Witten. Auch die Wittener Tafel bekommt die explodierenden Preise zu spüren, gerade in der Lebensmittelbranche. Und das dürfte erst der Anfang sein.

Die Wittener Tafel droht in schwieriges Fahrwasser zu geraten. Sie bekommt die allgemein steigenden Kosten auf breiter Front zu spüren. Gleichzeitig geht das Aufkommen an Lebensmittelspenden teilweise zurück – ganz im Gegensatz zur Zahl der Bedürftigen.

Momentan wirke die Lage zwar noch recht entspannt, sagt Schatzmeisterin Birgit Wolf. Doch das werde sich mit großer Wahrscheinlichkeit in den nächsten Wochen und Monaten ändern. Schon ein genauerer Blick auf die Kunden im Tafel-Lädchen und die Gäste lasse erkennen, dass die Belastungen steigen. Rund 60 bis 70 Personen holen sich täglich Lebensmittel ab, etwa 30 bekommen kostenlos Frühstück und dreimal pro Woche Mittagessen.

Tafel in Witten kämpft hohen Energie- und Spritpreisen

Die Zahl der Besucherinnen und Besucher bleibt momentan zwar noch konstant. Wolf stellt aber eine „deutliche Verschiebung“ beim Klientel fest. Die Gruppe der Ukrainer, die nach ihrer Ankunft Hilfe bei der Tafel suchen, nimmt deutlich ab, Dafür strömen immer mehr Menschen aus Witten in die Ausgabestelle.

Den nahe liegenden Grund sieht die 56-Jährige in den stark gestiegenen Lebensmittelpreisen, die den Betroffenen – meist Hartz-IV-Empfänger – zu schaffen machen. Die Tafel geht davon aus, dass die Zahl der Hilfesuchenden spätestens mit Beginn des nächsten Jahres nach oben schnellt. Dann nämlich schlagen auch die explodierenden Energiepreise zu Buche, die Haushalte erhalten ihre Jahresendabrechnung. Schon jetzt sei absehbar, dass es für einige Bürger finanziell richtig eng werde.

Im Sommer gab es noch eine reichhaltige Auswahl an Obst und Gemüse. Saisonbedingt gehen die Mengen etwas zurück. Sorge bereitet der Tafel, dass Läden weniger Molkerei-Produkte und Fleischwaren spenden.
Im Sommer gab es noch eine reichhaltige Auswahl an Obst und Gemüse. Saisonbedingt gehen die Mengen etwas zurück. Sorge bereitet der Tafel, dass Läden weniger Molkerei-Produkte und Fleischwaren spenden. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Die höheren Kosten für Strom und Gas treffen aber auch die Tafel selbst. Laden, Küche und Verwaltung müssen geheizt und die vielen Spenden teilweise kühl gelagert werden. Schließlich sind es auch die Spritpreise, die der Organisation zu schaffen machen. Die Tankfüllung für den Transporter ist mit 130 bis 140 Euro doppelt so teuer wie früher. Da der Wagen Tag für Tag unterwegs ist, um Waren einzusammeln, steuert er auch zweimal pro Woche eine Tankstelle an. „Da kommt dann schon jeden Monat eine erhebliche Summe zusammen“, sagt Birgit Wolf.

Bitte um Spenden für Weihnachtstüten

Die Tafel mit ihrem Sitz an der Herbeder Straße 22 beginnt in diesen Tagen, ihre diesjährige Weihnachtsaktion vorzubereiten.

Um die 100 Tüten will die Tafel, wie in der Vergangenheit auch, an Bedürftige verteilen.

Sonst hatte der inzwischen geschlossene Real-Markt in Annen als Hauptsponsor reichlich Süßigkeiten und Kekse gespendet.

Nun bittet die Tafel die Bürger um Unterstützung. Kontakt: 02302/421250, info@wittenertafel.de

18 Sponsoren stellen Waren für die Tafel zur Verfügung, von SB-Läden bis hin zu Bäckereien. Jährlich kommen rund 250 Tonnen Lebensmittel zusammen

Auch beim Mindestlohn, dessen Anstieg auf zwölf Euro ab Oktober die Schatzmeisterin grundsätzlich begrüßt, muss die Tafel tiefer in die Tasche greifen. Man sei derzeit noch dabei, die genauen Ausgaben zu kalkulieren. Der Verein beschäftigt sieben hauptamtliche Kräfte. Drei Stellen sind öffentlich gefördert.

Geschäfte spenden weniger Molkereiprodukte und Fleischwaren

Sorge bereitet der Tafel auch die Entwicklung bei den Lebensmittelspenden. „Wir bekommen erheblich weniger Molkerei-Produkte, von Butter über Milch bis zum Käse. Zurückgegangen sind auch die abgepackten Fleischwaren“, sagt Wolf. Sie vermutet, dass die Geschäfte angesichts der hohen Preise bei ihren Bestellungen knapper kalkulieren und somit weniger Restbestände übrig bleiben. Zumal auch Geschäfte inzwischen vermehrt Lebensmittel zu Niedrigpreisen anböten, deren Haltbarkeitsdatum seit wenigen Tagen abgelaufen sei. Saisonbedingt gebe es derzeit auch weniger frisches Obst und Gemüse.

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Trotz der Belastungen setzt die Tafel alles daran, die aktuellen Preise zu halten. Für zwei bis drei Euro bekommen Kunden eine gut gefüllte Tasche etwa mit Obst, Gemüse, Nudeln und Mehl. Sie können sich dafür auch noch weitere Waren aussuchen. Im Zweifelsfall könne es momentan auch mal etwas weniger sein, sagt die Schatzmeisterin. Die Wittener Tafel habe es in der Vergangenheit aber immer wieder geschafft, solche Engpässe zu überwinden.

Die Kühltheke ist derzeit nicht so gefüllt wie sonst. Die Spenden an Molkereiprodukten sind zurückgegangen.
Die Kühltheke ist derzeit nicht so gefüllt wie sonst. Die Spenden an Molkereiprodukten sind zurückgegangen. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald