Witten. Das Amtsgericht Witten hat einen Mann freigesprochen, den seine Ex-Freundin wegen Vergewaltigung angezeigt hatte. Was sprach für den Angeklagten?

Während sich Staatsanwältin und Verteidiger noch drinnen im Saal berieten, stritten der Angeklagte und seine Ex-Freundin schon wieder lautstark draußen auf dem Flur. Der Mann wirkte wütend und einschüchternd.

„Wir werden noch viel Spaß haben“, sagte der 39-Jährige, der die Frau (24) vergewaltigt, gewürgt, ihr eine Decke über den Kopf gestülpt und geschlagen haben soll. Die Vorwürfe ließen sich aber nicht beweisen und so verließ er das Gericht am Ende als freier Mann.

Wittener Amtsrichterin: „Im Zweifel für den Angeklagten“

„In dubio pro reo“, im Zweifel für den Angeklagten, fasste Richterin Barbara Monstadt das Urteil zusammen. Weil Aussage gegen Aussage stand, die Frau die vermeintliche Vergewaltigung am 9. April 2021 zunächst gar nicht bei der Polizei angezeigt hatte und am selben Tag noch harmlos wirkende Chat-Nachrichten verschickte („Käse eingekauft, Eis gegessen, er lernt“), plädierte sogar die Staatsanwältin auf Freispruch.

Insofern hatte der Verteidiger leichtes Spiel. Er deutete außerdem ein aus seiner Sicht mögliches Motiv der Frau an, warum sie so schwere Vorwürfe gegen ihren Ex-Freund erhob. Vor dem Familiengericht läuft parallel ein Verfahren um das gemeinsame, erst wenige Monate alte Kind. In einem Brief an die Richterin stritt die 24-Jährige zwar jeden Zusammenhang ab. Doch wenn dem so sei, sagte der Verteidiger, warum erkläre dann der Verfahrensbevollmächtigte, eine Art Anwalt des Kindes, dass aufgrund der Übergriffe kein Raum für Kontakte sei?

Staatsanwältin in Witten spricht von „toxischer On-Off-Beziehung“

Die Staatsanwältin sprach in ihrem Plädoyer von einer „toxischen On-Off“-Beziehung. Es gab immer wieder Streit und Trennungen. Mal war der künftige Nachnamen des Ungeborenen ein Thema, mal ging es um eine Abtreibung. Doch wer am Ende die Wahrheit gesagt hat, war für das Gericht nicht zu erkennen. Auch nach einer weiteren Zeugenbefragung war es nicht viel schlauer.

Eine langjährige Freundin (41) des Angeklagten, die mit seiner Ex-Freundin einige Tage nach der angeblichen Tat Nachrichten austauschte, will von einer Vergewaltigung nichts gewusst haben. „Ich kann mir das niemals vorstellen“, sagte sie. „Ich kenne ihn seit über 30 Jahren.“ Für das Gericht blieb der stämmige, nicht vorbestrafte Mann am Ende eher ein Unbekannter.

Richterin Barbara Monstadt riet beiden, ihm und seiner Ex-Freundin, Abstand voneinander zu erhalten. Sie erinnerte an das gemeinsame Baby, das mit der „ungeklärten Situation“ nach diesem Prozess irgendwann einmal ein Problem haben könne.