Witten. Bei der Schildkrötenhilfe in Witten landen immer mehr Wasserbewohner. Für den Verein ein Problem. Denn der weiß nicht mehr, wohin mit ihnen.
Die Schildkrötenhilfe in Witten platzt aus allen Nähten. So sehr, dass Vereinsgründerin Gudrun Braukmann schweren Herzens vor einigen Wochen sogar einen Aufnahmestopp verhängen musste. „Es ist eine wahnsinnige Schwemme“, sagt die 59-Jährige. Allein seit März, wenn die Tiere aus der Winterstarre erwachen, sind in diesem Jahr bereits 35 Tiere auf dem Gelände an der Hevener Mark abgegeben worden. Darunter viele Wasserschildkröten. Und da beginnt das Problem.
Denn ursprünglich war das insgesamt über 2000 Quadratmeter große Schildkröten-Paradies in Heven hauptsächlich für Landschildkröten gedacht. Vier große Gewächshäuser verteilen sich über das Gelände, dazu unzählige Frühbeete, in denen die Schildkröten ebenfalls Schutz und Wärme finden und in denen sie überwintern. Dazwischen gibt es ganz viel Auslauf für die Bewohner: eingefasste Bereiche, in denen ein geordnetes Chaos aus Steinen, Stöcken und Bewuchs herrscht, wie Landschildkröten es lieben. „Sonst wird ihnen zu schnell langweilig“, sagt Braukmann, deren Leidenschaft für die Tiere schon in ihrer Ausbildungszeit begann.
170 Schildkröten haben an der Hevener Mark ein neues Zuhause gefunden
Mit 50 Schildkröten startete die Tierschützerin vor vier Jahren hier an ihrem neuen Standort. Mittlerweile beherbergt sie 170 Schildkröten, die sie übrigens alle mit Namen kennt. 40 Wasserschildkröten sind es inzwischen, Tendenz steigend. „Ich muss unglaublich viel improvisieren“, sagt Gudrun Braukmann. Und so stehen nun in den Häusern der Landschildkröten mal umfunktionierte Kaninchenkäfige, mal Aquarien, in denen sich Schlamm- und Wasserschildkröten tummeln. Die bestehenden Teiche sind überbesetzt, etwa mit sieben statt drei Exemplaren. Ehemann Ralf hat bereits einen zusätzlichen mobilen Pool aufgebaut, in dem bald nicht die Enkelkinder, sondern weitere Wasserschildkröten planschen sollen.
„Aber wir brauchen unbedingt ein richtiges Haus für die Wasserschildkröten“, sagt Gudrun Braukmann, die bis vor anderthalb Jahren neben ihrem Engagement noch Vollzeit gearbeitet hat. „Dazu sind wir auf Spenden angewiesen.“ Entweder soll ein neues großes Gewächshaus her oder eine bestehende Scheune entkernt und umgebaut werden. Damit sie die vielen neuen Tiere auch artgerecht unterbringen könne. Schwerlastregale werden benötigt, um die Wasserbehälter künftig stapeln zu können.
Gestiegene Energiepreise: Mehr Wasserschildkröten werden ausgesetzt
„Die Leute kaufen eine kleine süße Baby-Schildkröte, aber die wird irgendwann größer und die Liebe kleiner“, sagt Gudrun Braukmann. „Das sind eben Wildtiere, die stinken, die machen Dreck.“ Gerade Wasserschildkröten seien massenhaft eingeführt worden, etwa aus Amerika oder Asien. Und sind sie ihren Besitzern zu groß, landen sie gerne im nächsten Teich oder See. Hinzu kommen nun noch die gestiegenen Energiepreise, vermutet die 59-Jährige. Wärmelampe und Wasserpumpe, die 24 Stunden durchlaufen, das wolle sich nicht mehr jeder leisten.
„Für Spaziergänger sind die Schildkröten in einem See vielleicht süß anzusehen. Aber für die Tiere ist es nicht schön“, sagt die Wittenerin. Denn sie haben ihr bisheriges Leben meist in einem Terrarium mit Leitungswasser verbracht und deshalb kaum ein Immunsystem aufgebaut. Im See sind sie dann leichte Beute für Bakterien und Pilze. Hinzu kommt das nass-kalte Wetter im Frühjahr.
Sind die Tiere einmal aus der Winterstarre erwacht, gibt es für sie kein Zurück. „Wenn es dann eine Woche später wieder schneit, sitzen die wechselwarmen Tiere bei eiskalten Temperaturen draußen.“ Die Folge seien etwa Mittelohr- oder Lungenentzündungen. „Aber die Tiere sind so zäh, sie sterben über Jahre.“ Viele solcher Notfälle sind schon bei Gudrun Braukmann gelandet. Nicht alle haben es geschafft.
Wer den Verein bei seiner Arbeit unterstützen möchte, findet alle weiteren Informationen auf schildkroetenhilfe-witten.de
Die Schildkrötenhilfe Witten platzt aus allen Nähten
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