Witten: Markus Gürne spricht über Krisen und Corona
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Witten. Deutschland spricht über nichts anderes mehr: Corona. Auch beim Sparkassen-Gesprächsforum in Witten war das Virus und seine Auswirkungen Thema.
Menschenansammlungen vermeiden und bloß nicht die Hand schütteln: Keine idealen Voraussetzungen für das 43. Gesprächsforum der Wittener Sparkasse. Trotzdem – oder gerade deshalb – fand die Veranstaltung mit dem Leiter der ARD-Börsenredaktion Markus Gürne am Dienstagabend statt.
„Es ist gut, dass ich heute Abend da bin“, sagt Markus Gürne, nachdem er die Bühne im Saalbau betreten hatte. Der Moderator der Sendung „Börse vor acht“ kenne sich mit Krisen aus, nicht nur, weil er bei dem öffentlich-rechtlichen Sender ARD arbeite, sondern vor allem, weil er lange Zeit als Auslandskorrespondent im nahen und mittleren Osten unterwegs war. Daher wüsste er, dass indisches Benehmen in diesen Tagen von Vorteil sei: „Namaste“ anstatt Handschlag ist auch beim Gesprächsforum ausdrücklich erwünscht.
„Das Coronavirus hat massive Auswirkungen auf die Wirtschaft“
Der Journalist nimmt das brandaktuelle Thema zum Anlass, um über die wirtschaftlichen Auswirkungen solcher Krisensituationen zu sprechen. „Corona hat massive Auswirkungen auf die Wirtschaft“, sagt Gürne. Unternehmen hätten Produktionsstätten in China, in denen sie für den chinesischen Markt produzieren. Auch der deutsche Markt leide unter den Folgen. Durch die Beeinträchtigung der Lieferketten würden wichtige Teile aus China gar nicht in Deutschland ankommen.
Spätestens wenn die Arbeiter nicht mehr in die Werke kommen können, hätten wir ein Problem. „Angebot und Nachfrage brechen durch die Schutzmaßnahmen gleichzeitig ein“, sagt Gürne und nennt die deutsche Reederei am Hamburger Hafen als Beispiel: Weil weniger Güter von und nach China gebracht werden, seien die Frachtraten in den vergangenen Wochen massiv eingebrochen.
Experte Markus Gürne spricht zu Wirtschaftsthemen im Saalbau
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Doch der Journalist gibt Entwarnung: „Nach jeder Krise geht es wieder nach oben.“ Wenn das Virus überwunden sei, würden die Pharma- und Gesundheitsbranche ihre Produktion wieder zurück nach Deutschland holen. „Überlegen Sie mal, wann sich bei Ihnen zu Hause etwas ändert“, sagt Gürne. „Bei mir ändert sich etwas, wenn der Druck so groß ist, dass man etwas tun muss.“ Daher sei das Coronavirus am Ende des Tages eine heilsame Veranstaltung.
Markus Gürne spricht über Flüchtlingskrise, Elektromobilität und den Brexit
Auch wenn die Angst vor dem Virus derzeit in aller Munde ist, war dies nicht das einzige Thema über das der Referent am Dienstagabend sprach. Die Flüchtlingskrise, Elektromobilität und der Brexit standen ebenso auf der Agenda.
Veränderte Öffnungszeiten
Die Sparkasse Witten möchte sich in diesem Jahr stärker an den Bedürfnissen und dem veränderten Nutzerverhalten der Kunden ausrichten. Der Beratungsbedarf steige, die Nachfrage nach persönlichen Servicetätigkeiten sei jedoch weniger geworden. Deshalb müssten die Öffnungszeiten in den Geschäftsstellen angepasst werden.
Die ersten Änderungen treten bereits ab Montag, 9. März, in Kraft: Dann werden die Zweigstellen am Crengeldanz, an der Siegfriedstraße in Annen, im Hammertal und in Rüdinghausen nur noch morgens drei Stunden (9 bis 12 Uhr) für das normale Kundengeschäft geöffnet sein. Beratungstermine gibt es in allen fünf Geschäftsstellen von 9 bis 18 Uhr.
Mit Witz und Charme untermalte Gürne seine Themen mit Anekdoten aus seinem Alltag. So habe er vor nicht allzu langer Zeit in einem Auto mit Hybridantrieb gesessen. Nachdem er die Außenspiegel ausgefahren, die Sitzheizung eingeschaltet und das Radio aufgedreht habe, sei bereits der Verbrennungsmotor angesprungen. „Ich bin noch keinen Meter gefahren“, sagt Gürne. „Was machen wir denn, wenn der Verbrennungsmotor nicht mehr zugelassen wird?“
Dass dies sei kein Modell für die Zukunft sei, müsse eigentlich jedem längst klar sein. Doch da gibt es ein Problem: „Wir Deutschen haben einen Denkfehler: Wir leben in der Vergangenheit“, sagt der Journalist. „Das ist der Tod.“
„Made in China“ - Gibt es bald hochwertige Produkte aus China?
Stattdessen müssten wir in jeder Branche mit dem Geschäftsmodell „ganz vorne in der Dampflok sitzen.“ Denn beispielsweise China wandele sich sehr stark und sehe Europa und Deutschland nicht mehr nur als Partner, sondern als Konkurrenz. „Die Chinesen fühlen sich als kommende Nation“, sagt der Referent. China würde zur Konsumgesellschaft und setze nicht mehr nur auf die billige Produktion. „Wenn die Chinesen bald „made in China“ hochwertig produzieren – und das können die – dann wird es für uns schwierig, dort etwas zu verkaufen.“
Die Chinesen kaufen oder steigen in Unternehmen ein, während sich der Deutsche lieber zurückhält. Das merke man auch an der Börse. So habe sich der 87-jährige Nachbar seiner Mutter neulich einen Mercedes-AMG gekauft – bereits sein 17. Daimler. „Er findet Daimler eben gut, mag die Produkte. Auf die Idee, mal eine Aktie zu kaufen, ist er jedoch nicht gekommen – Das ist deutsch“, so Gürne.
„Ich will, dass die Leute verstehen, dass es etwas gibt, das sie tun können“
Zwar wolle er niemanden überreden, Aktien an der Börse zu kaufen, trotzdem scheint das ein Thema zu sein, das ihm am Herzen liegt: „Ich will, dass die Leute verstehen, dass es etwas gibt, das sie tun können, das Auswirkungen hat auf sie und ihre Kinder.“ Das Geldvermögen der Deutschen belaufe sich auf rund sechs Milliarden Euro. Ob es sich da lohnt, weiter auf die „Warte-Prämie“ zu hoffe, bezweifelt er.
Mit seiner lockeren Art und vielen Anekdoten und Geschichten aus seinem privaten Umfeld schaffte es der Leiter der ARD-Börsenredaktion, die Aufmerksamkeit seines Publikums konsequent aufrecht zu erhalten. Die Resonanz des Publikums war dementsprechend: Mit tosendem Applaus stimmte das Publikum dem Journalisten zu und bedankte sich für den Vortrag.
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