Bochum. Die Bochumer Drogenberatung Krisenhilfe will verstärkt das Umfeld der Abhängigen in den Fokus nehmen. Dabei gibt es Sorgen wegen der Finanzen.
Die Bochumer Krisenhilfe, die seit nunmehr 47 Jahren für die Jugend- und Drogenberatung in dieser Stadt verantwortlich ist, stellt sich neu auf. Notwendig ist dies auch deshalb, weil die langjährige fachliche Leiterin, Silvia Wilske (65), zum Jahresende in den Ruhestand geht. „Es ist Zeit, dass die Arbeit in jüngere Hände gelegt wird. Ich bin dankbar dafür, die Krisenhilfe ein ganzes Stück begleitet zu haben.“
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Das ist stark untertrieben. Immerhin 33 Jahre, davon viele Jahre als Führungskraft, arbeitete die gelernte Sozialarbeiterin Silvia Wilske bei der Krisenhilfe. Auf ihr Engagement ist unter anderem die – damals nicht unumstrittene – Gründung der Methadonambulanz 1993 zurückzuführen. „Wir waren damals eine der ersten Einrichtungen deutschlandweit“, erinnert sich Wilske. Seit vielen Jahren gehört die Abgabe des Ersatzstoffes Methadon für schwer Drogenabhängige zur Standardtherapie.
Gegen starke Widerstände durchgesetzt
Noch heftiger baute sich eine Widerstandsfront gegen die Einrichtung des sogenannten „Drogenkonsumraums“ im Jahr 2002 auf. Silvia Wilske hatte dies mit der Krisenhilfe schon lange gefordert und setzte sich dafür nachdrücklich ein. Stark abhängige Menschen können seitdem unter medizinischer Beobachtung dort Drogen konsumieren.
Nachweislich sank dadurch die Zahl der Drogentoten und schweren Fälle von Überdosierungen. Wie schwer der Anfang war, zeigte die damals erstmalige Drogenrazzia der Bochumer Polizei am 18. Dezember 2002 bei der Krisenhilfe.
Seit 1. April 2021 hat die Sozialarbeiterin und Betriebswirtin Claudia Felderhoff (55) die Geschäftsführung der Krisenhilfe inne. „Wir müssen uns neu organisieren, auch um auf veränderte finanzielle Rahmenbedingungen zu reagieren. So sei etwa das Spendenaufkommen für den Verein zurzeit so niedrig wie nie. Claudi Ferlderhoff dankt Silvia Wilske ihren „unermüdlichen Einsatz“.
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Immer noch viele Vorurteile gegenüber Drogenabhängigen
Jan Weweler wird künftig in eine Leitungsposition aufsteigen. Der 33-Jährige betont: „Sucht ist eine Familienkrankheit. Wir müssen künftig auch mehr die Kinder in den Fokus nehmen.“ Das Leitungsteam der Krisenhilfe will künftig mehr noch als bisher die Ursachen für die Drogenabhängigkeit und das soziale Umfeld der Betroffenen in den Fokus nehmen. „Immer noch gibt es in der Bevölkerung Vorurteile, nach dem Motto: Die sind doch selbst schuld“, sagt Wilske. Dabei handele es sich um eine Krankheit, deren Ursachen vielfältig seien und oftmals nicht gesehen würden.
Silvia Wilske hat drei erwachsene Kinder und sechs Enkelkinder, für die sie nun mehr Zeit hat. Es gebe schon viele „Aufträge“ zum Nähen und Stricken für die Enkel. Aber sie räumt auch offen ein: „Ich glaube, das Nichtstun muss ich erst noch lernen.“