Neviges. Einst Bergischer Hof, zuletzt Nostalgiecafé – jetzt entsteht im markanten Nevigeser Gebäude moderner Wohnraum. 30 Fotos: So sieht es drinnen aus.

Es ist eine der spannendsten Baustellen in Velbert-Neviges in den letzten Jahren. Und eine, die dem Investor und Architekten viel Geduld abverlangt. In der ehemaligen Traditions-Gaststätte „Bergischer Hof“ gegenüber der Pfarrkirche, wo mehr als 100 Jahre gefeiert wurde, das gesellschaftliche Leben in Neviges brodelte, entstehen sechs große, moderne Wohnungen. Investitionssumme für die denkmalgerechte Sanierung: 1,4 Millionen Euro.

Seit mehr als einem Jahr steht ein großer Kran vor der historischen Schieferfassade, lange schon laufen die Arbeiten im Dachgeschoss, vor drei Wochen konnte Investor Klaus Bloch endlich den Bauantrag bei der Stadt Velbert stellen. „Die Leute haben sich sicher schon gewundert und gedacht, hier passiert ja überhaupt nichts“, so der Architekt, der seit 40 Jahren mit seiner Familie in Neviges lebt und in Aachen sein Büro „IPS Interplan“ hat.

Der Denkmalschutz ist in alle Arbeiten in Velbert eingebunden

Gutgelaunt vor vielen Stars: Architekt und Investor Klaus Bloch mag seine ganz besondere Baustelle „Bergischer Hof“. Die Fotos stammen noch aus der zeit des Nostalgie-Cafés.
Gutgelaunt vor vielen Stars: Architekt und Investor Klaus Bloch mag seine ganz besondere Baustelle „Bergischer Hof“. Die Fotos stammen noch aus der zeit des Nostalgie-Cafés. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Wer in der Kaiserstadt Bau-Ingenieur und Architekt ist, dort unter anderem in einer Burg Wohnraum geschaffen hat, für den sind Verhandlungen und Diskussionen mit dem Denkmalschutz Alltag. „Die Untere Denkmalbehörde und das LVR-Amt für Denkmalpflege sind in alle Arbeiten eingebunden, das dauert eben“, sagt Klaus Bloch mit einer gewissen Gleichmut und öffnet die schwere Eichentür des Hauses, das Ende des 17. Jahrhunderts erbaut wurde. Ob der goldene Schriftzug „Bergischer Hof“ auch in Zukunft hier prangt, darüber werde man mit dem Denkmalschutz noch reden. Klar ist: Die Fassade bleibt im Originalzustand, inklusive der Fenster hin zur Elberfelder Straße.

Der Komplex an der Bernsaustraße ist seit 2021 vermietet

Blick vom „Bergischen Hof“ in den Hinterhof: Hier die Rückseite des ersten Objektes, das der Investor an der Bernsaustraße baute.
Blick vom „Bergischen Hof“ in den Hinterhof: Hier die Rückseite des ersten Objektes, das der Investor an der Bernsaustraße baute. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Drinnen fällt der Blick als erstes auf die recht schmale und steile Treppe, die ebenfalls in dieser Form erhalten bleiben muss. Die sechs Mietwohnungen in einer Größe von 110 bis 140 Quadratmetern werden sich auf drei Etagen verteilen, pro Etage zwei Wohnungen, der Gesamtkomplex umfasst auch den ehemaligen Antiquitätenladen an der Ecke. Jede Wohnung bekommt nach hinten hin Balkone zum Innenhof – mit Blick auf das erste Objekt des Investors in diesem Quartier: Ende 2021 wurden jene zwölf Wohnungen bezogen, die Klaus Bloch auf dem Gelände des ehemaligen Garagenhofes und der früheren Veranstaltungsräume des „Nostalgie-Cafés“ errichten ließ. Während jener Neubau absolut barrierefrei und seniorengerecht ist, wird es im „Bergischen Hof“ keinen Aufzug geben, so der Investor.

