Bochum. Es ist offiziell: Cannabis Clubs dürfen bald Gras anbauen. Ist das so einfach? Warum ein Wattenscheider Club daran zweifelt und was er plant.
Gras wird in Deutschland legal. Zumindest teilweise. Das hat der Bundestag am 23. Februar beschlossen. Damit ist auch der Weg geebnet für die Cannabis Clubs (CC), die für die kontrollierte Abgabe von Cannabis verantwortlich sein sollen und ein maßgeblicher Pfeiler des Konzepts sind. In den vergangenen zwei Jahren haben zahlreiche Menschen darauf hingearbeitet. In ganz Deutschland sind Cannabis Clubs entstanden – auch in Bochum. Einer steht in Wattenscheid – ein Novum.
Den Beschluss des Bundestags, der Teil-Legalisierung zuzustimmen, habe die fünf Hauptinitiatoren des Cannabis Clubs Wattenscheid enorm erleichtert. Dennoch bleiben Bedenken. „Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben“, merkt Devran, Pressesprecher des Clubs, an. Sie befürchten eine Teil-Legalisierung mit Riegeln und schwammigen Formulierungen, die im letzten Moment kippen könnten.
Mehr zum Thema Cannabis-Legalisierung in Bochum
- Wo Kiffen in Bochum erlaubt wäre – und wo weiterhin nicht
- Bochum als Cannabis-Modellstadt? Das sagt die Krisenhilfe
- Bochum: Wie die Krisenhilfe zum legalen Cannabiskonsum steht
- Cannabis: Was ab April erlaubt sein soll – und was nicht
- Cannabis-Gesetz beschlossen: Warum einen Club gründen?
Cannabis-Gesetz: Was bedeutet das für die Cannabis Clubs?
Ab dem ersten April gilt das Gesetz zur Cannabis-Legalisierung, die Regelungen für den „gemeinschaftlichen Eigenanbau“ in Cannabis-Clubs als „nichtgewerbliche Anbauvereinigung“ ab dem ersten Juli. Unter bestimmten Umständen soll Cannabis dann legal sein: Das Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis (CanG) regelt den Konsum und Anbau.
Viele neue Regelungen
Der getroffene Beschluss ermöglicht den privaten Cannabis-Konsum ab dem 1. April. Der Erlass soll unter anderem dabei helfen, den Drogenkonsum von Jugendlichen und Kindern zu verringern und gleichzeitig den Schwarzmarkthandel einzudämmen.
Erwachsene können dann bis zu 25 Gramm Cannabis an einem Tag legal konsumieren bzw. in der Öffentlichkeit mit sich führen. Der Höchstsatz wurde im Vergleich zu den zuvor festgelegten 30 Gramm nochmals leicht herabgesenkt. Die monatliche Höchstgrenze liegt für Personen über 21 Jahren bei 50 Gramm. Junge Erwachsene bis 21 Jahren dürfen maximal 30 Gramm konsumieren.
Ebenfalls ab April erlaubt: der Anbau von Cannabissamen. Dann dürfen private Wohnungsbesitzer in Deutschland bis zu drei Pflanzen anbauen. Personen dürfen im Freien kein Cannabis in unmittelbarer Nähe zu Schulen und Kitas konsumieren – hier wurde der Mindestabstand kurzfristig nochmals von 200 auf 100 Meter verkürzt. Der zulässige Grenzwert des THC-Gehalts im Blut bei Verkehrskontrollen soll möglicherweise noch erhöht werden.
Cannabis Clubs sollen dann gemeinschaftlich Gras anbauen und in begrenzten Mengen für den Eigenkonsum an ihre Mitglieder weitergeben dürfen. Das sind die Regeln:
- Die Cannabis Clubs dürfen maximal 500 Mitglieder ab 18 Jahren haben.
- Die Abgabegrenze liegt bei 50 Gramm pro Monat und 25 Gramm pro Tag (für 18- und 21-Jährige 30 Gramm).
