Witten. Wir können die Zukunft nicht aus der Vergangenheit ableiten. Das sagt einer beim Sparkassenforum in Witten, der was von den Sternen versteht.
Kam es einem vielleicht nur so voll vor, weil coronabedingt zwei Jahre pausiert worden war? Nein, es herrschte tatsächlich großer Andrang beim 44. Sparkassengesprächsforum am Donnerstagabend im Saalbau.
Wittener Kreditinstitut serviert Westfälischen Pfefferpotthast
Mehr als 600 Kundinnen und Kunden sowie Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung knüpften nach dem launigen Vortrag eines Ex-Astronauten an eine liebgewordene Tradition an: das lockere Gespräch bei Speis und Trank. Es gab Westfälischen Pfefferpotthast mit Salzkartoffeln und Roter Beete.
Unter den Gästen war lokale Politprominenz wie Bürgermeister Lars König und Landrat Olaf Schade. Selbst Königs Vorgängerin Sonja Leidemann tauchte mal wieder auf. Anders als früher saß sie diesmal aber nicht oben am Vorstandstisch, sondern plauderte mit Grünen-Freundin Lilo Dannert unten im Foyer.
Dass es seit dem letzten Sparkassenforum einen politischen Wechsel im Rathaus gegeben hat, war nicht zu übersehen. Neben Sparkassenboss Rolf Wagner und seiner designierten Nachfolgerin Andrea Psarski saßen etwa CDU-Ratsfrau und Fraktionsvize Claudia Gah sowie Unionsfraktionschef Volker Pompetzki als Vorsitzender des Verwaltungsrats mit an der Tafel.
Wittener Sparkassenchef ist mit dem Ergebnis 2022 sehr zufrieden
Die Stimmung war trotz der schwierigen Lage in Deutschland und Europa gut. Die Wirtschaft ist bisher einigermaßen durch die Krise gekommen und das Kreditinstitut blickt auf ein „sehr zufriedenstellendes“ (Wagner) Geschäftsjahr 2022 zurück, mit einem Gesamtvolumen von 3,8 Milliarden Euro.
![Ulrich Walter flog Ende 1993 mit der Columbia für zehn Tage ins All. Ulrich Walter flog Ende 1993 mit der Columbia für zehn Tage ins All.](https://img.sparknews.funkemedien.de/237800369/237800369_1677839726_v16_9_1200.jpeg)
Für kurzweilige Unterhaltung sorgte ausnahmsweise kein prominenter TV-Moderator, sondern mit Ulrich Walter ein Physiker, der 1993 als Wissenschaftsastronaut zehn Tage im Weltall verbracht hat. Die weit zurückliegende Himmelsmission war aber nicht sein Thema, sondern die „Zukunft X.0“. Der Titel deutete schon an, was der gebürtige Iserlohner mehrfach wiederholen sollte: „Wir können die Zukunft langfristig nicht vorhersagen, weil sie kompliziert und chaotisch ist.“
Viele Prognosen erweisen sich als falsch
Der 69-Jährige, der sich mit Künstlicher Intelligenz beschäftigt, erinnerte an falsche Prognosen berühmter Menschen. Gottfried Daimler glaubte, dass es nicht mehr als eine Million Autos geben werde, weil man für jedes einen Chauffeur benötige, und Microsoftgründer Bill Gates hielt das Internet für einen „Hype“, eine Welle, die schnell vorübergeht.
„Wir schauen mit der Brille der Vergangenheit in die Zukunft. Das funktioniert nicht“, sagte Walter, der als Professor für Raumfahrttechnik in München lehrt. Seine Botschaft: „Unsere Probleme kommen aus der Zukunft und nicht aus dem Gestern.“ Sicher vorhersagen könne man eigentlich nur, was in Kürze passiert. „Ich mache jetzt zwei Schritte nach vorn.“ Aber schon der morgige Tag könne ungewiss sein – etwa wenn er über das Mikrofonkabel stürze. Putins Krieg, der Absturz des Dax – niemand wusste es. Der frühere Weltraumraumfahrer sprach in diesem Zusammenhang von chaotischen Systemen. „Auf einmal kippt alles.“
Physiker hält noch nicht viel von der Künstlichen Intelligenz
Nicht Bange machen muss uns nach Walters Worten die Künstliche Intelligenz mit Textrobotern wie GPT. Sie könnten das menschliche Gehirn nicht ersetzen. Mit humorvollen Interviewbeispielen zeigte er auf, welchen Unsinn diese Systeme produzieren können. Walter: „Sie durchkramen das Internet, haben aber keine Ohren, keine Sinne. Sie verstehen die Welt nicht.“ Sein Rat: „Vertrauen Sie keinem GPT.“
Aber wie sollen wir uns angesichts einer unsicheren Zukunft nun verhalten? „Es reicht, vorbereitet zu sein“, empfahl der Ex-Astronaut zum Schluss. „Augen offen halten, schauen, was um uns herum passiert.“ Und, diesmal zitierte er Einstein, „bleiben Sie neugierig!“