Bochum. Händler auf Bochumer Wochenmärkten haben gestiegene Kosten kritisiert und drohten, abzuwandern. Warum sich nun allmählich Zuversicht einstellt.
Nachdem die Situation auf den Bochumer Wochenmärkten hohe Wellen geschlagen hat, gibt es nun eine Petition zum Erhalt der Wochenmärkte. In WAZ-Gesprächen mit Händlerinnen und Händlern, Marktgilde und der Unabhängigen Wähler-Gemeinschaft (UWG), die die Petition initiiert hat, zeigt sich: Die Zuversicht auf Verbesserung ist bei allen da, denn die Ziele der unterschiedlichen Parteien liegen gar nicht so weit auseinander. Die Situation könnte sich also beruhigen.
Petition zum Erhalt der Wochenmärkte in Wattenscheid
Ende Februar hat die Unabhängige Wähler-Gemeinschaft (UWG) eine Petition zum Erhalt der Wochenmärkte gestartet. Anlass seien Nachfragen zahlreicher Besucherinnen und Besucher des Wattenscheider Marktes gewesen, die sich aufgrund der wachsenden Herausforderungen um den historischen Markt am Platz „Alter Markt“ sorgten, sagt Tim Pohlmann, Vorsitzender der UWG. Die Wochenmärkte in Wattenscheid hätten als Treffpunkt einen sozialen Wert, vor allem für die Älteren, findet die UWG.
Angesichts der jüngsten Gespräche sei Bewegung in der Sache sichtbar, heißt es von der UWG. Man sei zuversichtlich, dass eine gemeinsame Lösung gefunden werden könne. Es gehe nicht darum, einen Schuldigen zu finden, sondern den Markt zu erhalten. Bis zur Mittagszeit am 4. März haben knapp 400 Menschen die Petition unterschrieben.
Zunächst zurück zu den Anfängen.
Wie kam es zu den erhöhten Standgebühren auf den Wochenmärkten?
Seit Januar organisiert die Deutsche Marktgilde die Wochenmärkte in Bochum – bis zum 31. Dezember 2028 hat sie dafür den Zuschlag. Damit hat sie Bochum Marketing als bisherigen Betreiber abgelöst.
Seitdem haben sich mit den neuen Verträgen die Standkosten für die Händler stark erhöht. Verschiedene Faktoren trieben die Standgebühren in die Höhe. Das Standgeld berechnet sich nun auf Basis der Standfläche in Quadratmetern anstatt pro laufendem Meter. Außerdem werden die Stromkosten nicht länger zwischen den Stadtwerken und den Händlern abgerechnet, sondern pauschal über die Marktgilde – auf Wunsch der Stadtwerke, so die Marktgilde. Von mindestens doppelt so hohen Standkosten war die Rede, die Stromkosten sollen sich teils verfünffacht haben.
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Die hohen Kosten auf Bochums Wochenmärkten lösten Kritik bei den Händlern aus, viele waren enttäuscht. Die Folge: Einige wussten nicht, wie lange sie noch bleiben könnten und kündigten an, auf günstigere Wochenmärkte in der Nachbarschaft abzuwandern. Besonders begehrt: Der Markt in Gelsenkirchen-Ückendorf, 500 Meter von Günnigfeld entfernt.
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Der Deutschen Marktgilde ist laut Aussage von Vorstandsmitglied Ingo Johnson jedoch nicht bekannt, dass sich Händler vom Wattenscheider Markt komplett zurückgezogen haben. Ganz im Gegenteil: Es seien neue Anfragen von Händlerinnen und Händlern eingetroffen, sagt er.
Die Deutsche Marktgilde versucht, Kosten zu senken
Anfang Februar hat dann ein Gespräch zwischen der Marktgilde und zehn Bochumer Marktsprechern stattgefunden, das nun regelmäßig wiederholt werden soll. Dort haben alle Parteien ihre Anliegen dargestellt. „Ziel ist es, schnellstmöglich Einsparungspotential zu erkennen und umzusetzen“, so Pressesprecherin Kerstin Schüler gegenüber der WAZ. Die Kostenersparnis solle dann an die Händler weitergegeben werden. Das brauche jedoch Zeit.
Ein Hauptfaktor der hohen Kosten seien die hohen Reinigungskosten für die Plätze, die sich pro Jahr auf 250.000 Euro belaufen. Da die Verträge zwischen Stadt und dem Umweltservice Bochum (USB) noch bis Ende 2024 bestehen, könne die Marktgilde nichts dafür. Die Gebühren seien unverhältnismäßig, „da die Wochenmarktplätze oftmals sauberer hinterlassen werden, als sie bei Wochenmarktstart anzutreffen sind“, erklärt Vorstandsmitglied Ingo Johnson.
Daher sind die Reinigungskosten Teil einer Strategie, um die Kosten für die Händler zu reduzieren: „Vielleicht ist die Reinigung nicht täglich nötig, sondern nur einmal pro Woche“, sagt Johnson. „Alle haben Hoffnung, dass sich bei dem Kostenpunkt Reinigung etwas tut. Da gilt es, Geduld zu haben.“
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Um die Kosten zu senken, lenkte die Marktgilde schon jetzt ein: Für die großen Marktstände ab 60 Quadratmetern gab es eine kurzfristige Standgeldsenkung um 20 Prozent, so Sebastian Stahl, ein weiteres Vorstandsmitglied der Marktgilde. Auch bei den Strompauschalen versuche die Marktgilde die Kosten zu senken, was am Wochenmarkt am Dr.-Ruer-Platz bereits gelungen sei.
Die Marktgilde betont außerdem, dass eine Preiserhöhung unabhängig von dem Marktbetreiber ohnehin gekommen sei. Bochum Marketing hatte im letzten Jahr bereits eine Kostenerhöhung von 20 Prozent angekündigt.
Händler sind zuversichtlich, dennoch bleibt die Angst
Michael Schulz, Obst- und Gemüsehändler und Sprecher der Markthändler, sagt, er sehe mittlerweile eine Entwicklung: „Wir sind zuversichtlich, aber es geht alles langsamer, als wir uns das wünschen.“ Trotz der Zuversicht bleibe die Angst der Händlerinnen und Händler, dass die Preise zum Ende des Jahres wieder angehoben werden. Gleichzeitig hoffen sie weiterhin auf eine Senkung der Gebühren.
Auch der Imker Günter Schulz hatte überlegt, aufgrund der hohen Gebühren einen Schlussstrich zu ziehen: „Bei den Preisen brauch‘ ich mich nicht mehr auf den Markt stellen“, machte er deutlich. Nun wolle er jedoch warten, wie sich die Preisfrage entwickelt. Er selbst habe einen Preisnachlass bekommen, aber die Kritikpunkte bleiben: „Die hoffen, dass wir uns damit zufriedengeben.“ Daher geht er auf Nummer sicher und verkauft inzwischen ebenfalls in Ückendorf. Die Gebühren seien dort geringer und die Betreuung besser.
Da er in Günnigfeld viele Stammkunden habe, wolle er dieses Jahr dort stehen bleiben, sagt „Honig-Günter“. Sollte sich nichts verändern, werde er nur noch in Gelsenkirchen verkaufen. Einen großen Verdienst habe er durch den Verkauf seines Honigs ohnehin nicht erzielt, es sei ein Hobby – anders als bei anderen Händlern, die auf den Verdienst angewiesen seien.
Die WAZ-Gespräche mit den Parteien verdeutlichten: Alle haben Interesse daran, die Wochenmärkte in Bochum zu erhalten. Abzuwarten bleibt, wie das finanziell umgesetzt werden kann.