Neviges. Schon Ende des Monats ist Schluss in Helmut Wulfhorsts Reisebüro in Neviges. Was er jetzt vorhat und wie es mit dem Uhrenservice weitergeht.

Ob vierwöchige USA-Rundreise oder verlängertes Wochenende auf Helgoland – „Das Ziel ist egal, für mich ging es immer nur um die Zufriedenheit der Kunden. Dafür hab ich mir immer viel Zeit genommen.“ 13 Jahre lang bot Helmut Wulfhorst im Herzen von Velbert-Neviges maßgeschneiderte Reisen, machte dabei oft möglich, was kein Internet-Anbieter geschafft hätte.

Am Donnerstag, 30. November, gehen in seinem kleinen, gemütlichen „Nevigeser Reisedienst“ in der Straße Im Orth die Lichter aus. „Ich bin 67, jetzt ist es langsam auch gut. Das hier, das war nie etwas, womit man sich dumm und dämlich verdient hat. Aber es hat mir immer Spaß gemacht“, sagt Wulfhorst, der ohne Zorn auf 13 gute Jahre zurück blickt.

Reisebranche und Reisebüros haben in der Pandemie gelitten

Natürlich habe seine Branche durch die Pandemie besonders gelitten – „schön war das nicht“ – aber jammern mag Wulfhorst nicht. „Ich hab viel erlebt, es war oft spannend.“ Mit breitem Lächeln erinnert er sich an einige „besondere Herausforderungen“, wie er es trocken nennt. An kuriose Kundschaft, die am Ende der Tour so glücklich war, dass sie ihn im Bekanntenkreis weiterempfahl. Wie etwa jener Großvater, der sich einen kühnen Plan in den Kopf gesetzt hatte: Mit dem Enkel, der etwa fünf oder sechs Jahre alt gewesen sei, im Wohnmobil durch Kalifornien zu juckeln“. Nur: Opa sprach kein Wort englisch, besaß auch keine Kreditkarte. „Beides ist eigentlich unbedingte Voraussetzung für einen USA-Trip“, so Wulfhorst.

Reisebüro in Velbert hat viel Stammkundschaft

Hier gehen am 30. November die Lichter aus: In seinem kleinen, gemütlichen Reisebüro im Orth 8 bot Helmut Wulfhorst auch seinen Uhrenservice an.
Hier gehen am 30. November die Lichter aus: In seinem kleinen, gemütlichen Reisebüro im Orth 8 bot Helmut Wulfhorst auch seinen Uhrenservice an. © Funke Foto Service | Uwe Möller

Was tun? „Ich hatte einen ganzen Stapel Karteikarten vorbereitet, zweisprachig. Vorne deutsch, hinten englisch, die konnte er dann vorzeigen.“ Denn mit der englischen Aussprache habe es auch, gelinde gesagt, gehapert. „Die Karten hatte ich ihm dann für alle möglichen Situationen mitgegeben, für den Zoll, fürs Tanken, Campingplatz, Restaurant, medizinische Notfälle und so weiter.“

Für Notfälle gibt’s immer eine Handy-Nummer

Und er habe dem unternehmungslustigen Großvater schärfstens eingebläut, was er tunlichst unterlassen sollte: „Etwa mit dem Wohnmobil nach San Francisco-Downtown reinzufahren.“ Durch eine ziemlich festgelegte Reiseroute „hab’ ich ihn von vornherein aus einigen Sachen herausgehalten“, erzählt Wulfhorst weiter. „Und er hatte natürlich meine Handy-Nummer, das mache ich bei allen Kunden für den Notfall.“ Doch das Handy blieb stumm, nach vier Wochen kehrten Großvater und Enkel wohlbehalten zurück. Finanziert worden sei der unvergessliche Abenteuer-Trip mit einem dicken Packen Bargeld.

Der heiße Draht zur Semper-Oper

Mit Vergnügen denkt der Noch-Inhaber des „Nevigeser Reisedienst“ auch daran, auf welche Art und Weise er einer 80-Jährigen einen Herzenswunsch erfüllt hat: „Die Dame wollte zu einer Aufführung in die Dresdner Semper-Oper. Aber nicht auf irgendeinen Rang, sondern in den VIP-Bereich.“ Die Mitarbeiterin in Dresden habe ihm am Telefon sofort klar gemacht: Keine Chance, es gebe eine lange Warteliste. Damit war Wulfhorsts Ehrgeiz geweckt. „Über Monate lang habe ich zweimal wöchentlich in Dresden angerufen, hab der auf den Schlappen gestanden“, sagt der 67-Jährige und muss selbst lachen. „Irgendwann hat die Dame dann entnervt gesagt: Sie sind zwar noch nicht dran, aber in Gottes Namen: Ich gebe Ihnen zwei Karten.“

Manchmal waren Nachtschichten nötig

Für besonders heikle Fälle lege er auch schon mal eine Nachtschicht ein: „Letztens wollte eine Familie drei Karten für das begehrte Coachella Music Festival in Arizona, da hab ich wegen der Zeitumstellung nachts um ein Uhr mit zwei Kreditkarten an zwei Rechnern gesessen. Gegen 3 Uhr machte es dann ,plink’ und ich hatte die Tickets.“ Das ganze eingebunden in eine Rundreise von Texas nach Arizona.

Der Uhrenservice bleibt bestehen

Das ist ein Service, den seine Stammkunden sicherlich vermissen werden. Kleiner Trost: Ganz aus der Welt ist Helmut Wulfhorst auch in Zukunft nicht. Bis zu den Neuwahlen bleibt er weiterhin zweiter Vorsitzender der Werbegemeinschaft Neviges, kümmert sich unter anderem um die Weihnachtsbeleuchtung. Nicht zu vergessen sein Vorsitz im Verein „50 Nevigeser“.

Seinen Uhrenservice, das Wechseln von Batterien und Armbändern, will er weiterhin anbieten. Bis er dafür einen neuen Standort in Neviges gefunden hat, könne man ihn gern anrufen. „Da finden wird dann schon einen Dreh. Notfalls, wenn es gar nicht anders geht, komm ich auch ohne Aufpreis ins Haus. Gerade älteren Leuten muss man doch helfen.“ Einfach ein Nevigeser mit Herz.

>>>Kontakt für Uhrenservice und mehr

Auch den Vorverkauf für die Trödelmärkte in Neviges und Langenberg wird Helmut Wulfhorst weiter organisieren.

Wer seinen Uhrenservice in Anspruch nehmen will: Die Telefonnummer lautet 02053 5011085.