Witten. Mehr Bedürftige, weniger Waren – die Tafel in Witten steht unter Druck. Zwei wichtige Spender sind weggebrochen – und Ersatz ist nicht in Sicht.
In Zeiten, in denen auch die einfachsten Alltags-Lebensmittel immer teurer werden, bleibt vielen Menschen nur noch der Gang zur Tafel, um so ihr ohnehin schlecht bestücktes Portmonee zu schonen – oder um sich überhaupt etwas zu essen leisten zu können. Auch die Tafel in Witten bekommt das immer stärker zu spüren. Doch gleichzeitig sind die Spenden eingebrochen.
„Es kommen deutlich mehr Leute, aber wir erhalten deutlich weniger Spenden“, fasst Leiter Jürgen Golnik die angespannte Situation zusammen. Vor allem die Kühltheke sei nur noch sehr schlecht bestückt. Ob Milch, Käse oder Wurst. „Alles, was in die Kühlung muss, bekommen wir fast gar nicht mehr. Es fehlt an allem.“ Butter etwa fehle gänzlich.
Weniger Obst und Gemüse
Auch Obst und Gemüse werden weniger gespendet. Das sei zum einen jahreszeitlich bedingt, aber auch auf einen allgemeinen Trend zurückzuführen. Viele Einzelhändler würden in der derzeitigen Lage bewusster bestellen. „Was ja an sich gut ist“, sagt der 56-Jährige. Aber so bleibe eben auch weniger für die Tafel und ihre Bedürftigen übrig. Das hat schon dazu geführt, dass die Tafel-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Obst und Gemüse ganz bewusst einteilen müssen – je nachdem, wie viel gerade da ist. „Wenn wir nur fünf Kilo Tomaten haben, können wir eben an eine Einzelperson nur zwei oder drei einzelne abgeben.“
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Gleichzeitig versuchen Lebensmittelhändler vermehrt, Produkte kurz vor dem Ablaufdatum noch selbst billiger an die Frau oder den Mann zu bringen. „Vieles von dem, was wir als Tafel früher bekommen haben, wird jetzt reduziert und verkauft“, sagt Jürgen Golnik. In diese Kategorie falle etwa auch die „Retter-Tüte“ des Discounters Lidl, die dieser im August vergangenen Jahres deutschlandweit eingeführt hat. Für drei Euro erhalten Kunden bis zu fünf Kilo Obst und Gemüse, das optisch nicht einwandfrei, aber definitiv verzehrbar sein soll. Der Einzelhandelsriese ist eigentlich einer der großen Spender der Tafel.
Real-Markt und Edeka am Crengeldanz waren wichtige Spender
„Insgesamt haben wir rund 25 Sponsoren, denen wir sehr dankbar sind“, betont Golnik. Die Schließung des Real-Marktes in Annen im vergangenen Mai und das Aus für Edeka Bertram am Crengeldanz Ende November spürt die Tafel aber deutlich. Von den beiden Märkten habe man stets zahlreiche Spenden erhalten. „Das fehlt uns jetzt. Und das kann man auch nicht einfach auffangen.“
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In Annen will Kaufland das verwaiste Real-Gebäude sanieren und dort einen neuen Supermarkt eröffnen. Wenn alles glatt läuft, könnte es schon 2024 so weit sein. Auch am Crengeldanz soll nach Abriss und Neubau ein neuer Vollsortimenter entstehen – doch wann, ist völlig unklar.
Manchmal müssen Bedürftige bis zu zwei Stunden in der Schlange stehen
Trotz der angespannten Lage müsse sich aber noch niemand Sorgen machen. „Jeder bekommt etwas, niemand wird weggeschickt“, versichert Tafel-Leiter Jürgen Golnik – auch wenn sich teilweise lange Schlange vor dem Haus an der Herbeder Straße bilden und die Menschen manchmal bis zu zwei Stunden warten müssten. „Aber natürlich kann es vorkommen, dass man lange steht und dann nicht das bekommt, was man sich erhofft hat.“
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Die Tafel habe derzeit rund 20 Prozent mehr Kundschaft, so Golnik. Das sei nicht nur auf Flüchtlinge aus der Ukraine zurückzuführen, sondern auch auf Bedürftige aus Witten, die nun nicht mehr über die Runden kommen. Und der tatsächliche Bedarf sei noch größer. „Viele fragen telefonisch bei uns an, kommen dann aber nie persönlich vorbei.“ Weil sie sich nicht trauen.