Witten. Bei wenigen Gegenstimmen und Enthaltungen hat der Rat in Witten den Etat 2021 verabschiedet. So schnell ging es noch nie.

Es war vermutlich die schnellste Haushaltssitzung in der Geschichte Wittens – und das, obwohl zehn Reden auf der Tagesordnung und unzählige Anträge der Fraktionen standen. Doch wegen Corona fanden weder Reden noch Debatten statt. Nach nicht einmal einer Stunde konnte sich der neue Bürgermeister Lars König (CDU) über seinen ersten, mit großer Mehrheit beschlossenen Etat freuen.

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Gegenstimmen und Enthaltungen kamen nur aus der letzten Reihe im Saalbau. Die beiden Fraktionsmitglieder von „Stadtklima“, Günzel und Hasenkamp, lehnten den Etat ab, ebenso die Mitglieder der Linken. Die drei Vertreter der AfD enthielten sich. Der Bürgermeister sprach angesichts der breiten Zustimmung von einem „sehr guten Zeichen, dass Rat und Verwaltung gewillt sind, gemeinsam nach Sachlösungen zu suchen“.

26 Millionen Miese sind im Wittener Haushalt ausgeklammert

Kämmerer Matthias Kleinschmidt hatte dem Rat einen Corona-Haushalt vorgelegt, der bei Erträgen von rund 320 Millionen Euro und Ausgaben von über 319 Millionen nur scheinbar ausgeglichen ist. Die Miesen von 26 Millionen, das erlaubt der Gesetzgeber, werden ausgeklammert.

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Trotz der knappen Finanzen wird investiert, in neue Stellen etwa für die Umsetzung des Radverkehrskonzeptes und einen Digitalisierungsbeauftragen, in eine Dreifachsporthalle an der Hardenstein-Gesamtschule, Straßenbau und neue Kitas. 14 Stellen allein für Ingenieure in der Bauverwaltung und 22 fürs Kita-Personal – schon lange fiel der Stellenplan nicht mehr so üppig aus.

Zahlreiche Anträge zum Haushalt

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Die Fraktionen hatten zahlreiche Anträge gestellt. Keine Chancen hatte das Begehren der Linken, das Gehalt der Sparkassenvorstände zu reduzieren, sie sollten nicht mehr als der Stadtkämmerer verdienen. SPD und Grüne brachten ihren Antrag durch, die Stadt möge einen Solidaritätsfonds für Wittener Kulturschaffende prüfen. Dessen Betrag soll sich an der Höhe der Corona-Bußgelder orientieren (150.000 Euro im Vorjahr) - was nicht bedeutet, dass die Corona-Einnahmen dort hineinfließen müssen.

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Angenommen wurde auch der Antrag von Bürgerforum, Linken und Piraten für mehr Streetworker und der SPD für den Ausbau der Schulsozialarbeit. Der Rat segnete außerdem die Aussetzung der Kita- und OGS-Beiträge von Januar bis März ab.

Haushaltsreden geprägt von der Pandemie

Die Haushaltsreden waren von der Pandemie geprägt. „Die Folgewirkungen und die Herausforderungen werden uns noch sehr, sehr lange belasten“, sagte der neue CDU-Fraktionschef Volker Pompetzki. Bei den wirtschaftlichen Folgen dachte er gerade an die Jüngeren. „Die heute 20-Jährigen werden wahrscheinlich die Belastungen aus dieser Pandemie bis zum Rentenalter tragen müssen.“ Gemeint waren damit die haushaltstechnisch ausgelagerten Corona-Defizite, die in den Folgejahren abgeschrieben werden.

Volker Pompetzki ist Fraktionsvorsitzender der CDU im Rat der Stadt Witten.
Volker Pompetzki ist Fraktionsvorsitzender der CDU im Rat der Stadt Witten. © CDU

Digitalisierung, Innenstadt, Klima, Wohnen - das waren seine Schwerpunkte. Für die City forderte Pompetzki „dringend neue Perspektiven“ mit Konzepten für den fließenden und ruhenden Verkehr. Bei den steuerlichen Belastungen wie der Grundsteuer müsse es eine Trendumkehr geben. „Sinnvolle Investitionen in zukunftsfähige Projekte, ohne weitere Steuererhöhungen, sind der richtige Weg“, sagte er. Als Beispiel nannte der Unionspolitiker die geplante Dreifach-Sporthalle für die Horst-Schwarz-Halle.

SPD fordert mehr Hilfe von Bund und Land

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Die Halle blieb auch in der Rede von SPD-Fraktionschef Uwe Rath aus Vormholz nicht unerwähnt. Mit diesem Haushalt bleibe Witten handlungsfähig, waren sich Rath und Pompetzki einig. Der Sozialdemokrat forderte deutlich mehr Hilfen von Bund und Land. Sonst „werden durch die Folgen der Pandemie in kürzester Zeit alle Erfolge der vorherigen Konsolidierungsjahre komplett aufgezehrt“.

Uwe Rath ist Fraktionsvorsitzender der SPD im Rat der Stadt Witten.  
Uwe Rath ist Fraktionsvorsitzender der SPD im Rat der Stadt Witten.   © SPD

Schlimmer noch: „Wenn dann parallel das Stärkungspaktgesetz auslaufen soll, droht eine Nichtgenehmigung der Haushalte aller zukünftigen Jahre“, warnte Rath. Bislang seien weder liquiditätswirksame Hilfsprogramme noch Entlastungen von Aufgaben oder Sonderreglungen für überschuldete Kommunen erkennbar. „Damit rächt sich dann für Städte wie Witten bitter, dass die Entschuldung von Altschulden von der Tagesordnung der Bundes- und Landespolitik genommen wurde.“

Für die Grünen ist die Corona-Isolation ein „buchhalterischer Handstreich“

Auch Grünen-Fraktionschefin Birgit Legel-Wood betonte die außergewöhnliche Situation, in der der aktuelle Haushalt entstanden ist. Die „Corona-Isolation“, mit der Folgen der Corona-Pandemie aus dem Haushalt ausgeklammert werden können, ist für sie dennoch das „Unwort des Jahres“ und ein „buchhalterischer Handstreich“. Denn es werde nicht isoliert, sondern verschoben. „Und die finanziellen Lasten unseren Kindern und Enkelkindern aufgebürdet.“ Mittelfristig brauche es eine nachhaltige Entschuldung der Kommunen durch Bund und Land.

Birgit Legel-Wood, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Rat der Stadt Witten.
Birgit Legel-Wood, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Rat der Stadt Witten. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Isolation, Vereinsamung und Existenzängste würden die Bürger belasten. Deshalb liegt der Fokus der Grünen darauf, wie man den Menschen in der Stadt „ganz aktuell helfen“ könne. Die Grünen möchten daher etwa die Schulsozialarbeit stärken und Kulturschaffende unterstützen, denen die Einnahmen weggebrochen sind. Auch die schnellere Umsetzung des Radverkehrskonzeptes ist ihnen ein Anliegen. Denn trotz Corona bleibe der Kampf gegen den Klimawandeleine zentrale Aufgabe.

Trotz aller Vorbehalte stimmte die Grünen-Fraktion dem Haushaltsplan mit allen seinen Anlagen zu. „Wir tun dies in dem Bewusstsein, dass die „Corona-Isolation“ uns in den nächsten Jahren noch vor schwierige Aufgaben stellen wird“, so Legel-Wood.

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