Witten. Was ist wahr, was nicht? In Zeiten von „Fake News“ fällt es immer schwerer zu unterscheiden. Caren Miosga sieht trotzdem nicht schwarz.

Kennen Sie den: Eine Sächsin verklagt ihren Reiseveranstalter, weil sie statt in Porto in Bordeaux gelandet ist, verliert aber vor Gericht. Fake News oder die Wahrheit? „Tagesthemen“-Moderatorin Caren Miosga stellt das Publikum auf die Probe, als sie beim Gesprächsforum der Sparkasse am Montagabend im Saalbau über das Thema „Fake-News, alternative Fakten und Postfaktisches – Journalismus im digitalen Wandel“ redet.

Um die Sache mit der Sächsin aufzulösen: Die Nachricht stimmte. Der Mann im Reisebüro hatte die Frau halt falsch verstanden. Caren Miosga gelingt der Satz zwar nicht auf Sächsisch, trotzdem gibt es viele Lacher im 600-köpfigen Publikum.

Wer glaubte, es handele sich um eine vorgetäuschte, manipulierte Nachricht, sprich eine ‘Fake News, sieht sich diesmal zwar getäuscht. Doch oft genug fallen inzwischen Menschen auf diese „Fake News“ herein (über 30 Prozent aller Deutschen), die mit den soziale Medien Einzug hielten.

„Jeder hat ein Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“

Die bekannte Fernsehmoderatorin aus dem Ersten handelt das Thema manchmal etwas langatmig ab, insgesamt ist ihr Vortrag aber sehr informativ. Kernbotschaft: „Jeder hat ein Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten.“ Selbst wenn es der Präsident von Amerika ist: Fake bleibt Fake. 1700-mal seien dem twitternden Trump solche Unwahrheiten in einem Jahr nachgewiesen worden, sagt Miosga.

Die Journalistin beschreibt das Erfolgsgeheimnis dieser Falschmeldungen: „Sie verkleidet sich in einem bestimmten Muster, das Empörung, Angst und Reizthemen bedient.“ Zu den erfolgreichsten Fake News habe die (falsche) Nachricht gehört, 59 Prozent aller Flüchtlinge hätten keinen Schulabschluss.

Falschmeldungen eignen sich gut für Propaganda

Viele sagten: „Egal, ob das stimmt. Aber es könnte so sein.“ Sie sähen ihr Weltbild bestätigt. Deshalb eigneten sich Fake News und alternative Fakten sehr gut zu Propagandazwecken. Miosga: „Sie bedienen eine gefühlte Wahrheit.“

Die Besucher langten gerne zu: Die neue Saalbau-Gastronomie konnte die Sparkassenspitze und die vielen Gäste mit ihrem Grünkohlbüfett überzeugen.
Die Besucher langten gerne zu: Die neue Saalbau-Gastronomie konnte die Sparkassenspitze und die vielen Gäste mit ihrem Grünkohlbüfett überzeugen.

Die Fernsehfrau warnt vor dem schleichenden Verlust von Glaubwürdigkeit, vor der Erschütterung unseres gesellschaftlichen Miteinanders, wenn immer weniger Menschen den klassischen Medien vertrauten. Gerade AfD-Wähler seien besonders anfällig für Fake News. Mit dem „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“, das Weltkonzerne wie Facebook zwingt, Hass-Kommentare und vermeintlich strafbare Inhalte sofort zu löschen, sei in Deutschland zwar ein Erfolg gelungen. „Doch Fake News funktionieren international.“ Was also tun?

Die Tagesthemen-Moderatorin bleibt trotz alledem optimistisch. So seien seit Trumps Amtsantritt die Abonnentenzahlen namhafter Zeitungen in Amerika enorm gestiegen und Einschaltquoten in die Höhe gegangen. Aber wie wollen wir in Zukunft noch entscheiden, was wahr ist und was nicht?

„Herausfinden und abbilden, was die Wahrheit ist“

Miosga appelliert an die klassischen Tugenden: „Authentizität und Glaubwürdigkeit sind die stärksten Argumente der Journalisten, den Kampf gegen Fake News zu gewinnen.“ In Zeiten, wo sich immer mehr Menschen einfache Lösungen wünschten und einen Schuldigen benennen wollten, gilt für sie: „Wir müssen uns auf unser Handwerk konzentrieren, herausfinden und abbilden, was die Wahrheit ist, und deshalb prüfen, prüfen, prüfen.“