Bochum-Wattenscheid. Viele Bochumer Händler bangen um ihre Wirtschaftlichkeit, Kunden sind unzufrieden. Das sagen Beschicker, die Veranstalterin und die Stadt Bochum.
Es sind Kunden, denen die Marktflucht auf dem Wattenscheider Wochenmarkt zuerst auffällt. Zwar können sie nicht ganz einschätzen, wer langfristig fehlt – schließlich sind einige im Urlaub und außerdem lässt das Wetter die Beschicker an manchen Tagen im Stich. Dennoch merken sie: Hier fehlen Stände.
Im Gespräch mit den verbliebenen Markthändlern bestätigt sich ihr Eindruck – und der Unmut wächst. „Die wollen alles aufhübschen und wiederbeleben, aber in Wirklichkeit machen sie alles kaputt“, schimpft eine Besucherin, die anonym bleiben möchte, über die Deutsche Marktgilde.
„Unnötige, zusätzliche Kosten“
Die „Marktgilde“, der Name ist dieser Tage auf dem Alten Markt in aller Munde. Es handelt sich um die neue Veranstalterin der Bochumer Wochenmärkte, die seit 2024 die Bochum Marketing GmbH ablöst. Seither hat sich einiges geändert: Das Standgeld berechnet sich nun auf Quadratmeter anstatt auf den laufenden Meter, die Stromkosten werden nicht länger zwischen den Stadtwerken und den Händlern abgerechnet.
Letzteres geschieht laut Kerstin Schüler, Pressesprecherin der Deutschen Marktgilde, auf Wunsch der Stadtwerke. Die Übernahme der Abrechnung durch die Marktgilde habe „zu Beginn zur Folge, dass für deutlich über 200 Stromzähler Grundgebühren anfallen“, so Schüler.
Dies sei „sehr ungewöhnlich“ und führe zu „unnötigen, zusätzlichen Kosten“. Konkret sehen diese für Markthändler Maurizio Montemezzani wie folgt aus: Statt 180 zahlt er plötzlich 440 Euro monatlich für Strom auf den Märkten, die er in Bochum beschickt.
Mehr Kosten, weniger Service
Ohnehin trifft es ihn besonders hart. Im Gegensatz zu den meisten anderen Händlern verkauft er nur auf Wochenmärkten in Bochum – und zahlt überall drauf.
„Der Markt als Begegnungsstätte für Jung und Alt wird kaputt gemacht“, sagt Martina Kranemann, die Montemezzani freitags in Wattenscheid als „Käsefrau“ unterstützt. „Man zahlt mehr, hat aber weniger Service“, fügt sie hinzu.
So müssen die Händler seit Januar beispielsweise die Matten, die die Stromkabel abdecken, selbst organisieren. Die Deutsche Marktgilde bestätigt das, sie handhabe es auf all ihren Wochenmärkten so. An diesem Freitag (26.) liegen ein paar Stromkabel unbedeckt in der Mitte des Marktplatzes.
Stadt Bochum wünscht sich einen attraktiven Wochenmarkt
Kranemann fühlt sich von der Stadt Bochum im Stich gelassen. „Ein bisschen Rückhalt von der Stadt wäre schön“, meint sie. Diese beruft sich darauf, dass die Veranstalterin allein für die Durchführung der Märkte verantwortlich sei.
„Dennoch werden die Sorgen der Händler wahr und ernst genommen und mit der Marktbetreiberin diskutiert“, so Pressesprecher Peter van Dyk gegenüber der WAZ. Schließlich wünsche sich die Stadt Bochum einen „attraktiven und lebendigen Markt“.
Wattenscheids Markthändler tragen die Kosten selbst
Dieser Wunsch scheint mit den gestiegenen Kosten in weitere Ferne zu rücken. Zwar ist der Markt bei schönem Wetter weiterhin gut besucht. Das mag aber daran liegen, dass keiner der Markthändler die Lebensmittelpreise an die gestiegenen Kosten anpasst.
„Die Kosten tragen wir selbst“, sagt Monika Contreras, Angestellte bei „Tee-Kräuter-Gewürze Hebel“. „Wir können es nicht auf die Kunden umlegen“, meint sie. Diese Antwort hört man immer wieder: Schlügen die Händler die Kosten auf die Ware drauf, würde nichts mehr gekauft.
Bochumer Markthändlerin verkleinert ihren Stand in Wattenscheid
Sabine Otto, Inhaberin des Bekleidungsgeschäfts auf dem Wattenscheider Wochenmarkt, teilt diese Ansicht. „Wir können nicht erhöhen. Nicht in dieser Lage, wo sowieso einiges teurer wird“, sagt sie. Sie muss wegen der Länge und Breite ihres Stands besonders hohe Mehrkosten zahlen. „Ich habe ihn extra kleiner gemacht“, so Otto.
Die Preise seien trotzdem höher als vorher. Sie wolle nun die kalte Jahreszeit und die Umsätze der Monate März und April abwarten. „Wenn alle Stricke reißen, komme ich nur noch einmal die Woche.“
Deutsche Marktgilde möchte Einsparungsmöglichkeiten in Bochum überprüfen
Die Deutsche Marktgilde sei von einigen Kostenpunkten nach Übernahme der Organisation des Wochenmarkts selbst überrascht worden. So beispielsweise von den erhöhten Kosten bei der Abrechnung des Stroms oder von der „unvollständigen Strominfrastruktur“, die wiederum zu Mietkosten führe.
Auch die Reinigungskosten seien in Bochum so hoch, dass die Deutsche Marktgilde sie anteilig auf die Beschicker umlegen musste. Sie ist dabei laut Schüler um eine faire Verteilung bemüht. Der Reinigungsvertrag mit der USB Bochum GmbH bestehe noch bis Ende 2024.
Die Deutsche Marktgilde plane jedoch, „schnellstmöglich Einsparungspotential zu erkennen und umzusetzen“, so Schüler. Sollte es tatsächlich zu Einsparungen kommen, werden diese laut der Pressesprecherin auch an die Beschicker weitergegeben.