Witten. Eine florierende Firma hinterlässt Ruinen: Bahnzulieferer Faiveley will in Bochum die Produktion einstellen. Das Gebäude in Witten verwahrlost.
„Faiveley“ steht noch an dem Verwaltungsgebäude an der Brauckstraße in Witten-Rüdinghausen, aber seit 2020 gibt es das Unternehmen hier nicht mehr. Der wirtschaftlich erfolgreiche Bahnzulieferer war von Rüdinghausen auf die nur wenige Kilometer entfernte Opel-Fläche gezogen. Für kurze Zeit: In Bochum entlässt Faiveley nun das Gros seiner Mitarbeiter und stellt die Produktion ein.
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Faiveley stellt Bremsen und Kupplungen für die Bahntechnik her und war 2016 vom US-Konzern Wabtec übernommen worden. Unter den US-Geschäftsführern war das Unternehmen 2020 von seinem Gelände neben „Bauhaus“ an der Brauckstraße in ein neu gebautes Werk auf dem früheren Opel-Gelände in Laer gezogen. Bereits 2021, also nur ein Jahr nach dem Umzug, gab Faiveley die Schließungspläne bekannt: Wabtec verlegt seine Produktion nach Italien und Indien, 213 der 300 Beschäftigten verlieren 2023 ihren Arbeitsplatz.
Entlassungen trotz Millionengewinn
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„Das ist ein Konzernentscheid, der in den USA getroffen wurde, um die Profitrate zu steigern“, sagt Mathias Hillbrandt, zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Ennepe-Ruhr-Wupper. Er hatte damit nicht ansatzweise gerechnet. Wie nun bekannt wurde, hat die Produktion in Bochum 8,1 Millionen Euro Gewinn nach Steuern eingefahren. So steht es im Jahresabschluss für 2020 von Faiveley Transports. Schon im laufenden Jahr 2022 soll es bei einem erneuten Jahresumsatz von etwa 140 Millionen Euro satte Gewinne geben, voraussichtlich im „höheren einstelligen Millionenbereich“. Auch die Auftragslage verheißt für die Zukunft offenbar Gutes. Ende 2021 standen Aufträge in Höhe von 197 Millionen Euro in den Büchern. Für das laufende Jahr sollen Aufträge im Wert von 132 Millionen Euro hinzukommen.
Uneinigkeit mit Thelen-Gruppe
Trotzdem argumentiert Wabtec damit, sein Standortnetzwerk in Europa optimieren zu müssen, da der Kosten- und Innovationsdruck steige. „Die strategischen Überlegungen und Kostenanalysen haben ergeben, dass der Standort in Bochum dauerhaft und deutlich am wenigsten wettbewerbsfähig ist“, heißt es in einer Wabtec-Mitteilung von Oktober 2021.
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Warum wurde überhaupt umgezogen? Als Grund wurde vor gut drei Jahren Platzmangel angegeben: Man hätte sich in Witten nicht erweitern können. Mathias Hillbrandt von der IG Metall erinnert sich an schwierige Verhandlungen mit dem Vermieter, der Thelen-Gruppe aus Essen. Ihr gehört der gesamte Gewerbepark entlang der Brauckstraße, auf dem früher Siemens Telefone produziert hat. Thelen war damals nicht bereit, den Wünschen des Unternehmens entgegenzukommen. Auch Bürgermeisterin Sonja Leidemann vermittelte vergeblich. Stattdessen hat auf dem großen Brachgelände hinter Faiveley wenig später Amazon sein riesiges Sortierzentrum gebaut.
Verwaltungsgebäude ist heruntergekommen
Mangel an Gewerbeflächen
Der Faiveley-Wegzug 2020 war viel beachtet worden. Denn nach dem Wälzlagerhändler Picard (2012) und Pelzer (Ende 2018) war Faiveley das dritte große Maschinenbauunternehmen, das – mitsamt den Gewerbesteuern – von Witten nach Bochum abwanderte. Als Grund hieß es immer: Witten hätte nicht genügend große Gewerbeflächen.
Daran hat sich bis heute wenig geändert, auch wenn das Innenstadtgelände Drei Könige bereits erschlossen ist und die Thyssen-Deponie an der Stockumer Straße in Annen bald von Altlasten befreit und entwickelt wird. Umstritten ist ein geplantes Gewerbegebiet am Vöckenberg in Stockum. Wirtschaftsförderin Anja Reinken hat große Sorge, dass über kurz oder lang Betriebe abwandern, die sich hier nicht erweitern können.
Inzwischen sieht das einstige Verwaltungsgebäude von Faiveley ziemlich heruntergekommen aus, die Jalousien hängen herab, teilweise sind Fenster eingeschlagen. Deutlich sichtbar ist, dass dort zurzeit ein Fußweg entsteht, der zu den dahinterliegenden Amazon-Hallen führt. Was aus dem Gebäude selbst wird? Die Thelen-Gruppe gibt dazu auf Nachfrage unserer Redaktion keine Auskunft.