Witten. Es sieht gut aus für den Vöckenberg: Im Haupt- und Finanzausschuss sprachen sich nahezu alle für den Erhalt als Grünzug aus. Warum plötzlich?

Die Chance rückt näher, dass der umstrittene Vöckenberg künftig nicht mehr als Gewerbefläche im Regionalplan Ruhr ausgewiesen wird. Bei der Diskussion im Haupt- und Finanzausschuss (HFA) am Montagabend (28.3.) zeichnete sich ab, dass die Politik das Areal mehrheitlich als Grün- und Freifläche zu sehen bereit ist. Dies hatten offenbar die Anfragen und leidenschaftlichen Appelle zweier Bürger bewirkt. Sie fordern, dass die Stadt Einspruch gegen die bisherigen Planungen des Regionalverbands Ruhr (RVR) erhebt.

Bürgermeister Lars König schien trotzdem irritiert: „Immer wieder werden Forderungen an uns gestellt, solche Gewerbeflächen zu entwickeln“, betonte er im Ausschuss. Dies sei nicht vereinbar mit der Diskussion um den Vöckenberg. Sein Herz hänge nicht an dieser Fläche und dort werde „nicht morgen, nicht in drei Jahren, vielleicht niemals etwas passieren“. Aber man müsse sich nicht jede Entscheidungsoption nehmen. Ähnlich sehen das auch die Vertreter von CDU und FDP.

Wittener CDU und FDP sehen keinen Handlungsbedarf

Steffen Fröhlich (FDP) dazu: „Keiner hat gesagt, dass der Vöckenberg Gewerbegebiet wird. Es hat noch keine Prüfung stattgefunden.“ Man solle die Planung doch einfach so lassen wie derzeit vorgesehen. Dafür plädierte auch CDU-Fraktionschef Volker Pompetzki. Zwar sei es keine Option, auf dem Areal ein Gewerbegebiet zu entwickeln. Dennoch sehe auch er aktuell keinen Handlungsbedarf.

SPD, Grüne, Stadtklima und Piraten dagegen folgten den Argumenten der Bürger, die sich noch einmal mit Nachdruck gegen die Umwandlung in ein Gewerbegebiet aussprachen. So habe sich etwa aus Sicht der Bürgerinitiative „Stockum wehrt sich“ seit der letzten Abstimmung im Rat die klimatische Lage verändert.

Tina Gambalat von der Bürgerinitiative etwa betonte die gut funktionierende Frischluftschneise, ebenso wie die hochwertigen Böden. Ähnliche Argumente brachte auch der Stockumer Bernd Wittke, von dem der zweite Bürgerantrag stammt. Beide brachen eine Lanze für die Landwirtschaft – und nachfolgende Generationen. „Sie wollen Ihrer Tochter doch keinen Scherbenhaufen hinterlassen“, appellierte Gambalat an den Bürgermeister.

SPD Witten: Schluss mit der Diskussion

Die Piratenfraktion wollte die Bürgeranregungen mit einem Änderungsantrag unterstützen. Doch so etwas sei rechtlich nicht möglich, teilte die Stadt mit – woraufhin Ratsmitglied Stefan Borggraefe Protest ankündigte. Denn die Position der Piraten sei klar: So wie jetzt dürfe es nicht weitergehen.

Die SPD positionierte sich im HFA ebenfalls im Sinne der Bürger. Bei der ersten Abstimmung 2019 hatten die Sozialdemokraten fast geschlossen mit CDU, FDP und Solidarität für Witten für das Industriegebiet gestimmt. SPD-Ratsmitglied Walter Sander sprach jetzt auch als Stockumer: „Die Fläche ist so wertvoll. Es muss endlich Schluss sein mit der Diskussion.“ SPD-Fraktionschef Uwe Rath ergänzte diese Forderung: „Worten müssen nun Taten folgen und dafür ist jetzt der richtige Zeitpunkt.“

Wittener Stadtklima: Gewerbeflächen sind „alte Modelle“

Klare Worte fand Michael Hasenkamp vom Stadtklima. Er unterstütze die Bürger „aus vollem Herzen“. „Eine Option, sich etwas offen zu halten, von der wir wissen, dass sie falsch ist, ist keine Option, sondern eine Irrung.“ Er glaube, dass Witten keine neuen Gewerbeflächen brauche und bezeichnete sie als „alte Modelle“.

Auch Jan Richter, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen, hält eine neue Stellungnahme der Stadt an den RVR für wichtig, „mit dem Ziel, den Vöckenberg als Gewerbegebiet im Sinne der Bürger abzusetzen“. Im Rat solle dies zementiert werden.

Pirat Stefan Borggraefe blieb trotz der sich abzeichnenden Mehrheit für einen Einspruch der Stadt an den Regionalverband skeptisch. „Das reicht vielleicht nicht aus. Deshalb müssen wir Druck auf das Ruhrparlament machen, das letztlich entscheidet.“