Witten. Witten startet den ersten Talentwettbewerb für kleine und große Nachwuchskünstler aus der Ukraine und Deutschland. Diese Idee steckt dahinter.
Als der Krieg anfing, hörte Angelyna (12) auf zu tanzen. Inzwischen hat das Mädchen aus der Ukraine wieder den Spaß an der Bewegung gefunden, nicht zuletzt dank der „Bright Kids“, wie sich die ukrainische Musikschule in Witten nennt. Gemeinsam mit der Ukraine Hilfe Witten ruft diese nun zum ersten NRW-weiten Talentwettbewerb nicht nur für Kinder und Jugendliche auf.
Unter dem Motto „New Names“ soll der Gesangs- und Tanzwettstreit am Samstag, 13. Mai, im Saalbau über die Bühne gehen. Interessierte Teilnehmende – sowohl Ukrainer als auch Deutsche – können sich ab sofort melden. Gesucht werden Nachwuchsinterpreten im Alter von acht bis 99 Jahren.
Teilnehmer in Witten sollen Spaß an Gesang und Tanz haben
„Eingeladen sind alle kleinen und großen Talente, die Spaß an Gesang und Tanz haben“, heißt es in einer Vorankündigung der Veranstalter. Gestartet wird in verschiedenen Genres und Altersgruppen. Eine internationale Jury aus Fachleuten, Künstlern, Musiklehrern und anderen Institutionen ermittelt die Sieger. Nach dem Talentwettbewerb, der um zwölf Uhr mittags beginnt, haben die Gewinner dann abends bei einem Galakonzert ab 18 Uhr ihren großen Auftritt. Daran werden auch eine deutsche und zwei ukrainische Bands teilnehmen, darunter Stolberk aus Witten.
„Ziel ist vor allem der Spaß und die Integration ukrainischer Kinder, die aus dem Kriegsgebiet geflohen sind und schreckliche Dinge erlebt haben“, sagt Olga Tape (53), für deren Ukraine-Hilfe der Reinerlös der Abendveranstaltung bestimmt ist.
Wenn die Kinder in Witten ankommen, sind sie oftmals traumatisiert, verschlossen, depressiv, berichten die Lehrerinnen der ukrainischen Musikschule. Deshalb werden sie nicht nur in Gesang und Tanz unterrichtet, sondern auch in Schauspiel. „Hier dürfen sie wieder Kinder sein“, sagt Lehrerin Viktoria Serebriakova, für die die Arbeit selbst „Therapie“ ist, wie sie sagt. Krebskrank kam die 46-Jährige erst im November nach Deutschland.
Alle Gefühle dürfen herausgelassen werden
„Die Kinder werden erst nach einigen Stunden fröhlicher und aufgeschlossener“, sagt Schauspiellehrerin Ksenja Lobachova (39), die Mutter von Melanija. „Als sie zuerst auf der Bühne standen, waren sie sehr steif und hatten Angst, sich zu bewegen.“ Deshalb habe man auch mit dem Schauspielunterricht angefangen. „Sie lernen spielerisch, sich zu öffnen, fangen an, sich zu entspannen und zu lächeln.“ Alle Gefühle dürfen ausgelebt werden, die guten wie die schlechten, im Spiel, im Tanz, im Gesang.
Kontakt für Teilnehmende
Wer an demTalentwettbewerb am 13. Mai im Saalbau teilnehmen möchte, kann sich bei Olga Tape melden: unter 016060 50 476 oder per E-Mail an hilfemenschen@gmail.com. Der Wettbewerb in Gesang und Tanz beginnt um 12 Uhr.
Der Eintritt für das anschließende Galakonzert (18 Uhr) beträgt 12,50 Euro. Für Kinder ist er frei. Karten im Vorverkauf an der Saalbaukasse.
Angelyna (heute 13) hatte daheim in Cherson mit vier Jahren angefangen, tanzen zu lernen, bevor sie im Krieg damit aufhörte. „Sie war so verschlossen und wollte sich nicht mehr bewegen“, sagt ihre Mutter Svitlana Bairachenko. Inzwischen haben Angelyna und die anderen 13 Kinder aus der ukrainischen Musikschule in Witten schon einige Auftritte hinter sich.
„Es gibt ein Leben vor und ein Leben nach dem Krieg“
„Es gibt ein Leben vor und ein Leben nach dem Krieg“, sagt Svitlana Bairachenko. Sie möchte eines Tages in die Ukraine, nach Cherson zurückkehren, wo ihre krebskranke Mutter lebt. Schauspiellehrerin Ksenja Lobachova würde gern in Witten bleiben. „Hier kann ich mich verwirklichen und meine Tochter auch“, sagt die Frau, die in Kiew an der Akademie für Zirkus und Popmusik unterrichtet hat.
Ihre Tochter Melanija besucht die erste Klasse der Breddeschule und hat mit ihren Mitschülerinnen und Schülern schon „Jingle Bells“ auf dem Weihnachtsmarkt gesungen. Das heißt nicht, dass die Kinder den Krieg vergessen haben. Doch wenn die Musik erklingt, müssen sie nicht an ihre zerstörte Heimat denken.