Die obere Etage war lange unbewohnt

Die steile, schmale Treppe muss im Originalzustand erhalten bleiben.
Die steile, schmale Treppe muss im Originalzustand erhalten bleiben. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Doch ins Erdgeschoss führen auch nur wenige Stufen, eben jene, über die man auch in das ehemalige „Nostalgie-Café“ kam, das Anfang 2020 hier auszog. Noch immer prangen an der Wand unzählige Fotos von Kino- und Musik-Stars, ein Stück Kulturgeschichte als bunte Tapete. „Heute für Sie: Zwiebelschnitzel mit Pommes, dazu ein kleiner Salat“, steht noch auf einer Schiefertafel. Genug zu tun gibt es auch hier unten, keine Frage, aber alles kein Vergleich zu ersten Etage. Bis auf die frühere Wohnung des ehemaligen Nostalgie-Café-Betreibers war das obere Stockwerk mindestens 20 Jahre unbewohnt – ganz zu schweigen vom Dachgeschoss.

Das Haus wird komplett entkernt

Hier ist noch viel zu tun: Im Dachgeschoss haben die Wohnungen zusätzlich eine Galerie.
Hier ist noch viel zu tun: Im Dachgeschoss haben die Wohnungen zusätzlich eine Galerie. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

„Die Grundsubstanz ist eher schlecht“, sagt Klaus Bloch, der sich keine Illusionen über noch anstehende Arbeiten macht. Spannend im ersten Stock ist der Fußboden: Zwischen Brettern lugt Stroh hervor, auch Lehm – eben Jahrhunderte alte Materialien. Völlig anders das Bild im Nebenraum: Hier ist alles weiß gefliest. „Das Gebäude wird bis auf das Fachwerk entkernt, alle Decken kommen raus, so dass auch die alten Balken zu sehen sind“, kündigt der Architekt an.

In Absprache mit dem LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland ist im Dachstuhl eine Kernprobe des Holzes geplant, hier wird der Raum bis auf den letzten Zentimeter ausgenutzt: Diese beiden Wohnungen bekommen auch eine Galerie.

Der Quadratmeter soll weniger als zehn Euro kosten

Der „Bergische Hof“ ist, so heruntergekommen das Innenleben sein mag, von außen eine Perle – auch wegen der historischen Fenster: Sie bleiben zur Elberfelder Straße hin erhalten, werden nur sachgerecht aufgearbeitet und von innen mit Wärmeschutz versehen. An den Seiten und zum Hof hin sind neue Fenster geplant, alles nach Absprache mit dem Denkmalschutz. „Da kann man natürlich nicht einfach irgendetwas nehmen“, sagt Klaus Bloch, den gerade diese Herausforderung bei der Sanierung historischer Bauten besonders reizt. Während er ganz am Anfang noch vorhatte, einen Teil als Gewerbe zu vermieten, werde es jetzt im „Bergischen Hof“ ausschließlich Wohnraum geben: „Den Quadratmeter unter zehn Euro.“

Investor übt sich in Geduld

Und so sehen die nächsten Schritte aus: „Mit der Entkernung starten wir Ende 2023, Anfang 2024. Und mit den baugenehmigungspflichtigen Arbeiten nach Erteilung der Baugenehmigung, spätestens im Februar oder März“, sagt Klaus Bloch, der es gewohnt ist, sich bei Sanierungen dieser Art in Geduld zu üben. „Man braucht Erfahrung und einen langen Atem. Und man braucht ein Gefühl dafür, dass die Kosten nicht ausufern.“ Voraussichtlich 2025 soll alles bezugsfertig sein, „ob Mitte oder Ende 2025 wird man sehen“.

Bereits 2014 hatte Klaus Bloch den Gesamtkomplex erworben, also das Grundstück an der Bernsaustraße mit den ehemaligen Garagen und das frühere Traditions-Gasthaus. „Hier in Neviges steckt viel Potenzial, und die Lage hier in der Innenstadt ist einfach optimal“, sagt der 65-Jährige, der einst in Neviges der Liebe wegen Wurzeln geschlagen hat: Ehefrau Romy ist überzeugte Nevigeserin – und dem „Bergischen Hof“ in besonderer Weise verbunden: „Der Vater meiner Schwiegermutter hat damals, vor etwa 60 Jahren, die Gaststätte geführt“, so der Architekt lächelnd. Der Umbau, er muss einfach richtig gut werden.

Weitere Fotos auf www.waz.de/velbert

>>> Ursprünglich Klosterschule

Im „Bergischen Hof“ war ursprünglich die Klosterschule untergebracht.

Investor Klaus Bloch hat bereits vor Jahren das Haus Elberfelder Straße 28 in der Fußgängerzone saniert, im Erdgeschoss ist ein Kosmetikstudio.