Witten. Endzeitstimmung bei Edeka Bertram am Crengeldanz in Witten. Am 29.11. schließt der Supermarkt für immer. Zurzeit gibt’s alles zum halben Preis.
Fast ungläubig zückt die Kundin das Portemonnaie. Wirklich nur 21 Euro soll sie für die beiden vollen Einkaufstaschen zahlen? Bei Edeka Bertram an der Crengeldanzstraße läuft der Ausverkauf, die Lebensmittel sind um 50 Prozent reduziert: Am Dienstagabend (29.11.) bleiben die Türen des Marktes für immer zu, das Gebäude wird abgerissen.
Schon am Montagmittag spürt man die Endzeitstimmung. Viele Regale sind leer, die Fleisch- und Käsetheke spärlich bestückt. Weil auch hier nur die Hälfte bezahlt werden muss, kaufen die Kunden im großen Stil ein. Sie stapeln Weinflaschen in ihre Körbe, Dosensuppen und Cornichons, Waschmittel und Süßigkeiten. Ein Mann überlegt, wie er eine Kiste Veltins mit seinem Motorroller transportieren könnte. Und ein Ehepaar widmet sich begeistert der Feinkostauswahl. Doch je leerer die Regale werden, umso mehr fällt auf, wie sanierungsbedürftig dieser Edeka eigentlich aussieht.
Gebäude eigentlich als Stinnes-Baumarkt errichtet
Die 30 Mitarbeitenden werden auf verschiedene andere Edeka-Filialen verteilt. Auch die Bäckereifiliale von Malzers zieht aus. Die nette Dame vom Brötchenverkauf wird bald in Stockum arbeiten. „Wir wurden auch in die Nachbarstädte verteilt, je nach Wohnort. Ach, das ist schon traurig“, sagt sie. Das Feinkostgeschäft ist in den Kaufland an die Breite Straße umgezogen. Den Kiosk, der Tabak, Fahrkarten und Zeitschriften anbot, findet man jetzt schräg gegenüber, bei Netto.
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Norbert Bertram sitzt sichtlich wehmütig in seinem kleinen Büro, von dort guckt er auf das wuselige Treiben im Kassenbereich. Wie geht es ihm? „Wie man sich halt so fühlt, nach 16 Jahren vor Ort“, sagt er. Sein Edeka, direkt an der S-Bahnstrecke gelegen, war ursprünglich als Stinnes-Baumarkt gebaut worden. Später eröffnete darin ein Coop. Die Kette wurde vom Edeka-Konzern übernommen. Norbert Bertram kam 2006 an die Crengeldanzstraße und hat das Geschäft 2016 privatisiert. Die Familie Bertram führt außerdem den Edeka am Haldenweg in Heven, seine Schwester Brigitta Hasler eröffnete in Stockum.
Immobilienbesitzer hat Mietvertrag gekündigt
Der Lebensmittelhändler hat lange darum gekämpft, den 2000 qm großen Markt modernisieren zu können. Seinen ersten Vorschlag, das Gebäude während des laufenden Geschäftsbetriebs auf dem hinteren Teil des Parkplatzes zu bauen, um den Betrieb und alle Mitarbeitenden halten zu können, hat die Stadt Witten abgelehnt. Inzwischen steht fest: Das bisherige Gebäude wird abgerissen und an gleicher Stelle ein komplett neuer Markt gebaut. Es werde wieder ein Vollsortimenter, bestätigt das Immobilienunternehmen DIAG, dem das Gelände gehört. Zu Größe und Betreiber gibt es keine Infos, auch nicht zu der Frage, wann Abriss und Neustart erfolgen solle.
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Norbert Bertram weiß jedenfalls, dass er nicht zum Zuge kommen wird. „Es wurden Pläne ausgearbeitet, wie ein Neubau an dieser Stelle aussehen könnte und es hat auch konkrete Anträge hierzu gegeben. Mit vollem Herzblut waren meine Familie und ich in die Planung des Projekts involviert“, schreibt er in einem Facebook-Post. Er habe auch nach einem alternativen Grundstück für das Neubauprojekt gesucht und geplant, wie im bestehenden Gebäude Erneuerungen umgesetzt werden können.
Edeka plant kein neues Geschäft in Witten
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Letztlich gab es aber keine Einigung zwischen seiner Vermieterin Edeka Rhein-Ruhr und Grundstückseigentümer DIAG, eine Tochter von Dreier Immobilien aus Dortmund. Der Mietvertrag wurde nicht verlängert und läuft zum Jahresende aus. „Ich bedaure sehr, welches Ende das Projekt genommen hat“, sagt Norbert Bertram „über dieses Hickhack“.
Stadtbaurat Stefan Rommelfanger hat bereits erklärt, dass der Neubau moderner und größer werden soll – vergleichbar mit dem Edeka in Herbede – und die Parkplatzsituation verbessert werde. Der Stadtverwaltung war es wichtig, dass dort ein Vollsortimenter und kein Discounter einziehen wird. Ob es wieder ein Edeka wird, scheint inzwischen weniger wahrscheinlich. Simone Erkens, Sprecherin von Edeka Rhein-Ruhr, wiegelt ab: „Witten ist für uns grundsätzlich ein attraktiver Standort, aber wir können aktuell keine konkreten Planungen für weitere Flächen benennen.“