Witten. Ein Angeklagter aus Witten hat versucht, 8000 Euro von einem fremden Konto abzuheben. Dabei stellte sich der Mann allerdings ziemlich dumm an.

Er hatte kein Geld und manchmal pumpte er sogar seinen Bewährungshelfer an, wenn er sich etwas zu essen kaufen wollte. Und da waren ja auch noch die Drogen. Wenn einem dann eine fremde EC-Karte in die Hände fällt, kommt man schnell auf dumme Gedanken. So verhielt es sich auch bei einem 34-Jährigen, der jetzt vor dem Amtsgericht in Witten stand.

Zwei Justizbeamte führen den Mann in den großen Saal und passen auf ihn auf. Denn er verbüßt derzeit eine Gefängnisstrafe wegen eines früheren Delikts. Überhaupt hat der Angeklagte schon viel Zeit hinter schwedischen Gardinen verbracht, fast ein Drittel seines immer noch jungen Lebens.

Angeklagter aus Witten will von den Drogen loskommen

Er war heroinabhängig und befindet sich in einem Polamidonprogramm, die Beziehung zur Mutter war von Gewalt und Liebesentzug geprägt, ab 15 Jahren folgten vorwiegend Heimaufenthalte. Da begann auch seine kriminelle Karriere. Das Vorstrafenregister ist so lang, dass der Reporter kaum mitschreiben kann. Körperverletzung, Beleidigung, versuchte sexuelle Nötigung, Diebstahl, einmal sogar in 38 Fällen, Drogenbesitz, Hehlerei, versuchter Betrug… Für vieles wanderte er in den Knast, ohne Bewährungschancen zu nutzen, wie das Gericht feststellte.

„Ich habe Sie hier das erste Mal am 10. Juli 2019 gesehen“, stellt Richterin Barbara Monstadt beim Verlesen der vielen Einträge im Bundeszentralregister (BZR) den Bezug nach Witten her. „Damals sahen sie viel schlechter aus“, so die Amtsgerichtsdirektorin. Der Angeklagte leidet unter der Lungenkrankheit COPD. Seinerzeit hieß es sogar, das Endstadium sei bereits erreicht. Doch inzwischen scheint es ihm wieder besser zu gehen.

Richterin: Gleich voll hingelangt

Die Richterin spricht von einer „tragischen Lebensgeschichte“, lässt aber nicht außer Acht, dass der Angeklagte nur wenige Wochen nach seiner letzten Verurteilung Ende Mai 2020 im Juli schon wieder straffällig wurde. Genau deshalb steht er jetzt wieder vor dem Kadi. Dank der fremden EC-Karte, an die er auf ungeklärte Weise kam, konnte er die Kontonummer des Kartenbesitzers auf einem Überweisungsträger eintragen. „Und sie langten gleich voll hin“, stellt die Richterin fest.

8000 Euro wollte der 34-Jährige, der zuvor versucht hatte, mit der EC-Karte direkt Geld zu bekommen, von dem Konto abheben. Doch er fiel damit bei der Bank auf. Er hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, die Unterschrift zu fälschen. Auch wegen des relativ hohen Betrags wurde das Kreditinstitut offenbar stutzig. Und zur Krönung wollte er das Geld auch noch auf sein eigenes Konto überweisen lassen. All das reichte aber für eine Anklage wegen versuchtem Betrug und Urkundenfälschung.

Beschuldigter stellte sich ziemlich dumm an

Gleichzeitig bescheinigen ihm Staatsanwalt und Gericht zumindest in diesem Fall wenig kriminelle Energie und Raffinesse. Die Richterin würdigt ebenfalls die Notsituation des Angeklagten, der nur Grundsicherung und nicht Hartz IV bekam, sagt aber auch: „Sie haben das Geld nicht nur für Lebensmittel, sondern auch für Drogen gebraucht.“

Das Schöffengericht folgt dem Antrag des Staatsanwalts, den Angeklagten unter Einbeziehung einer anderen Geldstrafe für acht weitere Monate in Haft zu schicken. Zugute kommt ihm auch seine Ankündigung, eine Ausbildung machen zu wollen, am liebsten im offenen Vollzug in Langendreer.

„Das ist doch mal ein Plan“, sagt die Richterin. Allerdings hält sie nicht viel von einer Maler- und Lackiererlehre, die der Angeklagte anstrebt. „Das geht doch gar nicht wegen der Dämpfe“, sagt sie. Dann doch lieber eine Gärtnerausbildung, schlägt Monstadt vor. Die dauere aber 36 Monate, entgegnet der Angeklagte. Humorvolles Schlusswort der Richterin: „Hätten wir Ihnen mehr geben sollen?“