gedanken darüber zu beschäftigen. „Das ist ja kein einfaches Thema“, weiß der Hevener. „Ich muss mir überlegen: Was soll passieren, wenn ich sterbe?“
Eine unangenehme Frage, aber eine wichtige. Laut aktueller Statistik stehen 80 Prozent der Deutschen der Organspende positiv gegenüber, doch nur ein Drittel von denen habe einen entsprechenden Ausweis in der Tasche. Emotionale Hürde, Bequemlichkeit und fehlende Gelegenheit gehen oft Hand in Hand. „Und da kommen wir dann ins Spiel“, sagt der 51-Jährige.
Egal ob mit Kreuz bei Ja oder Nein: Wichtig ist der Ausweis
Die „Paten für Organspende“ geben den Interessierten auf Infoveranstaltungen, bei Diskussionsrunden oder nach Vorträgen den nötigen Schubs und den Ausweis dann gleich mit – auf Wunsch sogar personalisiert als Plastikkarte ausgedruckt. Ob auf denen dann das Ja oder das Nein zur Spende angekreuzt wird, darauf kommt es nicht an. „Klar, wir freuen uns über jede Zustimmung, aber selbst ein Nein ist viel besser als kein Ausweis, so der Wittener. „Denn dann müssen im Notfall die trauernden Angehörigen die schwere Entscheidung treffen.“
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Aus den ersten Paten von 2008 ist inzwischen eine landesweite Gemeinschaft und ein wichtiges Standbein des Netzwerks Organspende NRW geworden, das dann 2015 gegründet wurde und nach einem Zwischenstopp bei der Selbsthilfe-Kontaktstelle an der Dortmunder Straße nun im Bochumer Gesundheitscampus beheimatet ist. 250 Menschen sind ausgebildet worden, derzeit sind rund 80 von ihnen aktiv. Die meisten von ihnen sind selbst transplantiert – oder als Angehörige betroffen. „Ihre Kranken-Geschichten zu hören und dann zu sehen, wie gut es ihnen jetzt wieder geht, das ist schon sehr ergreifend“, sagt Palmowski, der selbst auch als Pate im Einsatz ist.
600 Infostände, 1200 Vorträge
Über 600 Info-Stände haben die Patinnen und Paten in den letzten 15 Jahren besetzt, rund 1200 Vorträge in Firmen, Schulen und bei Vereinen gehalten. Mit welchen Vorbehalten werden sie dabei am häufigsten konfrontiert – ist es der Hirntod? „Nein, am häufigsten hören wir: Ach, für Organspende bin ich zu alt. Oder zu krank“, sagt Netzwerk-Geschäftsführerin Konstanze Birkner, die seit 2015 mit an Bord ist. Dabei sei das Unsinn. Weder Alter noch Krankheit sei ein Ausschlusskriterium. „Und wenn die Leber nicht mehr taugt, dann ja vielleicht die Lunge.“
Kontakt und Angebote
Wer sich als Pate engagieren möchte, der kann sich beim Netzwerk Organspende NRW an Geschäftsführerin Konstanze Birkner wenden: 0234 9783 5430, info@netzwerk-organspende-nrw.de. Auch Organspendeausweise können auf diesem Wege bestellt werden.
Übrigens: Die Paten-Gruppe ist nur ein Projekt des Netzwerks. Ein weiteres sind zwei spannende und ergreifende Foto-Wanderausstellungen – eine große, eine kleine – die dort ausgeliehen werden können. Außerdem betreibt es das Portal lebensritter.de, auf dem u.a. Geschichten von Organtransplantierten erzählt werden.
Aber ja, auch die Frage nach der Sicherheit von Organspenden komme immer mal wieder vor. Wird wirklich alles für einen möglichen Organspender getan? Die Hevenerin antwortet mit einem klaren Ja. Das System sei sicher, die Kontrollen hoch. „Niemand wird nach einem Unfall von der Straße weg transplantiert. Es wird immer zunächst versucht, das Leben zu retten.“
Widerspruchslösung wird weiter angestrebt
Die beiden Netzwerker hoffen, dass sie dazu beitragen können, dass sich dieses Wissen weiter verbreitet. „Wir brauchen einen Kulturwandel. Damit wir zum 25-jährigen Jubiläum vielleicht gar keine Paten mehr brauchen“, so Palmowski. „Schön wäre, wenn der Umgang mit dem Tod dann kein Tabuthema mehr wäre.“
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Seine realistischen Ziele für die nächsten zehn Jahre sind weniger hoch gesteckt. Die gesetzliche Widerspruchslösung zur Organspende steht dabei ganz oben auf der Wunschliste. „Und wir wünschen uns eine auf Dauer gesicherte Finanzierung.“ Denn bis jetzt muss der Verein die Förderung bei den Ersatzkassen jedes Jahr neu beantragen.