Wuppertal/Velbert. . Im Prozess gegen den früheren Steuerberater Jürgen L. sind die letzten Fragen geklärt. Der Staatsanwalt soll am 6. Juni plädieren und in der Woche darauf das Urteil fallen. Für die Verzögerung vor Gericht erhält L. einen Strafrabatt. Der Ex-Schatzmeister des DRK-Ortsvereins Velbert soll über eine halbe Mio Euro veruntreut haben.

Es ist offensichtlich alles gesagt. Der siebte Verhandlungstag gegen Jürgen L. am Donnerstag war der kürzeste im Laufe des Prozesses vor dem Landgericht Wuppertal. Der frühere Steuerberater und Ex-Schatzmeister des DRK-Ortsvereins Velbert musste der zweiten großen Wirtschaftsstrafkammer nur noch einige Sachverhalte genauer darlegen, da war die Sitzung schon vorbei. Mit dem Ergebnis: Der Katalog mit Anklagepunkten ist weiter ausgedünnt, zudem wurde geklärt, wie es zu der rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung gekommen ist. Die Plädoyers werden am 6. Juni gehalten, das Urteil in der darauffolgenden Woche gesprochen.

So ist es gut möglich, dass der nächste Sitzungstermin am kommenden Montag ausfällt. Die Beweisaufnahme sieht nämlich nur noch ein weiteres Selbstleseverfahren vor; die Kammer wie auch Staatsanwalt und Verteidiger samt Angeklagtem müssen noch einmal mehrere Dokumente und Urkunden anschauen und zur Kenntnis nehmen. Ansonsten sind eigentlich keine Fragen mehr offen. Somit wird der Vorsitzende Richter wohl abschließend nur noch ein paar rechtliche Hinweise geben, die die mögliche Zusammenlegung von Strafen betrifft. Dies alles könne dann auch am Donnerstag, 6. Juni, erfolgen – wenn der Staatsanwalt sein Plädoyer hält.

Strafmilderung wegen Verzögerungen im Prozess

Was gestern noch zu erledigen war: Die Kammer hat die rechtsstaatswidrige Verzögerung auf einen genauen Zeitraum begrenzt. L. bekommt deswegen Strafmilderung beim Urteil, weil jeder Angeklagte das Recht auf einen zügigen Prozess hat. Nach Aktenlage hätte es schon im April 2008 zur Anklage kommen können. Mit Verhören und Polizeiberichten ist es aber erst Ende März 2010 endgültig dazu gekommen.

Ende August 2010 hat L. durch seine Anwälte verlauten lassen, dass er keine Stellungnahme beabsichtige. Seitdem ist die Anklage liegen geblieben, „weil die keine Luft dafür hatten“, erklärte der Vorsitzende Richter Norbert Müller, mehrfach hätten die Berichterstatter gewechselt, die viel Vorarbeit leisten. Erst Ende November 2012 ging es dann richtig los, für die Verzögerung von zwei Jahren und drei Monaten erhält L. einen Strafrabatt.

Zwischendurch Haftbefehl erlassen

Darüber hinaus wurden letzte Fragen geklärt. Zum Beispiel, ob und wie L. Darlehen der Winterscheidt-Stiftung zurückgezahlt habe – nämlich nur durch Pfändung, mitnichten allerdings aus freien Stücken. Oder wohin genau das Geld für die zwangsversteigerten Eigentumswohnungen geflossen ist. Die Kammer bohrte auch noch mal bezüglich der 100000-Euro-Darlehen, die L. vom Privatmann Prior bekam. Er habe das Geld für sich verbucht, erklärte L., ein Teil davon sei als Darlehen für die Firma Wetec getarnt gewesen, „für den Fall der Fälle, etwas vorzeigen zu können“, ergänzte Müller. Ebenfalls ein Thema: die eidesstattliche Versicherung. Bevor L. im Mai 2009 doch noch über seine Zahlungsunfähigkeit Auskunft gab, war nach erster Ablehnung, den früheren Offenbarungseid zu leisten, sogar Haftbefehl gegen ihn und seine Frau erlassen, dann aber wieder fallen gelassen worden.