- In den Räumen selbst darf nicht konsumiert werden, auch Alkoholausschank ist verboten.
- Sie sind nicht gewinnorientiert, es gilt das Werbeverbot.
- Die Mitgliedschaft ist auf einen Club beschränkt.
Zunächst wird im Cannabis Club Wattenscheid nicht angebaut
„Die derzeitige Gesetzesvorlage zur Teil-Legalisierung von Cannabis ist ein wichtiger Schritt, aber es gibt noch viele offene Fragen und Unsicherheiten“, merkt der Pressesprecher des Cannabis Clubs Wattenscheid an. Erst einmal werde dort daher kein Gras angebaut. „Wir möchten abwarten, bis sich die rechtliche Situation geklärt hat und wir eine genauere Vorstellung davon haben, welche gesetzlichen Vorschriften für den Anbau gelten werden.“
Ganzheitliches Programm aus Veranstaltungen und Beratungsangeboten
Trotz der Unklarheiten arbeitet der Club schon jetzt an einem ganzheitlichen Programm. „Wir haben es uns zum Ziel gesetzt, eine Gemeinschaft von Gleichgesinnten zu schaffen, die sich für eine verantwortungsbewusste und transparente Cannabis-Kultur einsetzen.“ Regelmäßige Veranstaltungen, eine Online-Plattform und eine Zusammenarbeit mit lokalen Einrichtungen und Experten sollen darauf einzahlen. „Vor allem Aufklärung spielt eine große Rolle, um den Umgang mit Cannabis positiv zu verändern.“
Daher soll es Veranstaltungen geben, damit sich Interessierte und Mitglieder informieren, austauschen und diskutieren können. Und zwar mit vielseitigen Themen: medizinische Behandlungsmöglichkeiten, Wirkungen, Anbau und Hintergründe verschiedener Cannabis-Sorten, aber auch rechtliche und soziale Fragen zu der Legalisierung. Auch über Beratungsangebote zu Konsum, Sucht und eigenem Anbau denkt der Verein nach – entweder in Kooperation mit bestehenden Stellen oder eigenen Angeboten.
Bisher wird der Club aus eigener Tasche der Initiatoren finanziert: „Wir gehen volles Risiko ein. Das Haus gehört zu unserem Bestand, deswegen können wir uns das leisten“, sagt Soner Yorulmaz, einer der Hauptinitiatoren des Clubs. Daher wünschen sie sich auch eine staatliche Förderung.
Hohe Nachfrage: Nicht jeder wird angenommen
Das Interesse sei hoch, die Nachfrage ebenso, so Soner Yorulmaz. Eine hohe, zweistellige Zahl Interessierter habe sich bereits beim Verein angemeldet – und das binnen weniger Wochen. Doch nicht jeder könne angenommen werden. „Es wird ein Bewerbungsverfahren geben“, verrät Devran. Es sei wichtig, dass Menschen in den Verein kommen, die sich mit der Materie auseinandersetzen, interessiert sind und sich in den Verein einbringen wollen.
+++ Folgen Sie der WAZ-Lokalredaktion Bochum auf Instagram! +++
Auch die Rückmeldungen aus der Nachbarschaft seien bislang überwiegend positiv. Natürlich gebe es auch Bedenken und Fragen: „Teilweise denken sie, sie können rein, kaufen was und gehen wieder. Die denken an Holland.“ Auch da gehe es um Aufklärung und darum, die Fragen ernst zu nehmen.
„Das ist alles ein Prozess“, hält der Pressesprecher des Cannabis Clubs in Wattenscheid zum Ende fest. Die Cannabis-Legalisierung sei ein Novum. Die Menschen müssen sich erst daran gewöhnen. Potenzial liege auch darin, die gesellschaftliche Debatte über das Thema voranzutreiben und Stigmatisierungen abzubauen: „Hanf kann für viele Sachen verwendet werden, nicht nur als Genussmittel, sondern auch als Medizin, für Kleidung und als Baustoff.“