Neviges. 75 Jahre WAZ: Zum Jubiläum warfen Leserinnen und Leser einen Blick hinter die Mauern des Klosters in Velbert. Warum die Führung alle begeisterte.

Zum 75-jährigen Jubiläum öffnet die WAZ Türen. Ermöglicht Einblicke, die man sonst nicht bekommt: Einen Blick hinter die Mauern des Klosters in Velbert-Neviges zu werfen, zu sehen, wie Priester leben – das hatte mehr als 130 WAZ-Leserinnen und Leser interessiert. Per Auslosung hatten 18 das große Glück, eine Führung zu erleben, die alle begeisterte. Das lag vor allem an der mitreißenden Art des Abbé Pauljo, der ebenso unterhaltsam wie wissensreich durch sein Zuhause führte. Der 29-jährige verstärkt seit über einem Jahr das vierköpfige Team der französischen Priestergemeinschaft Sankt Martin, die im Sommer 2020 die Franziskaner abgelöst hat. 350 Jahre lang hatten die Franziskanermönche zuvor den Wallfahrtsort geprägt.

Die Führung in Velbert startet mit einem geschichtlichen Exkurs

Lang sind die Flure im Kloster: Wallfahrtsleiter Abbé Thomas spart gern Zeit und steigt auf seinen Tretroller.
Lang sind die Flure im Kloster: Wallfahrtsleiter Abbé Thomas spart gern Zeit und steigt auf seinen Tretroller. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Seine spannende Führung begann Abbé Pauljo in der Pfarrkirche mit einem geschichtlichen Exkurs. Obwohl Neviges zum katholischen Rheinland gehört, war es nach der Reformation stark protestantisch geprägt. Der Landesherr heiratete eine Katholikin, die ihren Glauben fördern wollte. In Dorsten hatte sich der Franziskander Antonius Schirley eine Andachtsbildchen aus einem Gebetbuch an die Wand gehangen, um es zu verehren. Er hörte eine Stimme „Bring mich nach Hardenberg“, verbunden mit dem Versprechen einer Krankenheilung. Davon erfuhr der schwerkranke Fürstbischof von Paderborn und Münster. „Ferdinand von Fürstenberg wurde tatsächlich sofort gesund – und veranlasste die Fertigstellung des Klosters.“ erzählt Abbé Pauljo mit Blick auf den Hochaltars.

Die Sakristei ist ein Prachtstück

In dem Chorgestühl kommt die Priestergemeinschaft zusammen, um gemeinsam zu beten und zu singen. Die Besucher bestaunten die Ausstattung. Das steigerte sich, als der junge Priester die Sakristei öffnete. „Ein Prachtstück, eines der ältesten Teile des Klosters.“ Hinter den alten Schränken verbergen sich blitzenden Eucharistekelche und kunstvoll gearbeiteten Messgewänder: „Feinste Handarbeiten, das ist ein Glaubenszeugnis der Leute, die es gemacht haben“, sagt Abbé Pauljo und präsentiert ein Ornat, dass er als Diakon trug. Die wertvollen Kelche und Hostienschalen verwahrt ein schwerer Tresor.

Besuchergruppe steigt hinauf auf die Orgel-Empore

Kunstvolle „Dienstkleidung“. Abbé Pauljo zeigte, was alles in den Schränken der Sakristei liegt.
Kunstvolle „Dienstkleidung“. Abbé Pauljo zeigte, was alles in den Schränken der Sakristei liegt. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Über eine Treppe gelangen die Besucher auf die Empore zur Orgel. Hinter dem barocken Prospekt sieht es eher nüchtern aus: „Frau Klose hat hier alles im Blick, den muss sie auch haben, um die Gesten des Zelebranten zu sehen“, beschreibt der Priester die wortlose Verständigung der Organistin Ursula Klose mit den Geistlichen. Treppauf und Treppab geht es ins Obergeschoß des Klosters, wo Fotos ehemaliger Franziskanerbrüder hängen. „Oh Pater Thomas, der hat mich getauft“, ruft Christiane Hammes aus. Großes Erstaunen ganz oben auf dem Dachboden – wie riesig der ist und völlig leer: Auf Anordnung des Bauamtes dürfen dort keine Sachen gelagert werden.

Alle staunen über den riesigen Dachboden

Der riesige Dachboden muss leer sein – so will es das Bauamt. Die Größe hat die Besucherinnen und Besucher beeindruckt.
Der riesige Dachboden muss leer sein – so will es das Bauamt. Die Größe hat die Besucherinnen und Besucher beeindruckt. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Schnell wieder hinunter, auf einen langen Flur, wo Wallfahrtsleiter Abbé Thomas Diaudorian die Besucher herzlich begrüßt, dann auf seinen Tret-Roller steigt, damit er schneller ins nächste Büro kommt. „Von einem Ende zum anderen sind es 58 Meter“, weiß der Wallfahrtsleiter und flitzt mit wehender Soutane davon. Neben des Büros der Priester befindet sich eine kleiner Gebetssaal auf der Etage. Das Oratorium ist unter anderem mit einem wertvollen Stuhl aus Ebenholz ausgestattet, einem Geschenk der Gattin des Kurfürsten Jan Wellem. Die WAZ-Leserinnen und Leser werfen auch einen Blick in das Gästezimmer für besondere Besucher: kleiner Vorraum mit Schreibtisch und Schrank, dahinter der Schlafraum. Ähnlich sehen auch die Zimmer der Abbé aus.

Verschiedene Gänge verbinden die Kirchen mit dem Kloster

„Als ich hier hin kam, habe ich gut einen Monat gebraucht, um alle Gänge zu behalten. Das Schöne daran ist, dass Kloster und die beiden Kirchen direkt miteinander verbunden sind“, verät Abbé Pauljo und schon stehen die Gäste vor dem Untergeschoss der 1968 geweihten Wallfahrtskirche. Nach einem kurzen Blick in den Klostergarten geht es über die Krypta zur Mariensäule mit dem Gnadenbild. Abbé Pauljo spricht über die Bedeutung der zeltartigen Architektur, die den von Professor Gottfried Böhm erbauten Mariendom weltberühmt gemacht hat. Über die Domsakristei – „Da hat mir aber die in der anderen Kirche besser gefallen“, so eine Besucherin – erreicht die Gruppe das Refektorium.

Besuchergruppe ist begeistert von Abbé Pauljo

In dem großen, dunklen und ehrwürdigen Speisesaal nahmen einst mehr als zehn Franziskaner ihre Mahlzeiten ein. „Das ist super für größere Gruppen, wir bevorzugen ein kleineres Esszimmer mit angeschlossener Küche“, gibt Abbé Pauljo einen kleinen Einblick in die Privatsphäre der Gemeinschaft. Sigrid Yardi muss nach der Führung erstmal Luft holen. „Mich hat das alles sehr beeindruckt.“ Ebenso ergriffen ist Annedore Schlit. „Den Dom kannten wir, aber nicht nicht alle diese Verbindungen.“ Ihr Mann Eberhard wollte immer schon mal wissen, was hinter den Mauern ist und dankt dem jungen Priester: „Er hat das fantastisch gemacht.“

>>>Die letzte von vier Veranstaltungen

Die exklusive Klosterführung in Velbert die letzte von vier Veranstaltungen in Velbert und Heiligenhaus zum 75-jährigen Jubiläum der WAZ.

Zuvor hatten Leserinnen und Leser in Velbert einen Blick hinter die Kulissen der Technischen Betriebe Velbert (TBV) geworfen und die Kruppschen Nachtscheinanlage besichtigt. In Heiligenhaus schauten sie hinter die Kulisse der Polizeiwache.